Öl in Wasser Konzerne der Mineralölindustrie

Ölkonzerne und Erneuerbare Energien: Soll ich lachen oder weinen?

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Auch die Mineralölindustrie und Konzerne dürften inzwischen bemerkt haben, dass die Erneuerbaren Energien auf dem Vormarsch sind – und sie wären keine wirtschaftlich denkenden Unternehmen, wenn sie nicht in irgendeiner Weise darauf reagieren würden. Und damit meine ich jetzt nicht die verzweifelten Versuche einiger Branchenverbände, Ölheizungen schönzureden, wie in der jüngst hier vorgestellten Studie.

Viele Ölkonzerne mach(t)en Ausflüge in die Erneuerbaren

Ich meine die Meldungen, die mir hin und wieder suggerieren, dass die Ölkonzerne sich inzwischen auch ernsthaft im Bereich Erneuerbare Energien engagieren und neue Geschäftsfelder aufbauen, die sie auch noch in nach-fossilen, nach-atomaren Zeiten ernähren könnten. Zum Beispiel Photovoltaik: Der niederländische Shell-Konzern hatte eine Tochterfirma für Solarmodule, die wurde aber schon 2006 von SolarWorld übernommen. Auch das britische Unternehmen BP hat sich längst wieder aus dem Vertrieb von Solarmodulen zurückgezogen.

Total hält durch bei Sonne und hat auch Pellets im Programm…

Der französische Mineralölkonzern Total hält immerhin seit 2011 die Aktienmehrheit von Sunpower, ursprünglich ein US-amerikanischer Solarhersteller. Und beim Besuch auf der Unternehmenswebseite von Total wird unter “Wärme & Energie” natürlich Öl angeboten, aber auch Pellets.

… dafür ist BP noch immer bei Windkraft aktiv

Und die Windkraft? Beide Konzerne bauten hier Geschäftsfelder auf, doch Shell trennte sich 2009 wieder von der Windkraftsparte. BP wäre 2013 ebenfalls fast ausgestiegen, entschied sich dann aber, die Windsparte zu behalten und ist bis heute dort aktiv. Nachzulesen ist das auf der Konzern-Webseite von BP, wo die Erneuerbaren Energien dem Unternehmen immerhin eine eigene Rubrik wert sind. Hier findet man auch Infos über die Aktivitäten im Bereich Biokraftstoffe – die freilich überwiegend in Brasilien produziert werden, was ja nicht ganz unumstritten ist.

Wärme? Welche Wärme?

Überhaupt Mobilität: Total engagiert sich auch für Elektro- und Wasserstoffmobilität; BP hat der Wasserstofftechnologie bereits wieder abgeschworen. Die Konzerne schnuppern also mal hierhin, mal dorthin – vielleicht, weil sie auch ein Stück vom Kuchen abhaben wollten (Stichwort Photovoltaik und Wind) – und stampfen die Geschäftsbereiche der Konzerne meist wieder ein, wenn der Hype vorbei ist. Oder sie forschen in Bereichen, die ihren Geschäftsfeldern nahe sind, zum Beispiel im Bereich Biokraftstoffe und Elektromobilität. Doch ich konnte keinen Konzern finden, der sich im Bereich Solarthermie hervortut – und das, wo Wärme doch neben Sprit ihr Kerngeschäft sein müsste.

Und was ist mit Russland und den arabischen Staaten?

Ich hätte an dieser Stelle gern was Positives über den Konzern Gazprom geschrieben, aber – Überraschung! – auch auf der Internetseite von Gazprom Germania ist Erdgas der King. Da sind sich Europa, Amerika und Russland ausnahmsweise mal einig – bzw. ihre Ölkonzerne. Der staatliche Ölkonzern Saudi Aramco hingegen investiert in Photovoltaik und Solarthermie bzw. solare Kühlung; das Königreich Saudi Arabien fördert Erneuerbare Energien. Doch angesichts der hohen Globalstrahlung in manchen Erdölförderländern könnte es weitaus mehr sein.

Ölkonzerne machen Klimapolitik – mit ihren alten Hüten

Da helfen auch so genannte Klimabündnisse wenig, wie die Oil and Gas Climate Initiative, die kurz vor der Pariser Weltklimakonferenz 2015 u.a. von Vertretern der ganz großen wie Shell, BP, Total, Aramco, Eni, Pemex oder Repsol gegründet wurde, oder die Energy Transitions Commission mit einem ähnlich illustren Mitgliederkreis. Denn ihnen ist gemeinsam, dass sie die Vorherrschaft von Fossil und Atom nicht wirklich in Frage stellen – unter dem Deckmäntelchen “CO2-Reduzierung” verkaufen sie uns jetzt Erdgas als den Energieträger der Stunde.

Sexistische Werbespots helfen auch nicht weiter

Den Vogel aber hat Shell abgeschossen: Nicht nur ergeben die zahlreichen Studien des Öl-Konzerns mit schöner Regelmäßigkeit, dass eine Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien nicht möglich und dass Gas die Lösung sei: Rechtzeitig zum Klimagipfel in Paris erschien auch noch ein Werbespot, in dem Erneuerbare Energie (Sie) und Erdgas (Er) ein Pärchen bilden – Motto: Jede Frau braucht eine starke, zuverlässige Hand und kann allein nicht bestehen, weil sie viel zu unzuverlässig ist. Da fehlen einer doch die Worte. Dieser Spot ist nicht nur plump und dumm, sondern auch noch sexistisch. Und außerdem überholt – also zieht euch mal besser warm an, ihr alten Öl-Container und Konzerne. Denn für die postfossile Ära seid ihr noch nicht wirklich vorbereitet.

Foto: Markus Gann / photocase.de