Solare Wärmenetze Wer kriegt was vom Kuchen

Experten-Interview zu Wärmenetzen mit Solarthermie „made by Ritter XL Solar“ (Teil 4)

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Wer kriegt welches Stück vom Kuchen? Das ist die Frage, wenn’s um solare Wärmenetze geht:  Im letzten Teil unserer Interview-Reihe mit Christoph Bühler beziffert der Bereichsleiter Vertrieb und Marketing für das Profitcenter der Großanlagen der Ritter Energie, was die Solarthermie-Anlage als Lieferantin von Wärme den Betreibern des  solaren Wärmenetzes bringt. Es geht also um Energieerträge und Energieersparnisse.

Christoph Buehler erklaert solares Wärmenetz
Christoph Bühler ist Experte für solare Wärmenetze bei der Ritter Energie. Foto: Christoph Bühler/Ritter Energie

Christoph Bühler, im zweiten Teil unserer Interview-Reihe über solare Wärmenetze ging es um deren Nutzen. Der wird ja häufig auch mit Hilfe des Deckungsgrades beziffert: Was ist der solare Deckungsgrad und was bringt er den von Ihnen in unseren Interviews identifizierten Zielgruppen für solare Wärmenetze?

Christoph Bühler: Der solare Deckungsgrad ergibt sich, wenn man den jährlichen Nutzwärmertrag der solarthermischen Anlage durch den gesamten jährlichen Wärmebedarf teilt. Dieser liegt bei kommunalen Wärmeerzeugungskonzepten (Solarenergiedörfern) meist zwischen 15 bis 25 Prozent.

Je höher der solare Anteil ist, desto größer ist die Unabhängigkeit von den Brennstoffpreisen der restlichen 75 bis 85 Prozent der Wärme, die ja nach wie vor mittels eines anderen Wärmeerzeugers bereitgestellt werden müssen.

Im Bereich dieser Deckungsgrade bietet die Solarthermie für sich selbst gesehen die günstigsten Wärmepreise. Natürlich kann man den solaren Anteil vergrößern, jedoch steigt dann der Wärmepreis. In Dänemark zum Beispiel werden diese Anteile meist größer gewählt, allerdings muss man hier vorsichtig sein: Zum einen sind die Netztemperaturen hier meist deutlich geringer als in Deutschland, zum anderen werden diese Anteile im Zusammenhang mit einer Wärmepumpe errechnet. Also auch die kWh Niedertemperatur (ca. 20 Grad Celsius), die dann die Wärmepumpe im Winter nutzt, um den COP der Wärmepumpe zu verbessern. Wie hier dann der solare Deckungsbeitrag errechnet wird (oftmals noch differenziert in direkt und indirekt), ist mir nicht bekannt und zu hinterfragen.

Hinsichtlich Großwärmepumpen zeigen viele Studien, dass diese im Energiesystem 2050 auch eine Rolle spielen werden. Bedacht werden muss hier aber, dass die größten Wärmelasten nun mal im Winter sind und damit der Strombedarf im Winter vergrößert wird. Woher kommt dieser Strom? Sonne und Wind treten nicht verstärkt im Winter auf. Zudem werden in Deutschland in den Netzen höhere Temperaturen benötigt, da gehen dann auch die COPs der Wärmepumpen in die Knie.

Zudem werden in Dänemark stets riesengroße Speicher eingesetzt, für die wir in Deutschland nicht immer die Fläche haben. Des Weiteren kann die kWh Solarwärme dort auch teurer sein, aufgrund der oben erwähnten Steuer auf Gas. Klar ist, je höher der Anteil an solarer Wärme ist, desto teurer ist deren Preis, desto größer ist aber auch die dadurch erlangte Unabhängigkeit und Preissicherheit.

Mit welchen Erträgen der Solarthermie-Anlage kann der Betreiber eines solaren Wärmenetzes heute und hierzulande rechnen?

Als Techniker würde ich hier nun diverse Rahmenbedingungen aufzählen, die eine klare Aussage verhindern (Standort der Anlage und damit auch Einstrahlungssumme, Betriebstemperaturen, etc.), als Kaufmann gebe ich Ihnen einen Bereich an:

Die Erträge liegen je nach den oben benannten Rahmenbedingungen bei ca. 450 bis 550 kWh je m² Bruttokollektorfläche und Jahr.

Welche Einsparungen bringt die solarthermische Anlage im Wärmenetz?

Wie im Interview bereits erwähnt kann man hier zwei Fragen stellen: Welche Einsparungen bringt ein Netz mit zentralem Wärmeerzeuger? Hierzu muss gegenübergestellt werden, wie viel Brennstoff für beispielsweise 150 Einzelheizungen im Bestand notwendig wäre und wie viel bei Umrüstung auf ein Netz mit einem zentralen Erzeuger zuzüglich der Netzverluste. Dazu sind wir aber nicht die Fachleute, und die Frage kann nur beispielhaft beantwortet werden.

Daher konzentriere ich mich auch die solarthermische Anlage: Die Einsparungen hängen von den genannten Faktoren ab, und noch mehreren (Brennstoffpreise, Nutzungsgrad des Kessels, dessen Wärme verdrängt wird u.a.). Wenn die solar gewonnene kWh nun mittels eines Holzkessels erzeugt werden müsste, der gerade im Sommer meist weniger gute Nutzungsgrade vorweisen kann, dann reicht dem Kessel hierfür ja nicht 1 kWh Brennstoff – aufgrund der Umwandlungsverluste. Also spart man sich hier 1 kWh/Nutzungsgrad = Brennstoffeinsparung. Das mal als einfache Rechnung. Zudem reduziert es die

  • Wartungs-,
  • Instandhaltungs-
  • und Betriebskosten des Wärmererzeugers.

Die CO2-Einsparung hängt natürlich ebenfalls vom CO2-Äquivalent des verdrängten Brennstoffs ab. Öl hat hier beispielsweise ein höheres CO2 Äquivalent als Gas. Nehmen wir als Beispiel an, dass nun anstatt mehrerer individueller mit Öl betriebener Einzelheizungen ein zentraler Holzkessel mit einer solarthermischen Anlage die notwendige Wärme bereitstellt. So kann eine Kommune mit 150 angeschlossenen Haushalten (Bestandsbau) die Anzahl der Haushalte mal ca. 2.500 Liter Öl im Jahr einsparen. Das entspräche einer CO2 Einsparung von ca. 1.200 Tonnen pro Jahr!

Die Wärmepreise einer solarthermischen Großanlage liegen bei ca. 25 bis 45 Euro je MWh über 20 Jahre. Das entspricht aber weder der individuellen Berechnung von Stadtwerken (hier hat jeder seine eigenen Berechnungsregeln) noch der VDI 2067. Wir rechnen hier die Investitionskosten der Solaranlage plus deren laufende Kosten (Betrieb, Wartung, Instandhaltung, Versicherung, u.a.) über 20 Jahre dividiert durch den Solarertrag über 20 Jahre.

Berücksichtigt wird ebenfalls die Förderung. Deren realisierbare Höhe variiert allerdings auch nach Kunden, Großunternehmen werden hier nach der AGVO (Europäische Richtlinie) auf einen Fördersatz von 45 Prozent gedeckelt, Kleinunternehmen auf 65 Prozent, Nichtunternehmen wie kommunale Eigenbetriebe unterliegen hier keiner Förderhöchstgrenze – diese können somit die niedrigsten Wärmepreise erzielen. Nicht enthalten in unseren Preisangaben für die solare Wärme sind dann Abschreibungsvorteile der Anlagenbetreiber, Inflation, Kapitalkosten u.a.

Gibt es weitere Vorteile für den Netzbetreiber, die Region, die Gemeinde?

Das ist ein wichtiger Punkt, den Sie hier ansprechen. Nehmen wir die 150 Haushalte mit je 2.500 l Öl im Jahr. Wo liegt aktuell der Ölpreis für einen Haushalt? Bei 80 Cent/Liter Brutto? Das bedeutet je Haushalt jährliche Kosten von 2.000 Euro Brutto. Für alle 150 Haushalte zusammen 300.0000 Euro Brutto im Jahr. Mit der Umstellung auf ein System mit Solarthermie und Hackschnitzel bleibt dieses Geld in der Region.

Christoph Bühler – wir haben noch nicht genug vom Thema “Solare Wärmenetze”! Wären Sie bereit, uns in einem weiteren Beitrag das in unserer vierteiligen Interviewreihe Gesagte an einer Anlage zu zeigen, um die trockene Theorie mit Daten und Fakten aus der Praxis zu beleben?

Jederzeit gerne!

Vielen Dank dafür und bis zum nächsten Mal – in Büsingen!

Zu den vorhergehenden Teilen dieser Interview-Reihe über solare Wärmenetze made by Ritter:

Experten-Interview zu Wärmenetzen mit Solarthermie „made by Ritter XL Solar“ (Teil 1)

Experten-Interview zu Wärme­netzen mit Solar­thermie „made by Ritter XL Solar“ (Teil 2)

Experten-Interview zu Wärmenetzen mit Solarthermie „made by Ritter XL Solar“ (Teil 3)

 

Fotos: Miss X / Photocase (Titel), Christoph Bühler/Ritter Energie (Porträt)