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Wärmeplanungsgesetz beschlossen: Was ihr jetzt wissen müsst

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Gerade beschloss der Bundestag das Gesetz für eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung, kurz Wärmeplanungsgesetz genannt. Es soll Verbraucher:innen künftig helfen, die Frage “Wie heize ich am besten?” zu beantworten. Wir informieren euch hier über das, was ihr zum Wärmeplanungesetz wissen müsst. 

Was bringt das Wärmeplanungsgesetz? Entscheidungssicherheit!

Deutschland will bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein. Das zeitliche Ziel wurde im Bundes-Klimaschutzgesetz festgeschrieben. Das heißt: Wir agieren nach 2045 in allen Bereichen so, dass wir das Klima nicht mehr beeinflussen – also weder zu seiner Erwärmung noch Abkühlung beitragen. Insbesondere geht es bei Klimaneutralität um eine CO2-Neutralität: CO2 steht für Kohlendioxid. Das ist ein sogenanntes  Teibhausgas, das den Klimawandel antreibt. Bis zum Jahr 2045 will Deutschland demnach Treibhausgasneutralität erreichen.

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Für die Wärmeversorgung geht der Großteil der Energie drauf, die wir verbrauchen: Im privaten Haushalt werden mehr als zwei Drittel der insgesamt verbrauchten Energie fürs Heizen der Räume verwendet. Hinzu kommt die Wärme zur Bereitstellung von Warmwasser. Insgesamt ergibt sich laut dem Umweltbundesamt (UBA) so ein Anteil der Wärme im gesamten Energieverbrauch des Haushalts von 84 Prozent:

Waermeplanungsgesetz_UBA_Energieverbrauch private Haushalte Anteile Waerme

Am gesamten Energieverbrauch Deutschlands (Endenergieverbrauch) hat die Wärme ebenfalls den größten Anteil. Laut dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) liegt er bei mehr als 50 Prozent. Der mit der Wärmeversorgung einhergehende Treibhausgasausstoß ist demnach immens.

Angesichts dieser Zahlen wird das Potential offensichtlich, das die Wärmeversorgung hat, um Treibhausgasemissionen einzusparen. Vor allem dann, wenn man bedenkt, dass Deutschland großteils noch fossil mit Heizgas und Heizöl heizt.

Die Wärmewende ist nötig, um die Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zu erreichen. Doch wie gelingt die Umstellung der Wärmeerzeugung von fossil auf regenerativ? Wie heizt Deutschland künftig klimaneutral? Diese Frage stellen sich alle, die heizen: Verbraucher:innen, Energieversorger:innen, Kommunen.

Gut 21 Jahre sind es von heute an noch bis zum Jahr 2045. Für eine moderne Heizung ist das eine Mindestlaufzeit. Die Entscheidung, wie Deutschland im Jahr 2045 heizt, muss jetzt fallen. Je eher, desto besser. Und mit Blick auf die vielen alten Heizungen, die derzeit landauf landab laufen, steht der Heizungstausch in vielen Haushalten an.

Das novellierte Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) wurde nach langem Hin und Her beschlossen (wir berichteten) und soll ab Januar kommenden Jahres in Kraft treten. Es ermöglicht eine sogenannte Technologieoffenheit bei der Wahl der erneuerbaren Energiequelle zur Erzeugung von Wärme und Strom. Erneuerbare Energiequellen für Wärme und Strom sind dem GEG zufolge diese:

Hintr dieser Liste erneuerbarer Energiequellen stecken eine Menge Möglichkeiten, zentral oder dezentral erneuerbar zu heizen. Die Qual der Wahl ist real: Alle, die einen Umstieg von einem fossilen auf ein erneuerbares Heizsystem vorhaben, brauchen jedoch die Gewissheit, in die richtige erneuerbare Heizung zu investieren. Es geht schließlich um Entscheidungs-, Planungs- und Investitionssicherheit.

Diese Sicherheit soll das Wärmeplanungsgesetz ab Januar 2024 bieten. Das BMWSB erklärt, dass ein Wärmeplan das strategische Planungsinstrument für die klimaneutrale Wärmeversorgung der Zukunft sei.

Was ist ein Wärmeplan?

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Was ist das Wärmeplanungsgesetz?

Mit dem Wärmeplanungsgesetz werde dem BMWSB zufolge die rechtliche Grundlage für die verbindliche und systematische Einführung einer flächendeckenden Wärmeplanung geschaffen. Das Erzeugen und Bereitstellen von

soll auf die Nutzung erneuerbarer Energien und unvermeidbarer Abwärme umgestellt werden.

Damit die Umstellung gelingt, sollen sich die zuständigen Stellen deutschlandweit unter Beteiligung relevanter Akteur:innen vor Ort damit auseinandersetzen, wie wir unsere Wärmeversorgung bis spätestens 2045

  • kosteneffizient,
  • nachhaltig,
  • sparsam,
  • bezahlbar,
  • resilient
  • und treibhausgasneutral

realisieren.

Die Bundesländer werden mit dem Wärmeplanungsgesetz verpflichtet, sicherzustellen, dass Wärmepläne erstellt werden, schreibt die Bundesregierung auf ihrer Internetseite. In der Regel werden demnach die Städte und Kommunen diese Aufgabe übernehmen.

Entsprechende Wärmepläne sollen

  • in Großstädten (Gemeindegebiete mit mehr als 100.000 Einwohner:innen) bis zum 30. Juni 2026 vorliegen,
  • in Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohner:innen bis zum 30. Juni 2028.
  • Kleinere Gemeinden (unter 10.000 Einwohner:innen) können ein vereinfachtes Wärmeplanungsverfahren durchführen. Darüber entscheiden die Länder.

Was steht im Wärmeplanungsgesetz?

Das Wärmeplanungsgesetz gibt Inhalte und sinnvolle Abfolge von einzelnen Arbeitsschritten bei der Erstellung eines Wärmeplans vor, schreibt das BMWSB. Damit soll die für die Wärmeplanung zuständige Stelle – in der Regel werden dies laut dem Bundesministerium die Kommunen sein – strategisch planen können, welche Gebiete zukünftig auf welche Art (beispielsweise dezentral oder leitungsgebunden) mit Wärme versorgt werden sollen und wie sich erneuerbare Energien und unvermeidbare Abwärme dafür einsetzen lassen. Darüber hinaus werden zeitlich gestaffelte Vorgaben an die Wärmenetzbetreiber zur Dekarbonisierung ihrer Netze geregelt.

Heizungsbetreiber:innen soll die mit dem Gesetz geregelte kommunal Wärmeplanung Orientierung bieten, wenn sie sich in den kommenden Jahren eine neue Heizung einbauen wollen.

Das Gesetz verankere die Wärmeplanung als zentrales Koordinierungsinstrument für lokale, effiziente Wärmenutzung. Damit können sich die Kommunen und betroffenen Akteur:innen laut dem BMWSB dauerhaft auf diese Aufgabe einstellen, um dann langfristig die notwendigen personellen und technischen Kapazitäten aufbauen zu können.

Die wesentlichen Regelungen vom Wärmeplanungsgesetz sind:

  • Für Gemeindegebiete mit mehr als 100.000 Einwohnern muss bis zum 30. Juni 2026 ein Wärmeplan erstellt werden. Für Gemeindegebiete mit weniger als 100.000 Einwohnern ist dafür Zeit bis zum 30. Juni 2028. Für die Einwohnerzahl gilt der Stichtag 1. Januar 2024.
  • Ab 2024 sollen neue Wärmenetze einen Anteil von Erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme von mindestens 65 Prozent erreichen.
  • Bis 2030 müssen bestehende Wärmenetze zu mindestens 30 Prozent aus Erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme gespeist werden. 2040 soll dieser Anteil mindestens 80 Prozent betragen. Zugleich werden alle Wärmenetzbetreiber verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2026 einen Wärmenetzausbau und -dekarbonisierungsfahrplan vorzulegen.

Was sagt die deutsche Heizungsindustrie zum Wärmeplanungsgesetz?

Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie e. V. (BDH) begrüßt das Wärmeplanungsgesetz grundsätzlich, weil es richtig sei, dass die Politik damit auch die Kommunen in die Pflicht nehme und die Wärmewende nicht ausschließlich den Verbraucher:innen auflaste. Das sagte der BDH-Hauptgeschäftsführer Markus Staudt gegenüber der Presse.  Der Anschluss an ein Nah- oder Fernwärmenetz könne ihm zufolge eine Lösung zur Wärmeversorgung sein.

Kritisch merkt der BDH an, dass die kommunale Wärmeplanung das Modernisierungstempo im Wärmesektor weiter ausbremsen könnte. Das Durchschnittsalter der Heizungen in Deutschland liegt bei knapp 14 Jahren. Jede dritte Heizung ist älter als 20 Jahre. Deswegen dürfe das Wärmeplanungsgesetz nicht dazu führen, dass das Modernisierungstempo in deutschen Heizungskellern noch weiter abnehme, weil in der Zukunft der Anschluss an ein Wärmenetz möglich sein könnte. Hinzu komme, dass zwischen der Wärmeplanung und dem Bau eines Wärmenetzes Jahre vergehen könnten. Diese Verzögerung gehe dem BDH zufolge zu Lasten der Wärmewende.

Kritisch sieht der BDH auch, dass die Wärmeplanung einen zu großen Fokus auf Wärmenetze setze und ein Türöffner für Anschluss- und Benutzungszwänge sein könnte. Der Branchenverband gibt zu bedenken, dass sich ein Wärmenetz oft nur bei hoher Anschlussdichte rechne. Um dies zu erreichen, könnten Kommunen Anschluss- und Benutzungszwänge aussprechen und damit den freien Wettbewerb zum Nachteil der Verbraucher:innen aushebeln, befürchtet der Verband.

Deshalb fordert er, dass auch in Regionen, in denen Nah- und Fernwärmenetze gebaut werden, dezentrale Lösungen zum erneuerbaren Heizen wie zum Beispiel das Heizen mit Wärmepumpen erlaubt bleiben.

Mit Blick auf die jetzt anstehende Erstellung der Wärmepläne fordert der BDH die Kommunen auf, ergebnisoffen alle örtlichen Gegebenheiten wie die vorhandenen Infrastrukturen, zentrale wie dezentrale Versorgungslösungen sowie erneuerbare Energie- und Wärmequellen zu berücksichtigen.

Auch die Struktur des Gebäudebestandes und das ansässige Gewerbe beziehungsweise die Industrie müssten demnach in Betracht gezogen werden. Die Wärmeplanung ausschließlich auf den Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen zu reduzieren, greife nach Ansicht des BDH zu kurz.

Fotos: Paradigma (Titel), UBA (Grafik)