Seit ich mich näher mit Solarthermie beschäftige, stolpere ich immer wieder über verschiedene Fachbegriffe, von denen ich nicht wirklich weiß, was sie genau bedeuten. Einer davon ist der Deckungsgrad, genauer eigentlich solarer Deckungsgrad oder auch solare Deckungsrate. Für den heutigen Beitrag habe ich mich deshalb mal intensiver mit dieser Größe befasst und mich auf die Suche nach der genauen Erklärung zu diesem Begriff gemacht.
Der solare Deckungsgrad
Der solare Deckungsgrad gibt den Anteil der Energie an, welche durch die Solaranlage für Heizzwecke und/oder Warmwasserbereitung zur Deckung des Bedarfs bereitgestellt wird. Der Deckungsgrad ist ein Wert, der bei der Planung einer Solarthermie-Anlage eine Rolle spielt. Er bezieht sich auf das ganze Jahr und wird in Prozent angegeben. Er wird durch folgende Faktoren beeinflusst:
- dem individuellen Wärmebedarf
- der Heizungs-Regelung
- der Auslegung der Anlage (Größe)
- dem Verbrauchsverhalten
- den Rücklauftemperaturen
- der Ausrichtung (Himmelrichtung, Neigung in Grad), Kollektorart (Flach- oder Röhrenkollektoren), Standort und äußere Einflüsse (Verschattung)
- Speicherart(en) und -größe
- Wirkungsgrad
Ganz spezifische Umstände und Gegebenheiten also, die für jedes Objekt, ob nun Ein-, Mehrfamilienhäuser oder Großanlagen, unterschiedlicher gar nicht sein könnten. Ganz klar, dass da eine individuelle Betrachtung erforderlich ist.
Beitrag der Solaranlage am Wärmebedarf
Die nachfolgende Grafik stellt ein Beispiel dar. Um die Deckung (grüne Fläche) des Beitrags (Solarertrags, gelbe Linie) einer solarthermischen Anlage am Wärmebedarf von Heizung (rote Linie) und Warmwasser (dunkelrote Linie) aufzuzeigen:
Die grüne Fläche gibt den Teil der Solarenergie an, der zur Deckung des Wärmebedarfs für Heizung und Warmwasser genutzt werden kann.
Der Wärmebedarf für die Warmwasserbereitung, verläuft über das Jahr hinweg ziemlich konstant. Warmwasser braucht man im Winter, wie im Sommer. Fast der gesamte Bedarf kann von der Solaranlage gedeckt werden. Die solarthermisch erzeugte Energie reicht in diesem Fall (fast) das ganze Jahr aus. Es muss keine Extra-Energie für die Warmwasserbereitung aufgewendet werden. Der Heizkessel hat Sommerpause.
Etwas anders dagegen der Wärmebedarf für die Heizung. Er ist in den Wintermonaten (Heizperiode) naturgemäß hoch und in den Sommermonaten gering, bis gar nicht vorhanden. In diesem Fall würde man in den Monaten Oktober – Mai zuheizen. Außerdem erzielt die Solaranlage im Sommer einen Energieüberschuss.
Standardwerte für den Deckungsgrad
Es war gar nicht so einfach Werte dazu zu finden, ich lese, dass es wohl auch gar keine konkreten Standardwerte gibt, weil es eben eine sehr spezifische Rechnung sei und auf das System ankommt. Herangehensweisen für die Ermittlung des Deckungsgrads und Anhaltswerte fand ich beim heizungsfinder.de.
Je höher, desto besser?
Könnte man ja eigentlich meinen, ist aber nicht unbedingt so. Warum? Strebte man einen höheren Solarertrag für die Wintermonate an, könnte es passieren, dass im Sommer ein noch größerer Energieüberschuss erzielt wird. Dabei gilt: Je höher der solare Deckungsgrad, desto geringer der Kollektorertrag. Also das Verhältnis: Zwischen gewonnener und genutzter Energie. Außerdem ist abzuwägen, zwischen Investition und eingesparter konventioneller Energie.
Stichwort Wirtschaftlichkeit, und da kommt uns dann auch schon der nächste Fachbegriff entgegen: Der Systemnutzungsgrad oder einfach Nutzungsgrad. Hier geht es nicht nur um den solaren Beitrag der genutzt werden kann, sondern auch um die Wirtschaftlichkeit einer Solaranlage. Dazu dann aber in folgenden Beiträgen mehr. Wir werden verschiedene Häuser mit unterschiedlichen Deckungsgraden vorstellen. Wer schon jetzt mehr dazu erfahren will, kann die Sonnenhäuser näher begutachten. Diese stellen den Anspruch von mindestens 50% solarem Deckungsgrad. Es gibt jedoch bereits Beispiele mit 80-90%. Jedenfalls eine sehr spannende Thematik.
Beispielhäuser gesucht
Damit wir viele Beispielhäuser mit hohen solaren Deckungsgraden zeigen können, wäre es toll, wenn ihr uns Tipps gebt, wer solche Häuser besitzt. Einfach im Kommentarfeld die Prozentzahl posten, falls bekannt!
Grafik im Beitrag: Claudia J. Gasmi
Bild: Erstellt mit wordle.net
Quellen: http://www.solaranlagen-portal.com/solarthermie/lexikon/solarer-deckungsgrad, http://www.baunetzwissen.de/standardartikel/Solar_Solarer-Deckungsgrad_165858.html , http://www.321-sun.de/solarthermie/solarthermie-heizung/, http://www.heizungsfinder.de/solarthermie/kennzahlen/solare-deckungsrate
Einfache Erklärung, aber es dürfte, wenn ich nicht irre das Fehlerteufelchen zugeschlagen haben. Wäre laut der Grafik das zuheizen nicht von Oktober bis Mai (statt Dezember bis April) erforderlich oder unterliege ich einem Denkfehler.
Sonnige Grüße
Werner Rabl
Hallo Herr Rabl,
vielen Dank für den Hinweis!
Das ist völlig richtig. Die Angaben habe ich deshalb gerade entsprechend korrigiert.
Sonnige Grüße zurück
Wir werden auch noch andere Kurven vorstellen wo mit entsprechender Technologie und Auslegung die Deckungsgrade weiter ausgeweitet werden können. Dieser Deckungsgrad ist wohl relativ leicht erreichbar, spannend wird’s dann wenn man auch bei tieferen Temperaturen noch solar heizen kann.
Kann eigentlich jemand von den Experten aus der Grafik ablesen wieviel % solaren Deckungsgrades diese Grafik darstellt? Aus dem Bauch heraus würde ich sagen 20%…
Das ist ja gut, dass sie sich selber nochmal mit dem Thema beschäftigen. Vor einigen Woche hatte ich das Thema solaren Deckungsanteil und wie er sich auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt in einem Kommentar ja mal angeschnitten.
Wenn sie den Heizenergiebedarf senken, steigern sie logischerweise auch den solaren Deckungsanteil. Deshalb haben Passivhäuser und Niedrigenergiehäuser da besonders gute Karten. Den umgekehrten Weg zu gehen und den solaren Deckungsanteil über mehr Kollektorfläche zu erhöhen, ist hingegen wie sie ja bereits angesprochen haben, schwierig.
@ Blumental – Deckungsanteil durch mehr Kollektorfläche
Es wäre mal an der Zeit ein bisschen zu differenzieren. Bekanntlich ist Kollektor nicht Kollektor, und doch wird jeder und auch jede Art der Einbindung über einen Kamm geschert. Das ist dann eben der Tod der Solarthermie. Chinesische Billigprodukte sind keine Highendkolllektoren und es ist ein himmelweiter Unterschied von Ertrag und Deckungsbeitrag zwischen einer Baumarkt Solaranlage und einem Hightech AquaSystem.
Es ist in der Tat schwierig mit einem Standardsystem in der Sanierung hohe Deckungsanteile zu erhalten. Beim Einsatz von sehr leistungsfähgigen Kollektoren ist es aber möglich eben sehr früh und sehr spät im Jahr noch immer gute Erträge zu erzielen. Ein Blick in die Solarkeymarkdatenbank genügt.
Natürlich muss dann bei solchen Kollektoren eine System gewählt werden, bei dem der Stillstand der Anlage im Sommer technisch gut gelöst ist und keine riesigen Pufferspeicher nötig sind.
Die Solarbrache hat sich weiterentwickelt, zumindest manche Hersteller. Es gibt mittlerweile sehr gute Lösungen für die oben beschriebene Problematik. Das darf bei der Diskussion nicht vergessen werden.
Hi Hilbert,
nein den Todesstoß kann der Solarthermie eben so schnell niemand versetzen und bei einer neuen Anlage kann man bei einer knappen Auslegung sofort die Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu ausschließlichen Nutzung fossiler Energieträger vorrechnen.
Die Unterschied bei den Wirkungsgraden sind mir bewusst, es ist aber eben doch auch immer noch ein deutlicher Preisunterschied zwischen Flachkollektor und Vakuumröhrenkollektor. Dazu kommen halt auch ästhetische Gesichtspunkte und teilweise auch bauliche Punkte z.B. ist meines Wissens mit VRK keine Indachmontage möglich.
Der Verweis auf den Wirkungsgrad ist aber prinzipiell richtig. Wenn ich mal zu Fuß durch Neubaugebiete gehe, kann ich fast nur FK entdecken, was eigentlich schade ist.
Das Thema ist sehr komplex, deshalb werden wir sowohl unwirtschaftliche, aber auch wirtschaftliche Beispiele mit hohen solaren Deckungsgraden vorstellen. Es gibt bereits viele Häuser mit 50% solarem Deckungsgrad und die Exoten mit über 70% möchten wir auch vorstellen. Natürlich müssen dafür viele Faktoren zusammenpassen.
Das Ziel sind wettbewerbsfähige Gestehungskosten des Gesamtsystems und die sind auch bei hohen solaren Deckungsgraden in Zukunft möglich. Aber eben nur wenn man wirklich weiß, was man macht.
Herr Blumental, hätten Sie Beispiele aus der Praxis für unwirtschaftliche Anlagen? Ich bin der Meinung, dass die Branche auch endlich mal die Probleme anspricht. Man hat da in der Vergangenheit zu viel unter den Tisch gekehrt und so werden auch viele gute Systeme in Verruf gebracht weil alles über einen Kamm geschoren wird.
Guten Tag Cornelia und Claudia
ich könnte Ihnen Erfahrungswerte und Daten zu unserem Sonnenhaus liefern. Wir wohnen seit zwei Jahren in unserem Eigenheim und könnte Ihnen gerne Aufstellung zum Energieverbrauch und Gewinn zur Verfügung stellen. Wenn Interesse bestehen sollte, so melden Sie sich doch einfach unter den angegeben eMail Adresse.
Die Grunddaten:
40qm Kollektorfläche
7200l Jenni Speicher
180qm Wohnfläche
Effizienzhaus KfW55
Viele Grüße,
Michael
Super! das machen wir auf jeden Fall! Weisst du ungefähr den solaren Deckungsgrad oder sinds genau die 50% die angestrebt werden?
Um mal ein wenig Wasser in den Wein zu schütten, bei diesem Beispiel kann man halt auch sehen wieviel Ertrag man nicht nutzen kann.
KfW55 bedeutet 40 kwh/m²a als Heizenergiebedarf, dazu kommt dann nochmal 12,5 kwh/m²a für das Trinkwarmwasser (Standard-Wert nach der EnEV). Macht 52,5 kwh/m²a mal 180m²=9450 kwh Wärme werden pro Jahr benötigt. 70% davon sind 6615 kwh.
Als Ertrag pro Quadratmeter Kollektorfläche nehmen wir wir mal 400 kwh/m²a an- ein mittlerer Wert. 400 kwh/m²a mal 40m² Kollektorfläche ergibt einen (theoretischen!) Ertrag von 16000 kWh/a. Von diesem theoretischen Ertrag verwendet man also in diesem Beispiel nur etwa gute 40%.
Sind natürlich alles nur Faustformel-Berechnungen, ganz verkehrt werden sie jedoch nicht sein.
Das Sonnenhaus-Konzept ist überaus faszinierend, aber man braucht eben viel teure Technik (viel Kollektorfläche und man beachte die Speichergröße die schon für ein Hotel reichen würde!) weil mit hohen solaren Deckungsanteil eben auch viel Ertrag nicht genutzt werden kann.
Hallo Cornelia,
der Deckunsgrad lag in den letzten beiden Jahren bei knapp 70%.
Grüße,
Michael
woooow!! das klingt ja super!! wir melden uns auf jeden fall bald!
Hallo zusammen,
ich finde die Diskussion ja grundsätzlich nicht schlecht, und der solare Deckungsgrad einer Anlage ist prinzipiell ein interessanter Wert.
Wenn aber der Focus auf diesen Deckungsgrad gelegt wird, sehe ich schwarz für die solare Zukunft. Der solare Deckungsgrad ist nämlich nur sehr bedingt ein Qualitätsmerkmal für eine Solaranlage, um nicht zu sagen überhaupt keines. Eine Anlage, die auf einem Haus mit einem Verbrauch von 20000 KWh/a installiert ist und z.B. 5000 kwh/a erntet, wird nicht plötzlich schlechter, wenn der Verbrauch z.B. durch ein anderes Nutzerverhalten auf 25000 KWh/a ansteigt, nur weil sich hier der Deckungsgrad um 5% verschlechtert.
@Blumental
Ein Preisvergleich zwischen Flach- und Röhrenkollektor über den Preis pro qm Fläche ist wohl der falsche Ansatz. Dank Solar-Keymark kann man rechnerisch leicht ermitteln, dass Flachkollektoren wohl teurer sind, es sei denn, man möchte nur Brauchwasser erwärmen, und das auch nur im Sommer.
Mit sonnigen Grüßen, Wolfgang Günther