Wärmewende in Europa

Was der Earth Day 2025 mit der Wärmewende zu tun hat

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Der heutige “Earth Day International” (auf Deutsch: “Internationaler Tag der Erde”) steht unter dem Motto: “Du machst den Unterschied.” Offenbar zweifeln immer mehr Menschen genau daran: Das zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zum Verantwortungsbewusstsein jeder:s Einzelnen für die Erderhitzung und damit den Klimawandel. Zweifel lassen sich mit wissenschaftlichen Fakten ausräumen: Deshalb liefern wir euch hier 10 Fakten zum Klimastatus in Europa aus dem jüngsten gemeinsamen Bericht des Copernicus Climate Change Service und der Weltorganisation für Meteorologie und 10 Gründe, warum die Wärmewende unerlässlich ist

So steht es im Jahr 2025 um Europas Klima

Laut dem aktuellen Klimazustandsbericht (“European State of the Climate 2024“, kurz: ESOTC 2024) verzeichnete Europa  im Jahr 2024 die höchste Durchschnittstemperatur seit Beginn der Aufzeichnungen.

Anomalien und Extreme der jährlichen Oberflächentemperatur im Jahr 2024.
Anomalien und Extreme der jährlichen Oberflächentemperatur im Jahr 2024
Anomalien und Extreme des Jahresniederschlags bis 2024
Anomalien und Extreme des Jahresniederschlags bis 2024

Besonders Zentral-, Ost- und Südosteuropa wurden von außergewöhnlicher Hitze getroffen.

Jährliche Anomalien der Sonnenscheindauer (links), Anomalien der Sonnenscheindauer (Stunden) über Europa für das Jahr 2024 (rechts)
Links: Jährliche Anomalien der Sonnenscheindauer (in Prozent) für Europa im Zeitraum 1983 bis 2024, mit positiven (orange) und negativen (grau) Anomalien. Rechts: Anomalien der Sonnenscheindauer (Stunden) über Europa für das Jahr 2024, mit positiven (orange) und negativen (grau) Anomalien. Bezugszeitraum: 1991 bis 2020.

Europa bleibt damit der Kontinent mit der schnellsten Erhitzung weltweit. Gleichzeitig nahmen extreme Wetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitzeperioden stark zu.

Extreme Wetterereignisse und ihre Folgen

Das Jahr 2024 war geprägt von einem deutlichen Ost-West-Gefälle: Viele Wetter- und Klimavariablen wie Sonnenscheindauer, Bodenfeuchte oder Solarstrompotenzial zeigten einen deutlichen Kontrast: Der Osten war sonnig und trocken, der Westen bewölkt und regenreich. Das spiegelte sich auch in den Flüssen wider – mit Überflutungen im Westen und Trockenheit im Osten.

Überblick über die Überschwemmungsereignisse in Europa.
Zu den Schwerpunktthemen des ESTOC 2024 gehört ein Überblick über die Überschwemmungsereignisse in Europa. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den extremen Ereignissen in Mittel- und Osteuropa im Zusammenhang mit dem Sturm Boris und den Ereignissen in Valencia, Spanien, sowie auf die extreme Hitze und Trockenheit in Südosteuropa während des Sommers.

Großflächige Überschwemmungen töteten mindestens 335 und betrafen schätzungsweise 413.000 Menschen. Ein Drittel des europäischen Flussnetzes überschritt die Hochwasserschwelle.

Hitzestress und Tropennächte nehmen zu

Die Zahl heißer Tage mit starkem Hitzestress sowie der tropischen Nächte über 20 Grad Celsius (° C) war die zweithöchste seit Beginn der Messungen. Besonders betroffen war Südosteuropa mit der längsten Hitzewelle aller Zeiten: 13 Tage am Stück. Dies wirkt sich zunehmend negativ auf die menschliche Gesundheit aus.

Rückzug der Gletscher

Alle europäischen Gletscher verloren an Masse, mit einem Rekordverlust in Skandinavien und Spitzbergen. Der Trend zeigt eine ungebremste Entwicklung, die auch symbolisch ist: Die UN haben 2025 zum Jahr des Gletscherschutzes erklärt.

Prozentualer Anteil der gesamten jährlichen Stromerzeugung in Europa aus Solarenergie (gelb), Windenergie (violett) und Wasserkraft (blau) im Zeitraum 2016-2024.
Prozentualer Anteil der gesamten jährlichen Stromerzeugung in Europa aus Solarenergie (gelb), Windenergie (violett) und Wasserkraft (blau) im Zeitraum 2016 bis 2024.

Fortschritte bei erneuerbaren Energien

Trotz der alarmierenden Klimadaten gab es auch Fortschritte: 2024 stammten 45 Prozent der europäischen Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen – ein neuer Rekord. In 20 EU-Ländern übertraf der Anteil erneuerbarer Energiequellen bereits den der fossilen.

Überblick über die Überschwemmungsereignisse in Europa

Städtische Klimaanpassung nimmt Fahrt auf

Mehr als die Hälfte aller europäischen Städte (51 Prozent) hat mittlerweile eigene Anpassungsstrategien gegen die Folgen des Klimawandels entwickelt – 2018 lag der Wert noch bei 26 Prozent. Eine neue interaktive Karte im Bericht zeigt viele dieser Maßnahmen auf.

10 Fakten zu Europas Klima auf einen Blick

  1. Temperatur: wärmstes Jahr in Europa seit Beginn der Aufzeichnungen
  2. Meerestemperatur: höchste Werte im Mittelmeer (plus 1,2 ° C) und gesamteuropäisch (plus 0,7 ° C über dem Durchschnitt)
  3. Niederschlag: einer der regenreichsten Winter im Westen; Rekorddürre im Osten
  4. Überschwemmungen: 30 Prozent des Flussnetzes über Hochwasserschwelle, 335 Todesopfer, 413.000 Betroffene
  5. Hitzestress: zweithöchste Zahl an Tagen mit starker bis extremer Hitzebelastung
  6. Kältestress: Noch nie so wenige Tage mit starker Kälte wie 2024
  7. Frosttage: 69 Prozent der europäischen Fläche hatten weniger als 90 Frosttage
  8. Gletscher: alle Regionen Europas verzeichneten Eisschwund, Rekordverluste in Skandinavien
  9. Waldbrände: 110.000 Hektar (ha) Fläche allein in Portugal im September verbrannt; 42.000 Betroffene
  10. Erneuerbare Energien: Rekordanteil von 45 Prozent an der Stromerzeugung

Über den Klimazustandsbericht

Der Bericht „European State of the Climate 2024“ wurde gemeinsam vom Copernicus Climate Change Service (C3S) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) erstellt.
Copernicus ist ein Programm der Europäischen Union, betrieben vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen (EZMW). Seit 2018 liefert der jährliche Bericht eine umfassende wissenschaftliche Analyse des europäischen Klimas. Die WMO bringt das globale Fachwissen über Wetter und Klimadaten ein.

Klimawandel: Machst du den Unterschied?

Laut Medienberichten wie diesem in der Süddeutschen Zeitung (SZ) sieht sich nur noch jede:r Zweite (53 Prozent) hierzulande im Kampf gegen den Klimawandel selbst in der Verantwortung. Anders vor vier Jahren: Da waren es noch mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der Befragten. Das ergab die jährliche Befragung des Meinungsforschungsinstituts Ipsos.

Trotz der oben angeführten Fakten würden demnach viele Menschen in Deutschland das Klima-Problem eher ins Ausland verorten: Nur 62 Prozent der von Ipsos Befragten machen sich um die Auswirkungen des Klimawandels im eigenen Land Sorgen, 78 Prozent eher um andere Länder.

Fast jede:r Zweite (45 Prozent) fühlte sich demnach von der Bundesregierung im Stich gelassen, wenn diese beim Klimaschutz jetzt nicht handele. Vor drei Jahren lag dieser Anteil bei 60 Prozent.

Laut der SZ widerspricht die wahrgenommene Nicht-mehr-so-Dringlichkeit der tatsächlichen Entwicklung der Klimakrise.

Die Befragung, die Einstellungen von Menschen zu Klima und Energiewende in 32 Ländern untersucht, offenbarte für Deutschland zudem erhebliche Wissenslücken: Rund ein Viertel (27 Prozent) der hierzulande Befragten zweifelt demnach an, dass es unter Klimaforscherinnen und Klimaforschern über die Auswirkungen des Klimawandels einen Konsens gibt. Aber: Dieser Anteil liegt in Ländern wie Ungarn (40 Prozent) oder Frankreich (39 Prozent) sogar noch deutlich höher.

Und dies obwohl der Weltklimarat – der den Stand der Klimaforschung regelmäßig zusammenführt – in seinem Bericht von 2023 festhielt, dass die Aktivitäten der Menschen unzweifelhaft die Hauptursache der Erderhitzung sind. Die Emissionen von Treibhausgasen führten seit dem späten 19. Jahrhundert zu einem deutlichen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur.

Wärmewende jetzt: Schlüssel für Klimaschutz und bezahlbares Heizen

Die Wärmewende ist entscheidend für Klimaschutz, Energiesouveränität und bezahlbares Heizen. Aber: Derzeit bremsen Unsicherheiten die Investitionen in erneuerbare Heizungen. Der BUND hat 10 gute Gründe für die Wärmewende zusammengetragen:

  1. Wärmewende bringt Deutschland auf Klimakurs: Deutschland wird seine Klimaziele -Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 laut dem Umweltbundesamt (UBA) voraussichtlich verfehlen – vor allem im Gebäude- und Verkehrsbereich. Allein der Gebäudebereich verursacht rund 30 Prozent der CO2-Emissionen und 35 Prozent des Energieverbrauchs. 
  2. Wärmewende schließt Klimaschutzlücke im Gebäudesektor: Die Klimaschutzlücke im Gebäudesektor wächst dramatisch. Ohne das GEG drohen bis zum Jahr 2035 über 140 Millionen Tonnen (t) zusätzliche Emissionen.
  3. CO2-Bepreisung allein bringt’s nicht, Heizungsgesetz ist nötig: Ein rein marktwirtschaftlicher CO2-Preis würde extrem hohe Kosten verursachen und wirkt kurzfristig statt nachhaltig. Preisanreize allein reichen nicht.
  4. Wir bauen noch zu viele fossile Heizungen ein: Trotz GEG werden noch viele fossile Heizungen eingebaut – jede neue ist eine verpasste Chance. Technologieoffenheit darf nicht als Deckmantel für Stillstand dienen.
  5. Grünes Heizgas ist eine Kostenfalle: Biomethan und Wasserstoff sind teuer, knapp und ökologisch fragwürdig. Gasheizungen verursachen langfristig deutlich höhere Kosten als Wärmepumpen.
  6. Wärmewende braucht mehr Wärmepumpen: Wärmepumpen und Wärmenetze sind zentrale Lösungen. Der Absatz von Wärmepumpen bleibt jedoch weit hinter den Zielen zurück. Feste Biomasse ist nur begrenzt einsetzbar.
  7. Energetische Sanierung im Bestand: Sanierung reduziert Verbrauch und Kosten. Ohne Effizienzmaßnahmen steigt der Strombedarf massiv. Eine Kombination aus Heizungstausch und Gebäudesanierung ist wirtschaftlich sinnvoll. Gebäude der Klassen F bis H verursachen zwei Drittel der Emissionen. Ihre Sanierung wirkt doppelt: ökologisch und sozial – gerade für Haushalte mit geringem Einkommen. Sanierungen sparen bis 2045 jährlich bis zu 300 Milionen Euro. Sie sichern Arbeitsplätze und senken Gesundheitskosten dank besserem Hitzeschutz.
  8. Sanierungen schaffen Arbeitsplätze: Im Jahr 2023 entstanden rund 360.000 Jobs dank Wärmewende-Investitionen. Mehr Sanierung würde weitere Beschäftigung im Bau sichern – gerade in wirtschaftlich schwachen Phasen.
  9. Finanzierungsbedarf für Gebäudesanierung, Heizungswechsel und Wärmenetze: Für 2025 bis 2030 sind Investitionen von bis zu 140 Milliarden Euro nötig. Die Förderung muss sozial gerechter werden – derzeit profitieren Gutverdienende überproportional. Wärmenetze und Contracting müssen verbraucherfreundlicher reguliert werden.
  10. Mietwohnungen gezielt sanieren: Mieter:innen sind von überzogenen Kosten bei der Versorgung mit Fernwärme oder Contracting-Modellen besonders betroffen, können aber kaum selbst handeln. Sanierungen dürfen nicht zu steigenden Warmmieten führen. Mietrecht und Förderpolitik müssen angepasst werden, um Mieter:innen zu schützen und Vermietender:innen zu motivieren.

Wärmewende: So machst du den Unterschied!

Wie die Wärmewende geht, zeigen wir euch in unserer neuen Artikelreihe “Erneuerbar heizen: So geht’s mit …”. Die ersten Beiträge der Serie sind bereits online, schaut mal hier:

Grafiken: European State of the Climate 2024“, kurz: ESOTC 2024, Foto: Doreen Brumme