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Was hat Solarthermie mit Demokratie zu tun?

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Der Begriff Solarthermie kann zum einen energetisch und zum anderen technisch betrachtet werden: Denn er meint die Sonnenwärme ebenso wie die Technologie, mit deren Hilfe diese nutzbar gemacht werden kann. Die Frage, die uns heute beschäftigt, ist eher gesellschaftspolitischer Natur, denn energetischer oder technologischer. Sie lautet: Was hat Solarthermie mit Demokratie zu tun? 

Eine Solarthermie-Anlage ist eine Sonnenheizung, denn sie wandelt die auf die Kollektoren auftreffende Sonnenstrahlung in Wärme um, die sich zum Bereitstellen von Warmwasser und / oder Raumwärme sowie Prozesswärme verwenden lässt.

Soll Wärme über weite Strecken transportiert werden, ist dieser Transport recht verlustbehaftet. Nach den Gesetzen der Thermodynamik geht Wärme immer in Richtung von einem wärmeren zu einem kälteren System verloren. Um eben diesen Wärmeverlust möglichst gering zu halten, macht es Sinn, Wärmeerzeugungsanlagen nahe am Verbraucher zu platzieren, so dass der Transportweg für die Wärme so kurz wie möglich ausfällt.

Solarwärme ist dezentral erzeugte Wärme

Eine Solarthermie-Anlage auf dem

  • Dach von Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäusern, landwirtschaftlichen, gewerblichen oder industriellen Gebäuden,
  • an der Fassade von von Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäusern, landwirtschaftlichen, gewerblichen oder industriellen Gebäuden,
  • oder auf Freiflächen (“auf der grünen Wiese”)

erzeugt Solarwärme, die in den Haushalten und Betrieben unter den Dächern, hinter den Fassaden und neben der “grünen Wiese” verbraucht werden kann. Der Transportweg für die Wärme ist vergleichsweise kurz, die Energieverluste beim Transport bleiben – bei zugleich gedämmten Wärmeleitungen – klein.

Die Solarthermie-Anlage ist demnach vor Ort installiert, sie kann somit als lokale oder regionale Wärmeerzeugungsanlage angesehen werden. Wärme, die am Ort oder in der Region erzeugt wird, wo sie auch verbraucht wird, ist dezentral erzeugte Wärme.

Dezentral erzeugte Wärme ist eine Alternative zu zentral erzeugter Wärme, die in einem großen Wärmekraftwerk gewonnen und von dort aus verlustbehaftet über kilometerlange Leitungen an die Wärmeverbraucher geliefert wird.

Und was hat das alles jetzt mit Demokratie zu tun?

Demokratie lässt sich als politisches Prinzip definieren, demzufolge das Volk dank freier Wahlen Teilhabe an der Ausübung der Macht im Staat hat. Teilhabe hat dabei nicht nur den Machtsaspekt, sondern auch einen gestalterischen.

Prinzipiell lässt sich Demokratie auch auf den Wärmemarkt im Staat übertragen: Mit der freien Wahl ihrer Heizung  entscheiden sich die Verbraucher (“Heizsystemwähler”), so sie denn die Wahl überhaupt haben (als Mieter nimmt man ja meist in Kauf, was aktuell läuft), für

Sie wählen damit entweder eine zentrale oder dezentrale Wärmeversorgung. Die Entscheidung für die Art der eigenen Wärmeerzeugung ist eine in diesem Moment nicht staatlich verordnete, sondern eine, die der Verbraucher (Bürger, Unternehmer) selbst für sich trifft. Oder sie ist eine Entscheidung, die eine organisierte Gruppe von Bürgern für sich trifft, beispielsweise, wenn es um Nahwärme-Anlagen für die Gemeinde geht. Damit liegt die Wärmeversorgung quasi in Bürgerhand, sie ist eine Sache, die der private Bürger, der Unternehmer oder eine Bürgergemeinschaft für sich entscheiden kann – mit seinem / ihrem freien Willen: Das ist demokratische, gestalterische Teilhabe an der Wärmeerzeugung und somit Demokratie.

Fällt die Wahl des Verbrauchers / der Gruppe von Vebrauchern auf eine dezentrale Heizsystem-Variante, stehen weitere Entscheidungen an – und zwar bezüglich der Heizungsart: Ölheizung (ab 2026 keine Neuinstallation reiner Ölheizungen in Deutschland mehr), Gasheizung, Kohleheizung, Holzheizung, Umweltwärmeheizung, Stromheizung oder Solarheizung – sowie Kombinationen der genannten Heizungstypen stehen zur Wahl.

Mit der gewählten Heizung entscheidet man sich zugleich für die von dieser verwendeten Wärmequelle:

  • fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl, Gas,
  • erneuerbare Brennstoffe wie gasförmige (Biogas) und feste Biomasse (Holz).

Ein System wie die föderalistisch aufgestellte Bundesrepublik Deutschland ist per Definition bereits  dezentral strukturiert, denn viele Verantwortungen und Zuständigkeiten überlässt der Bund (die Bundesregierung) den sechzehn Bundesländern. Diese regeln “ihre” Angelegenheiten auf Landesebene dezentral.

Vorteile dezentraler Wärmeerzeugung

Die dezentrale Wärmeversorgung bringt verschiedene Vorteile, zum Beispiel diese:

  • Wer seine Wärme vor Ort / in der Region erzeugt / erzeugen lässt, investiert vor Ort in die dafür nötige Wärmeerzeugungstechnik und Wärmeverteilung. Das Geld für die Wärmeerezugung bleibt also vor Ort / in der Region.
  • Mit der Installation der Wärmeerzeugungstechnik vor Ort / in der Region werden lokale und regionale Dienstleister beauftragt. Damit werden Arbeitsplätze geschaffen und erhalten.
  • Weil die dezentrale Wärme lokal oder regional erzeugt wird, bleibt man unabhängig von zentraler Wärmeversorgung, Wärmeimporten und den Preisen, die die Lieferanten der importierten Wärme diktieren.
  • Hinzu kommt, dass die dezentrale Wärmeerzeugung perfekt auf die lokalen / regionalen Gegebenheiten zugeschnitten werden kann: In sonnenreichen Regionen kann verstärkt auf Sonennheizungen gesetzt werden, während dort, wo Biomasse reichlich zur Verfügung steht, eher diese als Wärmequelle bevorzugt wird.

Wärmewende – denzentral und demokratisch!

Dezentrale, demokratische Strukturen im Wärmemarkt sind auch der Schlüssel zur dringend nötigen Wärmewende in deutschen Heizungskellern. Denn wer obrigkeitshörig auf eine zentrale Entscheidung wartet, um sein Heizsystem von fossil auf erneuerbar umzustellen, der wartet mitunter vergebens. Stattdessen lässt sich die Sache selbst in die Hand nehmen, indem man für sich einen Systemwechsel wählt und diesen auch ausführt.

Als dezentrale Möglichkeit zur Wärmeerzeugung ist gerade die Solarheizung ein Mittel, die Wärmewende sofort anzugehen: Eine Solarthermie-Anlage kann mit sämtlichen marktgängigen Heizungstypen kombiniert werden und ersetzt mit der von ihr erzeugten Solarwärme fossile Brennstoffe. Die eingesparten Brennstoffe zahlen sich als Brennstoffkosten-Ersparnis direkt aus: Denn Solarwärme liefert die Sonne gratis bis zu den Kollektoren aufs Dach, an der Fassade oder auf der Freifläche. Zudem erzeugt eine Solarthermie-Anlage die nutzbare Solarwärme nahezu emissionsfrei – soll heißen: Auch die Umweltbilanz der Heizung plus Solar wird sofort verbessert.

Foto: Paradigma