Gimbweiler-Kollektorfeld Solare Fernwärme

Agri-Solarthermie als Konzept zur Doppelnutzung von Flächen kurz vorgestellt

Veröffentlicht von

Es wird eng. In Deutschland herrscht Flächenkonkurrenz. Es konkurrieren: traditionell der Siedlungsbau mit allem Drum und Dran und die Landwirtschaft. Seit einigen Jahren drängen auch die Erneuerbaren Energien auf die Flächen, darunter die Solarthermie. Wir erklären, was Flächenkonkurrenz ist, wie sie entsteht und welche Rolle Erneuerbare wie Solarthermie dabei spielen. Außerdem zeigen wir auf, wie sich die Flächenkonkurrenz zum Teil auflösen ließe: mit integrierter Solarthermie – Stichwort: Agri-Solarthermie.

Was haben Deutschlands Flächen mit der Wärmewende zu tun?

Klimaneutralität bis 2045. Das ist das Ziel, dass Deutschland sich mit dem im Sommer verabschiedeten Klimagesetz vorgenommen hat. Klimaneutrales Deutschland, das heißt, dass wir nur noch so viel Treibhausgas ausstoßen, wie es die Natur wieder aufnehmen kann. Die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre würde demnach nicht mehr steigen. Ab 2046 wollen wir dann sogar negative Emissionen erreichen. Das Klimagesetz sieht verbindliche Emissions-Minderungsziele (verglichen mit dem Jahr 1990) für die 2020er- und 2030er-Jahre vor:

  • bis 2030: Reduktion um 65 Prozent
  • bis 2035: Reduktion um 77 Prozent
  • bis 2040: Reduktion um 88 Prozent
  • bis 2045: Reduktion um 100 Prozent

Für das Erreichen dieses Ziels ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien ein Muss. Insbesondere die Wärmewende ist voranzubringen. Doch der Ausbau der Erneuerbaren stellt uns vor eine große Herausforderung: Wir brauchen Flächen, um die entsprechenden Erzeugungsanlagen, darunter Solarthermie-Großanlagen aufzustellen.

Was ist Flächenkonkurrenz und wie entsteht sie?

Die Fläche unsere Landes ist begrenzt. Als Gesellschaft erheben wir mit verschiedenen Bereichen Anspruch auf das, was davon da ist:

  1. Allen voran ist der Siedlungsbau zu nennen, zu dem wir der Einfachheit alles zählen, was der Mensch an Gebäuden und Verkehrswegen für Wohnen, Arbeiten, Leben baut.
  2. Zweiter großer Flächenkonkurrent ist traditionell die Landwirtschaft, die Flächen besetzt, um Nahrungs- und Futtermittel sowie zunehmend sogenannte Energiepflanzen anzubauen.
  3. Mit dem Vormarsch der Erneuerbaren Energien kommt ein dritter Player ins Spiel, der Flächen für sich beansprucht, um darauf Anlagen zur Erzeugung der Erneuerbaren (Wärme, Strom) zu installieren.

Dabei geht um Flächen, die bereit von uns Menschen genutzt werden oder wurden ebenso wie um Freiflächen, die wir der Natur abknapsen. Letzteres vor dem Hintergrund, dass wir als eine Maßnahme gegen den Klimawandel soviel natürliche Flächen wie möglich erhalten müssen. Und wo wir schon vom Klimawandel schreiben: Der bewirkt unter anderem, dass unsere verfügbaren Flächen teils nicht mehr dafür genutzt werden können, wofür wir sie traditionell nutzen. Die Menge unseres fruchtbaren Bodens (Flächennutzer: Landwirtschaft) nimmt klimawandelbedingt ab. Und so kommt es auch zu Interessenskonflikten beziehungswiese Flächennutzungskonflikten.

Wie viel Fläche haben wir eigentlich?

Schauen wir einfach mal von oben aufs Land:  Das Umweltbundesamt (UBA) bezifferte die von Deutschland nutzbare Fläche im Jahr 2019 auf 357.581 Quadratkilometer (km²). Dazu gehören

  • landwirtschaftlich genutzte Flächen,
  • Waldflächen,
  • Siedlungs- und Verkehrsflächen (sogenannte SuV-Flächen, darunter Flächen für Wohnen, öffentliche Zwecke oder Gewerbe, Erholungsflächen, Friedhöfe und Verkehrsflächen)
  • sowie Gewässer (Seen, Flüsse, Kanäle und nahe Küstengewässer).

Das amtliche Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS) der deutschen Bundesländer schlüsselt die Flächenanteile der genannten “Flächennutzer” noch konkreter auf: Demzufolge

  • hätten wir 50,7 Prozent der Gesamtfläche im Jahr 2019 landwirtschaftlich genutzt.
  • hätten Wälder und Gehölze gemeinsam 31,0 Prozent der Gesamtfläche eingenommen, davon seien 29,8 Prozent Waldflächen gewesen.
  • besetzten wir mit unseren Siedlungen und unserem Verkehr Ende 2019 14,4 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands.
  • habe der Flächenanteil der Gewässer 2,3 Prozent betragen.

Und weil wir nix an Flächen unterschlagen wollen: Die restliche Gesamtfläche, laut UBA „sonstige Flächen“ bildeten:

  • „Abbauland“ (Kies- oder Braunkohlengruben)
  • und „Unland“ (Felsen, ehemaliges Militärgelände oder ehemalige Abraumhalden, und seit 2016 auch ungenutzte Vegetationsflächen wie Heideland, Moore, Sümpfe, Gehölze und Gewässerbegleitflächen).

Gut, damit wissen wir, was wir an Fläche haben. Und auch, wie wir diese Fläche nutzen. Fehlt noch eine Bewertung der Dynamiken auf dem “Flächenmarkt”. Die liefert das UBA auch: Demnach verändern sich die pro Flächennutzer bezifferten Flächenanteile. So sinke der Anteil der landwirtschaftlichen Fläche vor allem im Umland städtischer Verdichtungsräume langsam. Während der von Siedlungen und Verkehr kontinuierlich steige. Das heißt, mit ihrem buchstäblichen Auftritt auf der Fläche verschärfen die Erneuerbaren Energieerzeuger einen ohnehin schon bestehenden Nutzungskonflikt.

Wie lässt sich die Flächenkonkurrenz für alle auflösen?

Die Antwort auf diese Frage könnte Bücher füllen. Ginge es doch darum, zunächst einmal jeden Flächennutzer abzuklopfen und so aufzustellen, dass er allen Ansprüchen der Gesellschaft an das WIE er seine Fläche nutzt, gerecht wird. Hinzu käme, zu prüfen, ob es Möglichkeiten zur Mehrfachnutzung einer Fläche gibt – sowohl von einem Flächennutzertyp als auch von mehreren.

Die Erneuerbaren haben inzwischen bewiesen, dass sie sich zur Doppelnutzung von Flächen durchaus eignen. Und zwar im Großen wie im Kleinen. Auf und an Gebäuden (Dachanlagen, Fassadenanlagen) ebenso wie auf Freiflächen. Studien haben das belegt.

Doppelnutzung von Flächen: Agri-Solarthermie

Schauen wir uns für den Anfang eine Form der Doppelnutzung einmal näher an! Eine Solarthermie-Großanlage, wie sie von Ritter XL Solar, der Großanlagensparte in unserem Unternehmen Ritter Energie, inzwischen landauf landab auf Freiflächen gebaut wurden und werden, lässt sich auf einer als landwirtschaftliche Nutzfläche ausgewiesenen Fläche so installieren, dass die Fläche immer noch landwirtschaftlich genutzt werden kann. Sowohl zum Anbau bestimmter Nutzpflanzen als auch als Weideland für Schafe oder gar Bienen. Entsprechend hohe Aufständerungen der Hochleistungs-Solarthermie-Kollektoren aus dem Hause Ritter Energie erlauben die Bewirtschaftung mit Landwirtschaftsnutzfahrzeugen oder die Beweidung mit Schafen.

Was ist Agri-Solarthermie (Definition)?

Der noch nahezu unbekannte Begriff Agri-Solarthermie setzt sich analog zum Begriff Agri-Photovoltaik, der längst etabliert ist, aus “Agri” und “Solarthermie” zusammen. “Agri” kommt aus dem Lateinischen: “ager” bedeutet “Feld, Acker”. In Wortzusammensetzungen lässt sich “Agri” auch mit “landwirtschaftlich” übersetzen. Solarthermie meint sowohl die thermische Energie der Sonne (Solarwärme) als auch die Technologie und Technik, mit der sich Solarenergie (Sonnenstrahlung) sammeln und in nutzbare Wärme umwandeln lässt.

Demzufolge ist Agri-Solarthermie “landwirtschaftliche Solarthermie”. Wir führen den Begriff hier einfach mal ein, um frei aufgestellte Anlagen zur Solarwärmeerzeugung (Solarthermie-Anlagen, STA) zu beschreiben, die auf einer Fläche (Acker, Feld, Weide) installiert werden, die sich trotz dieser “technischen Bebauung” noch immer landwirtschaftlich bewirtschaften lässt. Solche Solarthermie-Anlagen auf Freiflächen nennt man auch Freiflächen-Anlagen (FF-STA) oder Offenland-Anlagen.

Agri-Solarthermie lässt sich demnach durchaus als ein Konzept zur Doppelnutzung von Flächen definieren.

Was ist Agro-Solarthermie, was ist Agrar-Solarthermie?

Ähnlich wie für die Photovoltaik schon gängig, wären für die Agri-Solarthermie auch die Bezeichnungen Agro-Solarthermie und Agrar-Solarthermie denkbar. Allerdings hätte die erstgenannte Alternative aufgrund der inhaltlichen Nähe zum Begriff “aggro” wie aggressiv einen negativen Beigeschmack und die zweite Alternative würden nur wir Deutschsprachigen verstehen.

Foto (Titel): Ritter XL Solar / Ritter Energie (unsere Großanlage in Gimbweiler)