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Zwischen Digitalisierung und Digitalität – so tickt das deutsche Handwerk (1)

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Die Digitalisierung hat längst alle Bereiche unseres Alltags erfasst. Immer mehr Analoges wird in Digitales umgewandelt, also digitalisiert: Wissen ebenso wie Vorgehensweisen (Prozesse). Laut dem aktuellen Digitaliserungsindex, den die Deutsche Telekom für 2019/2020 bereits zum vierten Mal hat erheben lassen, machen sich auch immer mehr Handwerksbetriebe die Digitalsierung zunutze. Der Status Quo der Digitalisierung im Handwerk betrage hierzulande 57 von 100 erreichbaren Punkten. Wir beantworten in Teil 1 dieser kleinen Artikelreihe Fragen wie “Was bringt Digitalisierung dem Handwerk(er)?” und “Wie digital tickt das deutsche Handwerk inzwischen?”

Digital, digital, digital. Alle machen mit und sind dabei, ihre Betriebe zu digitalisieren. Auch das Handwerk: Dazu zählen in Deutschland etwa 554.000 Betriebe aus Branchen wie dem Bau-, Lebensmittel-,
Gesundheits- oder Dienstleistungsgewerbe. Nicht zu vergessen die industrienahen Unternehmen. Alle zusammen hätten laut dem Statistischem Bundesamt (Destatis) im Jahr 2017 etwa 574 Milliarden Euro Umsatz gemacht.

Doch während die einen gerade mal Online-Konfiguratoren, Online-Terminplaner, 3D-Drucker oder Apps fürs Bestell- und Auftragswesen in den Handwerksalltag integrieren, machen sich andere darüberhinaus auch schon Technologien der Robotik und der Künstlichen Intelligenz zunutze. Und wieder andere Handwerker denken sogar noch weiter: an Digitalität.

Digitalisierung_Bauhandwerk

Wir wollen euch zum einen Überblick über den aktuellen Status Quo zur Digitalisierung im Handwerk liefern (Teil 1 dieser Artikelreihe) und zum anderen einen Ausblick auf die Zukunft wagen: Denn Digitalisierung, die sich eher auf die Technik bezieht,  allein ist nicht alles. Gerade im Handwerk ist künftig Digitalität gefragt, die als Balance zwischen analog und digital zu verstehen ist. Digitalität ist weitergedachte und weitergemachte Digitalisierung. Denn Digitalität verbindet Mensch und Technik, sie vernetzt Digitales mit Analogem, mit Tradition und mit Innovation. Sie ist kein Ziel, sondern der Weg, sie ist Einstellung und Haltung. Doch im zweiten Teil der Reihe mehr.

Jetzt geht es uns erst einmal darum, zu schauen, wie weit die Digitalisierung im Handwerk bereits vorangeschritten ist. Dazu werfen wir einen Blick in den eingangs erwähnten “Digitalisierungsindex Mittelstand 2019/2020”, den techconsult im Auftrag der Deutschen Telekom ermittelte. Der ergab, dass im Vergleich zum Jahr 2018 im Berichtsjahr 2019 weitere Handwerker Maßnahmen zur digitaen Transformation ihrer Betriebe ergriffen hätten. Der Index stieg um einen Prozentpunkt auf 57 von 100 erreichbaren Punkten. Wobei 100 Punkte bedeuten würde, dass ein Betrieb sämtlichen digitalen Handlungsfeldern die höchste Relevanz zugeordnet hätte und dabei maximal zufrieden mit der eigenen Umsetzung gewesen wäre.

Im Digitalisierungsindex, das 13-seitige Paper dazu könnt ihr hier kostenlos downloaden, heißt es, dass Handwerksbetriebe wichtige Innovationstreiber seien. Zum Beispiel, weil sie Produkte individuell fertigen oder ihren Service auf die Bedürfnisse des Auftraggebers ausrichten würden. Anders als
größere Unternehmen könnten Handwerksbetriebe außerdem schneller auf Kundenwünsche
reagieren.

43 Prozent der deutschen Handwerker digitalisieren strategisch

Ein wichtiges Ergebnis der Erhebung: 43 Prozent der deutschen Handwerksbetriebe hätten Maßnahmen zur Digitalisierung im Handwerk aktiv in ihre Strategie implementiert. Und weitere 38 Prozent würden demnach die Umsetzung einzelner digitaler Projekte gerade ankurbeln.

Für den „Digitalisierungsindex Mittelstand 2019/20“ wurden die Transformationsfortschritte der Unternehmen auf vier Handlungsfeldern untersucht:?

  • Beziehung zu Kunden
  • ?Produktivität im Unternehmen
  • Digitale Geschäftsmodelle
  • IT-Sicherheit und Datenschutz

Woebi IT-Sicherheit und Datenschutz die Agenda im Handwerk domieren würden. Da habe diese Gründe: Um Cyberattacken zu vermeiden, würden sich die Betriebe zunehmend um eine sichere IT kümmern. Dies schlage sich im Indikator für IT-Sicherheit nieder, der mit 65 Punkten (zwei Punkte mehr als im Jahr 2018) deutlich über den anderen Indikatoren liege.
Überdies stelle die Nähe zu den Kunden ein wichtiges Qualitätsmerkmal für das Handwerk dar. Dies betreffe die lokale Nähe wie die Praxisnähe der angebotenen Lösungen. Als Wachstumstreiber
hätten sich zudem die Kundenbeziehungen erwiesen, die im Gesamthandwerk im Vergleich zum Vorjahr einen Punkt zulegen konnten. Die Indikatoren „Produktivität“ und „Digitale Geschäftsmodelle“
blieben dagegen auf dem Vorjahresniveau. Dies bedeute laut den Analysten von techconsult jedoch
keinen Stillstand. Denn allein um das Niveau zu halten, müssten digitale Vorhaben vorangebracht werden.

Digitalisierung_deutsches_Handwerk_Bauhandwerker

 

Weitere Ergebnisse aus dem Bauhandwerk

Das Bauhandwerk, zu dem auch die SHK-Handwerker und Solarteure zählen, erzielte einen Digitalisierungsindex von 52 Punkten. Hier hätten die Verantwortlichen ihre Digitalprojekte vorrangig
in den Bereichen „Kundenbeziehungen“ und „Produktivität“ umgesetzt. Die zugehörigen Indizes lägen jeweils bei 51 Punkten. Besonders hervorzuheben sei der Index für IT-Sicherheit mit 61 Punkten.

Digitalisierung im Handwerk: Firmenseite im Internet

Eine klassische Firmenwebsite mit Angaben zum Unternehmen und zum Produkt-/Leistungsangebot hätten laut dem “Digitalisierungsindex Mittelstand 2019/2020” bereits 46 Prozent der deutschen Bauhandwerker gut umgesetzt, 38 Prozent würden demnach derzeit daran arbeiten. 48 Prozent der befragten Bauhandwerker würden auf ihrer Website E-Mail- oder Kontaktformulare anbieten. Wobei sich noch nicht alle Webseiten optimal mit mobilen
Endgeräten nutzen ließen: Denn erst 30 Prozent der Bauhandwerker hätten ein so genanntes responsives Webdesign berücksichtigt. 32 Prozent der Bauhandwerksbetriebe würden ihren Kunden anbieten, Termine online zu buchen – dies erspare zeitaufwändige Absprachen und Telefonate. 28 Prozent der Betriebe hätten den Einsatz solcher Online-Buchhungsmöglichkeiten in Zukunft geplant.

Digitalisierung im Handwerk: Kundenansprache online

Kundenansprachen online über die klassische Website, aber zunehmend auch über Social-Media-Kanäle, besäßen für das
Handwerk große Bedeutung, heißt es im Bericht zum Index weiter. Inzwischen würden 31 Prozent der Bauhandwerksbetriebe ihren Auftritt in sozialen Netzwerken erfolgreich umsetzen. Weitere 28 Prozent arbeiteten noch daran. Und 28 Prozent nutzten soziale Medien für Kommunikation und Werbung. Alles in allem hätten 83 Prozent der Befragten agegeben, dass sich dies positiv auf die
Umsatzentwicklung auswirke. Bei 76 Prozent diene das zur erfolgreichen Kontaktanbahnung.
Neben der Ansprache über soziale Kanäle ließen sich Kunden mit einem Online-Konfigurator stärker in Planungsprozesse einbinden. So könnten die Handwerker Produkte nach individuellen Vorstellungen und Wünschen erstellen. Vor allem bei einer Vielzahl möglicher Produktvarianten und Komponenten lasse sich damit gleichzeitig
der Aufwand für die Handwerksbetriebe verringern. Allerdings hätten erst 16 Prozent der Betriebe ein solches Tool im Einsatz. Weitere 26 Prozent sähen darin großes Potenzial und planten den Einsatz.

Digitalisierung im Handwerk: Mobile Apps im Alltag

In 47 Prozent der Bauhandwerksbetriebe könnten die
Mitarbeiter von unterwegs aus auf Kommunikationsanwendungen wie E-Mail, Kalender- und Konferenzlösungen zugreifen. 31 Prozent
der Befragten wollten einen solchen mobilen Zugriff künftig ermöglichen. Darüber hinaus würden 31 Prozent der Betriebe den mobilen Zugriff auf Geschäftsanwendungen wie etwa die Auftragsverwaltung realisieren. Dabei würden Cloudlösungen eine wichtige Voraussetzung
für mobiles Arbeiten darstellen. 35 Prozent der Handwerksbetriebe nutzten bereits Anwendungen aus der Cloud, weitere 32 Prozent gaben an, in
Kürze nachzuziehen.

Digitalisierung im Handwerk: Digitales Bautagebuch

Apps würden laut dem “Digitalisierungsindex Mittelstand 2019/2020” die Effektivität der Handwerksarbeit steiegern und seien daher bei vielen Bauhandwerksbetrieben im Einsatz. 32 Prozent der Handwerker nutzten demnach eine App
zur Zeiterfassung. Auf eine mobile Anwendung zur Tourenplanung bauten 20 Prozent der Befragten. Den schnellen Weg zum Informationsaustausch
über geschäftliche Messengerdienste hätten
23 Prozent bereits eingeschlagen. Weitere 20 Prozent würden konkret darüber nachdenken.
Darüber hinaus gebe es branchenspezifische Lösungen, die Handwerksbetriebe
produktiver machten: Das Bautagebuch zum Beispiel halte den Baufortschritt fest, darunter alle geplanten und erbrachten Leistungen sowie die benötigten Materialien. 24 Prozent der Handwerker
setzten bei der Dokumentation bereits auf solche digitale Lösungen. Weitere 32 Prozent planten, ein digitales Bautagebuch in Zukunft zu nutzen. Hinzu komme: Zwölf Prozent der Betriebe nutzten Building
Information Modeling (kurz BIM) für die Bauwerksdatenmodellierung. Dies lasse bereits vor dem Bau digitale Simulationen zu, was Fehlplanungen vermeide.

Digitalisierung_KI_Robotik

KI und Robotik im deutschen Handwerk

Künstliche Intelligenz eröffne dem Handwerk viele Chancen – das hätten 76 Prozent aller befragten Handwerksbetriebe angegeben. Für 28 Prozent
liege darin sogar großes bis sehr großes Potenzial.  Die tatsächliche KI-Nutzung hingegen befindet sich noch auf niedrigem Niveau, heißt es im “Digitalisierungsindex Mittelstand 2019/2020” weiter.  Erst sechs Prozent der Handwerksbetriebe würden  entsprechende Anwendungen verwenden. Allerdings verfolgten 24 Prozent der Betriebe konkrete Pläne für
den KI-Einsatz innerhalb der nächsten zwei Jahre.

Was bringt Digitalisierung

Fazit: Das bringt Digitalisierung im Handwerk

?Dank Digitalisierung hätten

  • 50 Prozent der befragten Handwerksbetriebe ihre Service- und Produktqualität erhöhen können.
  • 55 Prozent der Betriebe ihre Prozesse vereinfachen können.
  • 47 Prozent positive Auswirkungen auf den Umsatz bestätigen können.
  • 53 Prozent eine höhere Kundenzufriedenheit bemerken können.
  • 51 Prozent die Neukundengewinnung verbessern können.

Demnach rechne sich die digitale Transformation. Und die Zufriedenheit mit dem Erreichten gehe dabei mit dem digitalen Reifegrad der Unternehmen einher. Je höher der Digitalisierungsgrad ausfiele,
desto zufriedener hätten sich die Unternehmen mit ihren Ergebnissen geäußert.

Ganz klar, ohne Digitalsierung geht es auch im deutschen Handwerk nicht. Doch was ist ist mit dem handwerklichen analogen Wissen und Können, dass auf Traditionen fußt, die Jahrhunderte zurückreichen und immer weiterentwickelt wurden? Das gucken wir uns im zweiten Teil dieser Artikelreihe näher an, wo es um die Digitalität geht. Bleibt dran!

Grafiken: Screenshots aus dem “Digitalisierungsindex Mittelstand 2019/2020