Wärmepumpen_Niedertemperatur-ready

Ernüchternde Studie zum Wärmepumpenboom in deutschen Gebäuden

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Wärmepumpenboom: Erst die Hälfte der Gebäude in Deutschland ist Niedertemperatur-ready und damit vorbereitet für den Einbau einer effizient arbeitenden Wärmepumpe. Grafik: VDPM

Umweltwärme als Wärmequelle soll eine der Säulen der künftigen deutschen Wärmeeversorgung werden. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte Anfang März zum Ausbau erneuerbarer Ernergien: “Ab 2024 werden wir jedes Jahr 500.000 neue Wärmepumpen installieren.” Doch damit es mit dem Wärmepumpenboom auch klappt, brauchen viele deutschen Gebäude noch den passenden Wärmeschutz. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Instituts für Energie und Umweltforschung (ifeu, Heidelberg) und des Forschungsinstituts für Wärmeschutz (FIW, München) im Auftrag des Verbands für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM, Berlin).

Wärmeschutz und Wärmepumpen seien gemeinsam viel effizienter als jede Technologie für sich. Kombiniert trügen sie dazu bei, die elektrische Energie effektiver zu nutzen, mit gedämmten Gebäuden den Heizwärmebedarf zu senken und auch das Stromnetz zu entlasten. Das erklärt ifeu-Geschäftsführer Dr. Martin Pehnt.

Wärmepumpenboom brauchen Wärmeschutz: Erst die Hälfte deutscher Gebäude ist Niedertemperatur-ready

Wärmepumpen arbeiten am effizientesten mit niedrigen Vorlauftemperaturen (unter 55 °C) in gut gedämmten Gebäuden. In ungedämmten Häusern brauche es leistungsstärkere, teurere Geräte mit höherem Stromverbrauch, heißt es in der zugehörigen Pressemitteilung des VDPM. Professor Dr. Andreas Holm, Institutsleiter FIW erklärt dazu, dass die Bundesregierung anstrebe, dass ab dem Jahr 2024 jährlich 500.000 neue Wärmepumpen eingebaut werden. Aber erst die Hälfte aller Gebäude in Deutschland sei bisher auf den Einsatz dieser Umweltwärmeheizungen vorbereitet, also Niedertemperatur-ready.

Holm weist darauf hin, dass das sorglose Einbauen von Wärmepumpen in ungeeignete Gebäude nicht nur hohe laufende Kosten nach sich ziehe, sondern auch die Stromerzeugung, die Stromnetze und damit die Umwelt überlaste. Deshalb werde der Einbau von Wärmepumpen in ungeeignete Gebäude seit 2023 richtigerweise auch nicht mehr staatlich gefördert.

Einleuchtend dürfte demnach sein, dass die extrem gestiegenen Energiepreise Besitzer gedämmter Gebäude weniger betreffen würden. Aus Sicht des VDPM sei darüber hinaus eine differenzierte Betrachtung in der Argumentation des Fachhandwerks gegenüber dem Hausbesitzer nötig.

VDPM-Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Joachim Riechers sagte gegenüber der Presse, dass sein Verband den Wärmeschutz nie als Selbstzweck gesehen habe. Die Wärmedämmung sei immer das Mittel zum Zweck gewesen. Mit Hilfe der Wärmedämmung würden Gebäude Niedertemperatur-ready und der Einsatz von Wärmepumpen werde sinnvoll. Diese Botschaft müsse an die Hausbesitzer klar kommuniziert werden, fordert Riechers, anderfalls wachse mit den hohen Stromkosten einer Wärmepumpe im ungedämmten Haus der Frust der Besitzer.

Laut Peter Mellwig, der die Studie beim ifeu betreut hat, sei noch ein Aspekt wichtig: Das oft empfohlene Vergrößern von Heizkörpern könne zum Erreichen der Niedertemperatur-Readiness zwar vorübergehend helfen. Aber es senke nicht den Heizwärmebedarf. Für die langfristigen Gebäudeziele wäre es besser, von vornherein in einen ausreichenden Wärmeschutz statt in überdimensionale Heizkörper zu investieren.

Gedämmte Gebäude senken Strom-Spitzenlast

Die Experten von ifeu und FIW untrsuchten auch, wie sich ein verstärkter Wärmeschutz auf das Energiesystem und die Netze auswirkt. Das Ergebnis: Bis zu sechs Millionen neue Wärmepumpen, 15 Millionen Elektroautos und eine Million Ladepunkte bis 2030 würden den Strombedarf Deutschlands deutlich nach oben treiben. Zu große Spitzenlasten vor allem in der kalten Jahreszeit könnten das lokale Stromnetz überlasten. In der Studie heißt es, dass gedämmte Gebäude die Strom-Spitzenlast im Winter um den Faktor 2 bis 3 senken würden. Sie trügen damit nicht nur zur Netzstabilität bei, sondern reduzierten auch die benötigten Netzkapazitäten deutlich.

Dr. Riechers ergänzte dazu, dass die Bundesnetzagentur (BNetzA) mit ihrem Vorschlag zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (§14a) eine klare Ansage gemacht habe. Als große Stromverbraucher sollten Wärmepumpen demnach zur Verhinderung von Netzausfällen künftig zu Spitzenzeiten abgeregelt werden können, was – wie die vorliegende Studie zeige – eben dann am besten ginge, wenn die Gebäude mindestens Niedertemperatur-ready seien. Besitzer gedämmter Häuser bräuchten sich bei einem temporären Abschalten oder einem Stromausfall keine Sorgen zu machen, weil es kaum Wärmeverluste gebe und der Temperaturabfall nicht spürbar sei. Ungedämmte Häuser dagegen würden sehr viel schneller auskühlen und müssten dann – abgesehen vom massiven Komfortverlust – mit viel Energieaufwand wieder aufgeheizt werden.

Verband fordert Wärmeschutz-Offensive für Wärmepumpenboom

Immer mehr Hausbesitzer würden der Pressemeldung des VDPM zufolge einen Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen leisten wollen. Auch hier lasse sich argumentativ aufsetzen. Die an der VDPM-Studie beteiligten Wissenschaftler sagten ganz klar, dass ein guter Wärmeschutz unverzichtbar fürs Erreichen der Klimaschutzziele im Gebäudesektor sei. Je entschlossener der Wärmebedarf gesenkt werde, desto wahrscheinlicher und einfacher werde die Dekarbonisierung des Gebäudesektors. Gerade in Kombi mit Wärmepumpen böten gedämmte Gebäude jene wesentlichen Vorteile, ohne die die gesamte Zielerreichung aufs Spiel gesetzt werde. Deshalb bräuchte Deutschland schnell eine Wärmeschutz-Offensive! Klar sei demnach auch: Selbst wenn mangels Alternativen ein Gebäude weiter mit Heizgas oder Heizöl beheizt werden müsse, sei die Wärmedämmung der Schlüssel, die CO2-Emissionen entscheidend zu senken.

Über die VPDM-Studie zum Wärmepumpenboom

Die VDPM-Studie „Wärmeschutz und Wärmepumpe – warum beides zusammengehört“ könnt ihr kostenlos von der Internetseite des VDPM www.vdpm.info herunterladen. 

Grafik: VDPM