Peter-M. Friemert von der ZEBAU GmbH Hamburg im Interview

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Deutschlands Energieberatungsagenturen im Gespräch: Unser heutiger Interviewpartner ist Dipl.-Ing. Architekt Peter-M. Friemert, Geschäftsführer der ZEBAU GmbH Hamburg.

Die ZEBAU GmbH steht nach eigenen Angaben “als halböffentliche, unabhängige Netzwerkstelle in Norddeutschland für gebündeltes Wissen rund um Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Bauen und bewegt sich zwischen Politik und Verwaltung, Wissenschaft und Forschung, Planung und Bauausführung. Sie arbeitet für die öffentliche Hand und die Privatwirtschaft und ist das Bindeglied zu Lehre und Forschung der Hamburger Hochschullandschaft”.

Im Jahr 2000 gründeten drei Hamburger Hochschulprofessoren und Hochschulen die ZEBAU GmbH, die heute 18 Mitarbeiter hat: Experten unterschiedlicher Fachrichtungen (Architektur, Stadtplanung, Bauingenieurswesen, Maschinenbau, REAP und Umweltwissenschaften).

Energieberatung in Hamburg

Doreen Brumme für Ecoquent Positions: Könnten Sie uns kurz einen Überblick über das „Energieland“ Hamburg geben? Gibt es vielleicht sogar Zahlen, wie weit Hamburg bei der Energiewende ist und wie hoch der Anteil an Erneuerbaren derzeit ist?

Dipl.-Ing. Architekt Peter-M. Friemert, ZEBAU-Geschäftsführer: Ein Stadtstaat wie Hamburg hat naturgemäß keine großen Spielräume für den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Natürlich ist der gegenwärtige Anteil der Erneuerbaren Energien gemessen am Bedarf Hamburgs noch viel zu gering. Da ist großes Entwicklungspotential zu schöpfen, das ist auch allen in Hamburg gegenwärtig, jedoch wird Hamburg nie an den Größenordnungen benachbarter Flächenländer gemessen werden können.

Dennoch sollte man nicht unterschätzen, dass integrale Planung auch in städtischen Verdichtungsräumen zu erstaunlichen Ergebnissen führen kann. Betrachten Sie die erfolgreiche IBA Hamburg 2013 mit den ehrgeizigen Zielen. Dort wird im Kontext des “erneuerbaren Wilhelmsburg” eine vollständige elektrische Selbstversorgung bis 2030 avisiert. Wenn die Wärmeversorgung aus lokalen Ressourcen bis 2050 tatsächlich 85 Prozent erreichen sollte, ist der Beleg erbracht, dass nachhaltige Stadtentwicklung (hier für rund 73.000 Einwohner) auch die Zukunftsprobleme der Energiewende zu lösen versteht. Die ersten realisierten Projekte des Energiebunkers (siehe Foto – Anmerkung der Redaktion) und weiterer Objekte zeigen eindrucksvoll, was heute schon geht. Wir sind also auf einem guten und praktischen Weg für die Energiewende in einem Teil Hamburgs.

Energiebunker Hamburg-Wilhelmsburg im März 2013
Energiebunker Hamburg-Wilhelmsburg im März 2013.

Ecoquent Positions: Die Stromdebatte ist in vollem Gange. Über Wärme, welches meist den größeren Brocken der Energierechnung ausmacht, spricht jedoch niemand. Wie sehen Sie dieses Problem?

Dipl.-Ing. Architekt Peter-M. Friemert: Die ZEBAU ist seit ihrer Gründung eng mit dem Thema des baulichen Wärmeschutzes verbunden. Ob es die Altbaumodernisierung oder der Neubau ist, wir alle haben mit der notwendigen Energieeffizienz im Gebäudesektor eine Herkulesaufgabe vor uns. Während sich im Neubaubereich allein durch gesetzliche Regelungen bis 2020 der Effizienzstandard bis zum Effizienzhaus mit geringsten Verbräuchen oder sogar zum “Plus” entwickelt, benötigen wir für den Bestand andere Anreizmodelle. Und vor allen leiden wir in letzter Zeit unter einer leidigen und zuweilen unsachlichen Debatte um den Sinn von Gebäudedämmung. Als ob eine vermiedene Kilowattstunde nicht besser wäre als dessen Bedarfskompensation durch Erneuerbare – wenn wir diese denn auch ausreichend in Großstädten hätten…

Ich würde mir wünschen, dass wir alle zurückfinden zum ursächlichen Thema: Wie können wir unseren täglichen Energiehunger begrenzen und unsere Ressourcen schonen?
Von besonderer Bedeutung ist in Hamburg natürlich die aktuelle Diskussion um den Rückkauf der Netze durch die Freie und Hansestadt Hamburg. Vor dem Hintergrund einer besseren Kontrolle der Wärmeversorgung und der sich daraus ableitenden Preise entbrennt die Diskussion um die Notwendigkeit einer staatlichen Mehrheitseigentümerschaft für eine wirksame Kontrolle des Marktes. Welchen Ausgang der für Herbst vorgesehene Volksentscheid nimmt, bleibt abzuwarten.

Ecoquent Positions: Welche Kunden kommen zu Ihnen und wie wird geholfen? Eher Haushaltskunden oder auch Industrie?

Dipl.-Ing. Architekt Peter-M. Friemert: Seit dem 01.01.2013 hat eine mehrjährige Kooperation mit der Handwerkskammer Hamburg ihren Anfang gefunden: Unter dem Titel “Gemeinsam für mehr Energetische Gebäudesanierung in Hamburg” setzen beide Seiten zunächst bis Ende 2015 eine Offensive für Energieberatungsleistungen und Informationsveranstaltungen für alle Beteiligten vom privaten Haushaltskunden bis zu Expertenkreisen um. Die Industrie ist hinsichtlich des Beratungsangebotes durch die Handelskammer angesprochen und kommt im Einzelfall auch auf uns zu. Die Hamburger Industrie hat jüngst einen Umweltpakt mit der Freien und Hansestadt Hamburg geschlossen, um bis 2018 jährlich weitere 180.000 Tonnen CO2 einzusparen. Das wird auch mehr Beratung durch uns bedürfen, um mit Potentialanalysen die Energieeffizienz zu ermitteln.

Ecoquent Positions: Welche Heizmöglichkeiten beraten Sie am häufigsten? Worauf sollten Sanierer und Neubauerrichter besonders achten?

Dipl.-Ing. Architekt Peter-M. Friemert: Wir achten als beratende halböffentliche Einrichtung zunächst einmal auf neutrale und unabhängige Beratung. Natürlich richten sich die Fragen der Hauseigentümer im Bestand zuerst nach der Erneuerung bestehender Heizanlagen unter Beibehaltung vorhandener Medienversorgung. Also sind Gas- und Ölabnehmer die am Markt verbreitetsten Kundengruppen. Aber auch innovative Systeme wie BHKWs oder Geothermienutzung werden nachgefragt. Die Eisspeichertechnologie, wie beim jüngst vom Eisenbahnbauverein in Harburg realisierten Wohnprojekt, erweckt in der Wohnungswirtschaft reges Interesse. Im Neubau sind es Wärmepumpentechnologien und deren Verbindung mit Solarthermie und/oder Photovoltaik. Auch hier haben die Projekte der IBA Hamburg 2013 neue Impulse in der Region gesetzt. Achten sollten dabei alle auf die Folge- und Betriebskosten der Folgejahre. Darin liegt oftmals der wahre Kostenblock und das Einsparpotential. Planung und Bauausführung sollten qualitätsgesichert sein, denn die Fehlerquote ist nach neuesten Erkenntnissen leider noch erschreckend hoch.

Ecoquent Positions: Wie schätzen Sie die Entwicklung der Solarthermie für die nächsten Jahre ein?

Dipl.-Ing. Architekt Peter-M. Friemert: Solarthermie wird eine wichtige Rolle in der Wärmeversorgung spielen, auch wenn die Förderung sowohl auf Landes- wie auch auf Bundesebene heruntergefahren wurde. Solarthermie wird einen festen Platz im Reigen erneuerbarer Energien finden. Diese Technologie hat sich bewährt und ist vor allem an Zuverlässigkeit kaum zu schlagen.

Ecoquent Positions: Was müsste für eine Entwicklung ähnlich dem PV-Bereich passieren?

Dipl.-Ing. Architekt Peter-M. Friemert: Ich bin skeptisch, ob wir eine staatlich gelenkte Förder- oder Umlagenpolitik für bestimmte Technologien zwingend benötigen. An der Entwicklung im PV-Bereich können wir erkennen, welche Risiken in einer doch gut gemeinten Idee stecken. Heute hat die PV-Branche große Probleme und auch einige PV-Experten verdeutlichen wiederholt, dass sich eine Technologie allein durch Förderung nicht durchsetzen kann. Das sehe ich für die Solarthermie genauso. Die sinnvolle Verbindung mit weiteren Technologien wie Blockheizkraftwerken, zum Beispiel auf Biomassebasis oder Abwärmenutzung aus der Industrie sind interessante Wege für die Zukunft unserer Wärmeversorgung.

Vielen Dank, Herr Friemert, dass Sie Ecoquent Positions heute Rede und Antwort gestanden haben!

Fotos:
1) ZEBAU-Geschäftsführer Friemert im gespräch mit Senatorin Blankau: ZEBAU GmbH / Jens Gebhardt
2) Portraitfoto: Peter-M. Friemert
3) Energiebunker Hamburg-Wilhelmsburg: IBA Hamburg GmbH / Martin Kunze