Dettenhausen groesste Solarthermie-Dachanlage Ritter XL Solar

Coole Nahwärme spart fast ein Drittel Energiekosten!

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Dass Wärme aus grünen Wärmenetzen, nahen wie fernen, eine wichtige Rolle bei der künftigen Wärmeversorgung ganzer Kommunen spielen wird, ist inzwischen vielen klar. Denn der Vorteil grüner Wärmenetze ist der: Mit einem Schlag lässt sich die Wärmewende für alle jeweils angeschlossenen Haushalte vollziehen. Die bis zum Jahr 2045 geplante Dekarbonisierung der deutschen Wärmeversorgung, weg von fossilen Energiequellen hin zu regenerativen, braucht diese hohen Schlagzahlen – denn nur mit privat installierten Anlagen, Dach für Dach, kommt die Wärmewende zu langsam voran. Deutschland diskutiert seit Monaten hitzig über den besten Weg zur künftigen  Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien. Das Institut für Energie- und Umweltforschung mit Sitz in Heidelberg (ifeu) bringt mit einer Studie jetzt Abkühlung in die Debatte. Darin untersuchte es, wie das Konzept der Niedertemperatur-Heizungen Kommunen den Umstieg auf erneuerbare Nahwärme erleichtern könnte. Dank dessen ließe sich auf kommunaler Ebene Kurs Richtung Klimaneutralität nehmen, ohne die Verbraucher zu überfordern.

Das Städtchen Steinheim an der Murr bei Stuttgart zeige laut der zugehörigen Pressemeldung des ifeu, wie es gehe: Um von den alten Öl-Heizungen und alten Gas-Heizungen auf Wärmepumpen und Nahwärme umzustellen, unterstütze der Ort zunächst die Hausbesitzer mit einer Energieberatung, um dann ein Nahwärmenetz mit niedrigem Temperaturniveau aufzubauen.

Der Ausbau der Niedertemperatur-Wärme wie in Steinheim sei der richtige erste
Schritt, um die Wärmewende in den Kommunen umzusetzen. Das sagt Martin
Pehnt, Studienleiter und Geschäftsführer des ifeu. Die Kombi von
Temperaturabsenkung in einzelnen Gebäuden und dem folgenden Ausbau der
Fernwärmeversorgung, die auch von großen Wärmepumpen gespeist werde, sei in
Städten und Gemeinden ein neuer Weg, die Welt der öl- und gasgestützten
Heizungen zu verlassen.

Cooler heizen: Runter auf 55 Grad Celsius (°C)

Dazu müsse man dem ifeu zufolg wissen, dass ältere Heizsysteme in Europa üblicherweise oft mit Temperaturen von 70 °C und höher laufen würden. Das sei die Vorlauftemperatur (flow temperature). Diese hohen Temperaturen seien bei moderneren Heizungsanlagen jedoch nicht nötig: Sogenannte Niedertemperatursysteme würden demnach auch an den kältesten
Tagen des Jahres mit weniger als 55 °C heizen können. Oftmals reiche es dazu,

  • zu kleine Heizkörper gezielt auszutauschen.
  • Auch ein hydraulischer Abgleich des Heizkreises,
  • die Dämmung von Teilen der Gebäudehülle
  • oder der Austausch von alten Fenstern und Türen könnten laut ifeu helfen, die Vorlauftemperatur zu senken.

Das niedrige Temperaturniveau mache den Einsatz

  • von Wärmepumpen,
    Solarthermiekollektoren
  • und grüner Fernwärme

attraktiver und kostengünstiger, sagt Pehnt. Und sei der Umstieg auf niedrige Vorlauftemperaturen in den Häusern erst einmal geschafft, werde auch der Betrieb von Nahwärmenetzen deutlich günstiger: Niedertemperatur-Netze verlören dem Fachmann zufolge weniger Wärme und sparten so direkt Energiekosten ein.

Steinheim sollte Schule machen: mit seiner für Europa typischen Vorstadt-Struktur

Was das Viertel in Steinheim als Vorbild so attraktiv mache: Es sei wegen der dort
vorherrschenden Öl- und Gaskessel und seiner relativ dünnen Bebauung eigentlich nicht für den Ausbau der Fernwärme prädestiniert, erklärt Martin Pehnt. Die beratende Energieagentur Kreis Ludwigsburg hätte aber früh die Idee gehabt, eine kostengünstige und weitgehend auf Erneuerbaren aufbauende Versorgung mit Fernwärme anzubieten – das sei gut angekommen.

Denn gerade die Erfahrungen mit den enormen Energiepreissteigerungen bei Gas
infolge des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine hätten die Vorteile der Erneuerbaren vielen Menschen klar vor Augen geführt. Und das Niedertemperatur-Fernwärmenetz entlaste die Verbraucher von den Kosten und dem Aufwand, ihre Gebäude individuell umzurüsten.

Erst beraten, dann Fernwärme ausbauen

Damit aber auch alle ans Netz angeschlossenen Gebäude niedertemperaturfähig seien, würden zunächst Energieberatungen durchgeführt und Sanierungsfahrpläne erstellt. Dazu werde auch eine raumweise Heizlastberechnung erstellt. Bei Bedarf könnten die Verbraucher in den kommenden Jahren die Heizflächen vergrößern oder die Gebäudehülle besser isolieren. Dabei könne es ausreichen, zu prüfen,

  • welche Räume oft genutzt würden
  • und ob die Heizkörper dort ausreichten, den Raum zu beheizen.

Weil nicht alle Gebäude vom Start weg bereit für kühleres Heizen seien, werde die
Nahwärme zunächst mit 64 Grad betrieben und erst um 2030 herum auf 58 Grad gesenkt.

Coole Fernwärme senkt Energiekosten um fast ein Drittel

Der Erfolg: Im Schnitt würden die Wärmeverluste und damit die Energiekosten im Netz gegenüber 90°C-Systemen um 30 Prozent sinken.

Ebenfalls wichtig für den Erfolg: Eine professionelle Planung und eine städtische
Gesellschaft als Betreiber des Fernwärmenetzes, die nicht auf Gewinnmaximierung
setzt.

Steinheim: Role-Model für Europa

Die Erfahrungen etwa aus Steinheim könnten ein Role-Model für Gemeinden in
ganz Deutschland und Europa sein, erklärt Martin Pehnt. Die Erfolgsfaktoren für die
Wärmewende in den Kommunen würden für Gemeinden in ganz Europa und auch
für sehr viele Siedlungen in Deutschland gelten.

Seine Studie „Towards low flow temperatures: Making buildings ready for heat
pumps and modern district heat“ (auf Deutsch: „Richtung Niedertemperatur-Wärme: Gebäude fit machen für Wärmepumpen und moderne Nahwärmenetze“) hat das ifeu zusammen mit der NGO „The Regulatory Assistance Project“ (RAP) erstellt. Sie
sei von der European Climate Foundation gefördert worden und habe auch die Übertragbarkeit des Konzeptes der Niedertemperaturfähigkeit auf andere
europäische Mitgliedsstaaten und die Einbeziehung der Vorlauftemperatur in
Förderprogrammen, Informationsaktivitäten und rechtliche Instrumente untersucht.

Über die ifeu-Studie coole Nahwärme

Die ifeu-Studie über coole Nahwärme könnt ihr hier kostenlos aus dem Internet laden. Di PDF-Datei umfasst 42 Seiten.

Die Studie „Towards low flow temperatures: Making buildings ready for heat pumps and modern district heating“ beschreibt, wie das Konzept der Niedertemperaturfähigkeit (LT readiness) ein wichtiges Instrument sein könne, um sicherzustellen, dass Gebäude effizient beheizt würden, insbesondere mit erneuerbarer Wärme.

Die Studie untersuche die Vorteile von niedrigeren Vorlauftemperaturen für verschiedene Heiztechnologien, wobei der Schwerpunkt auf Wärmepumpen und Fernwärme liege, sowie die Hindernisse bei der Senkung der Vorlauftemperaturen in Heizungssystemen. Das Konzept werde anhand von zwei Fallstudien erforscht:

  1. Die erste Fallstudie befasse sich mit der Niedertemperaturfähigkeit aus der Perspektive einzelner Gebäude. Für vier typische deutsche Gebäude würden die erforderlichen Schritte berechnet, um sie LT-ready zu machen, und eine Sanierungsstrategie vorgeschlagen.
  2. Die zweite Fallstudie begleitee eine deutsche Stadt, die plane, ein Niedertemperatur-Wärmenetz zu entwickeln und 400 Gebäude LT-ready zu machen.

Schließlich werde untersucht, wie der Einsatz von Niedertemperaturheizungen mit einer Reihe politischer Instrumenten gestärkt werden könne. Darüberhinaus liefere sie eine kurze Bestandsaufnahme der aktuellen politischen Maßnahmen, die bereits LT-ready adressieren würden.

Foto: Doreen Brumme / Ritter XL Solar