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Der Mensch als Heizung – warum du frierst und wie du frierst

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In Teil 1 dieser Artikelreihe konntet ihr lesen, wie der Mensch als thermodynamisches System, sprich: als Heizung, funktioniert. Teil 2 hat euch gezeigt, welche Wärmemenge der Mensch als Heizung erzeugt. Im vorliegenden Teil 3 geht es vor allem ums Frieren. Wir erklären, wann wir frieren, wie wir frieren, warum wir frieren und wie die Körperheizung aufs Frieren reagiert.

Um das Frieren zu verstehen, müssen wir zunächst erklären, wie unser Temperatursinn funktioniert und wie wir damit Temperaturen und Temperaturveränderungen wahrnehmen.

Temperatursinn: So nimmst du Temperaturen wahr

Zwei Typen von Temperaturrezeptoren sitzen in unserer Haut und unseren Schleimhäuten:

  • Wärmerezeptoren (auch Warmrezeptoren)
  • und Kälterezeptoren (auch Kaltrezeptoren).

Die zugehörigen Sensoren registrieren ständig die Temperatur des Körpergewebes vor Ort. Die Freie Enzyklopädie Wikipedia beschreibt Thermorezeptoren als Endigungen von Nervenzellen, deren Zellkörper in den Spinalganglien / Ganglien der Hirnnerven konzentriert seien. Diese würden einerseits freie Nervenendigungen oberflächennah als Ausläufer in die Haut und andererseits zum Rückenmark aussenden, wo ankommende Signale auf weiterführende Nervenzellen umgeschaltet würden.

Demnach ließen sich in unseren Handflächen ein bis fünf Kaltpunkte pro Quadratzentimeter (cm2) finden. Warmpunkte gebe es allerdings nur 0,4/ cm2. Diese Punkte würden laut der Wiki dem rezeptiven Feld eines einzelnen Thermorezeptors entsprechen. Je nach Körperregion variiere die Dichte, also die Häufigkeit der Sensoren stark: So habe man auf den Lippen bis zu 20 Kälterezeptoren pro cm2). Wichtig: Die rezeptiven Felder von Kalt- und Warmrezeptoren würden sich der Wiki zufolge nicht überlappen.

Die Wärmerezeptoren agieren im Bereich 30 bis 44 Grad Celsius (°C) allein, die Kälterezeptoren bei Temperaturen unter 25 °C. Von 27 bis 33 Grad sind beide Rezeptortypen aktiv.

Die Arbeitsweise der Rezeptoren beschreibt die Wiki so: Herrsche eine stete Temperatur, würden die Warm- und Kaltrezeptoren eine bestimmte, konstante Zahl Aktionspotentiale (Impulse) erzeugen: die so genannte Spontanfrequenz. Ändere sich die Temperatur, würden die Rezeptoren die Impulsfrequenz zunächst sprunghaft auf einen Maximal-/Minimalwert ansteigen/abfallen lassen und dann auf einen neuen (höheren oder tieferen) Wert einpendeln.

Kaltrezeptoren würden demnach auf eine sinkende Temperatur mit einem sprunghaften Anstieg der Frequenz reagieren – und auf eine Erhöhung mit einem entsprechenden Abfall. Warmrezeptoren würden sich genau umgekehrt verhalten: Bei ihnen erhöhe sich die Spontanfrequenz parallel zur Zunahme der Temperatur, falle dann aber oberhalb eines Maximums wieder steil ab.

Die Wiki unterscheidet zudem sogenannte Hitzerezeptoren von den Kalt- und Warmrezeptoren, die erst bei Temperaturen über 43 °C, die als schmerzhaft empfunden würden, agierten.

Ganz spannend: Die Rezeptoren reagieren insbesondere auf Veränderungen der Temperatur: Das erklärt, warum wir beispielsweise in einem mit 21 °C angenehm warm beheizten Raum die Temperatur kaum wahrnehmen, solange sie konstant ist. Öffnen wir dagegen ein Fenster, merken wir unmittelbar, dass von draußen unangenehm Kälte in den wärmeren Raum eindringt. Das Empfinden einer bestimmten angenehmen Temperatur nehme demzufolge nach und nach ab, selbst wenn diese objektiv konstant bleibe (sensorische Adaptation). Obwohl die Rezeptoren weiterhin die „aktuelle Temperatur“ übermitteln würden, fände im Zentralnervensystem eine Anpassung an den Reiz statt. Unangenehme Temperaturen dagegen würden permanent als solche signalisiert.

Wann du frierst

Prof. Dr. Rainer Meyer von der Uni-Klinik Bonn erklärt hier, dass der Mensch am Rumpf bereits friere, wenn die Temperatur von 36 auf 33 °C falle. Die Hand dagegen friere erst, wenn die Temperatur von 25 auf 23 °C sinke. Für diesen Effekt gebe es dem Professor zufolge zwei Gründe:

  1. An der Hand sei das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen viel höher und damit die Abstrahlfläche für körpereigens erzeugte Wärme viel größer.
  2. Der Körper versuche, die Körperwärme in der Körpermitte zu halten (Zentralisierung des Kreislaufs). Wenn es draußen zu kalt sei, zögen sich die Blutgefäße in den Extremitäten zusammen. Das sei ein ganz wichtiger Effekt bei der Wärmeabgabe beim Frieren. Wenn das Blut ins Spiel komme, spiele jegliche Gefäßregulation eine Rolle dabei, wie stark man friere.

So führe niedriger Blutdruck beispielsweise dazu, dass die Extremitäten noch schlechter durchblutet würden, so dass die Hände noch kälter würden.

Warum Frauen eher als Männer frieren

Von niedrigem Blutdruck Betroffene würden demnach stärker als Personen mit hohem Blutdruck frieren. Das sei laut Professor Meyer auch ein Grund dafür, dass junge Frauen, die oft einen niedrigen Blutdruck hätten, häufiger und stärker frieren würden als Männer. Ein weiterer Grund dafür sei, dass Männer mehr Muskeln hätten als Frauen. Allein die Existenz von Muskeln koste schon Energie –selbst dann, wenn sie nicht benutzt würden, bräuchten Muskeln mehr Energie für die Aufrechterhaltung ihrer Struktur als beispielsweise Bindegewebe.

Außerdem spiele die Schilddrüse eine wichtige Rolle dabei, wie der Mensch Kälte empfinde. Sie bestimme, wie viel thermische Energie (Wärme) überhaupt in unserem Körper verfügbar sei. Eine gestörte Funktion der Schilddrüse führe dazu, dass Betroffene schneller frieren würden. Neben den Muskeln und der Funktion der Schilddrüse nennt Professor Meyer noch diese Ursachen für schnelles Frieren:

  • Konsum von Tabak oder Alkohol
  • Diäten
  • Hunger und Durst
  • Bewegungs-, Schlaf- oder Vitaminmangel
  • Stress
  • seelische Belastung
  • Außerdem gibt es Krankheiten, die manche Menschen schneller frieren lassen als andere.

Rüdiger Köhling vom Oscar-Langendoff-Institut für Physiologie an der Universitätsmedizin Rostock erklärt in der Online-Ausgabe der Apotheken-Umschau das unterschiedliche Frieren von Mann und Frau damit, dass bei Frauen der Kreislauf leichter zentralisiere, sodass die Extremitäten und besonders die Füße schneller auskühlten. Dafür könnten Frauen aber bei großer Kälte länger die Kerntemperatur aufrechterhalten. Vermutlich stecke da die Evolution in der Frühgeschichte des Menschen dahinter: Männer hätten Köhling zufolge beim Jagen kilometerweit Wild hetzen und dabei vor allem gut Wärme abführen können müssen. Deshalb würden sie weniger zentralisieren, vermehrt schwitzen und hätten ein vergleichsweise geringeres isolierendes Unterhautfettgewebe. Frauen hätten eher gesammelt und Kinder gehütet, deshalb sei ihr Körper auf Wärmeerhaltung optimiert.

Wie du frierst

Frieren ist dem Vorgeschriebenen nach Ausdruck der körpereigenen Wahrnehmung von zu viel Wärmeübertragung des Körpers an die kältere Umgebung. Es ist eine körperliche Reaktion darauf, mit der versucht wird, den wahrgenommenen Temperaturunterschied auszugleichen.

Auf die Signale der Temperaturrezeptoren reagiert das Gehirn, indem es den Körper veranlasst, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

  1. Den Extremitäten wird mit weniger Blut auch weniger Wärme zugeführt.
  2. Die Muskeln beginnen zu zittern. Mit den Zitterbewegungen erzeugen die Muskeln Wärme.
  3. Die Gänsehaut, bei der sich einem die Haare aufstellen, ist eine besondere Maßnahme aus Zeiten, wo der Mensch ein dichteres Haarkleid am ganzen Körper trug: Mit dem Aufstellen der Härchen entstand ein Luftpolster, das wärmedämmend wirkte.

So kannst du dich abhärten

Rüdiger Köhling zufolge könne man sich abhärten, also kälteunempfindlicher werden. Schließlich sei auch das Kälteempfinden eine Gewohnheitssache. Das Gefäßsystem lasse sich trainieren, zum Beispiel, mit Sport, Wechselbädern, Kalt-Warm-Duschen oder Saunabesuchen. Je besser die Durchblutungsregulation trainiert sei, desto besser könne sich die Haut anpassen. Außerdem werde das braune Fettgewebe stärker aktiviert, wenn wir uns öfter niedrigen Temperaturen aussetzen würden, sagt Köhling. Das habe die besondere Fähigkeit, Wärme zu erzeugen – entkoppelt von der Herstellung energiereicher Verbindungen mittels der sogenannten zitterfreien Wärmebildung. Bei Säuglingen spiele das eine große Rolle, weil sie schnell auskühlen könnten. Bei Erwachsenen ließe sich das braune Fettgewebe zum Beispiel noch im Schulter- und Nackenbereich finden. Wärmekameras hätten demnach gezeigt, dass bei Aufenthalten in der Kälte nachweislich an diesen Stellen Wärme erzeugt werde.

Foto: “Gänsehaut” (Titel) himberry/photocase