Projekt des Monats Mai 2020 Solarthermie für Zeltlager Strandläufernest auf Sylt Paradigma

Solarwärme fürs “Strandläufernest” auf Sylt – weil die Sonne keine Rechnung schickt!

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Unser Projekt des Monats Mai 2020 haben wir euch hier auf dem Blog bereits ausführlich vorgestellt. Auch den Solarteur, der die 48 m2 große Solarthermie-Anlage für das Zeltlager “Strandläufernest” auf Sylt gebaut hat, kennt ihr bereits: Timo Carstensen – unser Handwerker des Monats. Und die Klimaschutzmanagerin Annette Piening aus dem Klimaschutzbüro der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), die Träger des Camps ist, hat euch hier im Interview auch schon berichtet, warum die Nordkirche auf Solarthermie setzt. Heute soll noch Jobst-Hermann Ubbelohde zu Wort kommen: Er ist Architekt und Energieeffizienzberater der Nordkirche und betreut die energetische Sanierung des “Strandläufernest” von Anfang an.

Für unser Interview haben wir Jobst-Hermann Ubbelohde angerufen. Als er unseren Anruf entgegennahm, saß er gerade in seinem Auto auf dem Autozug, der auf die Insel Sylt fährt. Besser geht’s nicht, oder?

Jobst-Hermann Ubbelohde, warum haben Sie bei der energetischen Sanierung des “Strandläufernests” auf die Wärmequelle Sonne gesetzt?

Dipl.-Ing. (FH) Jobst- H. Ubbelohde, Architekt, Gebäudeenergieberater und Energieeffizienzberater im Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland: Das “Strandläufernest” ist Teil unserer kirchlichen Jugendarbeit. Wir laden im Sommer unsere in der Regel vierzehn- bis sechzehnjährigen Jugendlichen, meist Konfirmandengruppen, aus ganz Deutschland auf die Insel Sylt ein, um ihnen dort eine tolle Freizeit zu ermöglichen. Im Zeltlager sind im Sommer 100  Jugendliche gleichzeitig. Das Zeltlager ist demnach eine reine Sommergeschichte. Aus diesem saisonalen Nutzungsprofil resultiert ein spezifischer Energiebedarf: Wir brauchen im “Strandläufernest” im Sommer viel Warmwasser und etwas Heizungswärme, im Winter geht es nur um die Gewährleistung von Frostschutz.

Den Wärmebedarf zur Bereitstellung von Warmwasser haben wir drei Jahre lang genau erfasst, indem wir an den Warmwasser-Thermen für das Warmwasser der Dusche Zähler angebaut haben. Den Heizwärmebedarf haben wir auf die Fläche bezogen berechnet. Dabei haben wir den Kachelofen, der aus Gründen der Trägheit sowieso eher selten befeuert wurde, außer Acht gelasssen. Berücksichtigt wurde dagegen die im Rahmen der Sanierung erfolgte Gebäudedämmung mittels einer tieferen Holzrahmen-Konstruktion, die die Holztafelbauweise aus den 1960ern ersetzte, und und der daraus resultierende geringere Wärmebedarf.

Ziel der energetischen Sanierung war es, danach möglichst klimaneutral zu wirtschaften und das zu möglichst geringen Kosten. Deshalb wollten wir weg vom Flüssiggas und hin zu erneuerbaren Wärmequellen. Wobei deren Beschaffung für uns bei der Wahl auch eine Rolle spielt, denn je kürzer die Transportwege für die Energieträger sind, desto besser ist die Klimabilanz der Anlage am Ende. Gegen Holz als regenerativen Rohstoff zur Wärmeerzeugung sprach, dass sich das nicht in regionaler Qualität beschaffen lässt. Es gibt einfach kein Holz auf Sylt, die wenigen Kieferbestände auf der Insel stehen unter Schutz.

Anders ist es mit der Sonne auf Sylt: Der zumeist Westwind schiebt die Wolken so schnell über die schmale Insel hinweg, dass dort oft Sonne satt herrscht. Und nicht vergessen: Die Sonne strahlt ihre Energie gratis vom Himmel herab, sie schickt keine Rechnung. Das sind beste Voraussetzungen, um die Sonnenenergie vor Ort – regionaler geht es nicht! – zu sammeln und im “Strandläufernest” zur Warmwasserbereitung und zur Heizungsunterstützung zu nutzen.

Auch die neue Dacheindeckung haben wir unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit, insbesondere der regionalen Beschaffungsmöglichkeit, gewählt: Anstatt dafür ein Industrieprodukt von sonstwoher auf die Insel zu bringen, setzten wir auf “einheimische” Dachpappe, die wegen der Windlast nicht nur aufgeflämmt sondern zudem mit speziellen Dreiecksleisten befestigt wurde.

Warum haben Sie sich für eine Solarthermie-Anlage von Paradigma entschieden?

Ich bin jetzt seit gut zehn Jahren Energieeffizientberater der Nordkirche. Davor habe ich auch schon als Energieberater gearbeitet. Solarthermie kenne ich aus dem Effeff – schon vor vielen Jahren hatte ich mit einer Paradigma-Anlage zu tun.

Ausschlaggebend für unsere Entscheidung für die Sylter Anlage war einerseits die hohe Leistung, die die CPC-Vakuum-Röhrenkollektoren erbringen. Andererseits punktet eine Paradigma-Solarthermie-Anlage mit klarem Wasser als Solarflüssigkeit, was zu einem recht wartungsarmen Betrieb beiträgt. Sie müssen immerhin bedenken: Die Nordkirche ist für ein Gebiet verantwortlich, das von Greifswald im Osten bis nach Sylt im Nordwesten reicht. Dieses wird von Kiel aus betreut. Wir müssen uns bei Projekten wie die energetische Sanierung vom “Strandläufernest” auf die über eine lange Laufzeit zuverlässige und effiziente Qualität der Energie-Anlagen verlassen können.

Sie sind jetzt auf dem Weg zur Baustelle, um dort nach dem Rechten zu sehen?

Ganz genau. Ich möchte mir vor Ort ein Bild vom Fortschritt der Sanierungsmaßnahmen im “Strandläufernest” machen, von denen die Heizungssanierung ja nur ein Teil ist. Die Solarthermie-Anlage läuft inzwischen ja schon. Die von ihr erzeugte Solarwärme wird in der Pufferspeicherkaskade (drei Speicher á 1.000 Liter Fassungsvermögen) gepuffert.

Jetzt erwägen wir noch, eine Erdwärmeleitung von der Anlage zum 1.000 Liter fassenden Warmwasserspeicher im Waschhaus zu verlegen, um auch diesen Wasservorrat solar zu erwärmen. Dann kämen die beiden dort noch hängenden Gasthermen tatsächlich nur zum Einsatz, wenn ein sehr hoher Wärmebedarf anfällt (Spitzenlast).

Außerdem wollen wir noch Luftkollektoren installieren, um damit das Waschhaus zu belüften und somit der Bildung von Schimmel & Co. in den Feuchträumen vorzubeugen. Für diese weiteren Maßnahmen müssen jetzt aber erst einmal die staatlichen Zuschüsse beim BAFA beantragt werden – das muss ja immer vor Beginn der Baumaßnahme passieren.

Foto: Timo Carstensen