Subventionen für fossile Energien höher als für erneuerbare – warum eigentlich?

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Noch sei er gar nicht veröffentlicht, der Bericht des Umweltbundesamtes (UBA), der laut der Tageszeitung „Die Welt“ belege, der bereits ein exklusives Exemplar davon vorliege, dass der deutsche Staat im Jahr 2010 umweltschädliche Subventionen in neuer Rekordhöhe von rund 51 Milliarden Euro ausgegeben habe – dennoch steht damit wohl fest, dass das weit mehr staatliche Beihilfen als für erneuerbare Energien sind. Da fragt man sich doch: Warum?

Die klimakillenden Subventionen erhöhen sich der “Welt” zufolge von Jahr zu Jahr stetig: „von 42 Milliarden im Jahr 2006 über 48 Milliarden im Jahr 2008 (= laut UBA knapp ein Fünftel des Bundeshaushaltes) auf nun erstmals mehr als 50 Milliarden Euro im Jahr 2010“. Den Präsidenten des Umweltbundesamtes, Jochen Flashbart, zitiert die Zeitung mit den Worten, dass dies eine schlechte Nachricht für Mensch, Natur und Wirtschaft sei, „denn für umweltschädliche Subventionen müssen die Bürger gleich dreifach zahlen“. Das „dreifach“ erklärt die Welt dann auch gleich:

Warum fossile Subventionen dreimal zu Buche schlagen

  • Erstens fielen demnach Kosten für die Subvention selbst an.
  • Zweitens entstünden Kosten für die daraus resultierenden Umwelt- und Gesundheitsschäden.
  • Drittens benachteiligten umweltschädliche Subventionen das Entwickeln umweltfreundlicher Technologien.

Für den UBA-Präsidenten belegten die neuen Zahlen das Fehlen von Bemühungen um eine Reform, schreibt „Die Welt“ weiter und zitiert Jochen Flashbart: „Entgegen internationaler Bekenntnisse hat sich beim Abbau umweltschädlicher Subventionen nichts getan. Das ist für Deutschland besonders prekär, weil die Bundesrepublik mitten in der Energiewende steckt.“

Dringender Handlungsbedarf für neue Regierung

Flashbart fordere demzufolge die Politik auf, Subventionen abzubauen: “Die Parteien sollten die Koalitionsverhandlungen nutzen, um einen klaren Fahrplan für den Abbau umweltschädlicher Subventionen zu erstellen.” Der UBA-Chef habe dabei ein klare Prioritätenliste vor Augen: “Am dringendsten sollte die Politik die umweltschädlichen Subventionen im Bereich fossiler Energien zurückfahren. Auch die Entfernungspauschale gehört auf den Prüfstand.”

Welt-Energie-Politik: Wachsende Diskrepanz zwischen politischem Wollen und Tun

Obwohl internationale Organisationen wie der Internationale Währungsfond (IWF), der seine Mitgliedsländer beispielsweise dazu aufgefordert hat, die Subventionen für die Öl-Industrie drastisch zurückzufahren oder gar ganz zu streichen, Subventionssenkungen fordern, fördern Regierungen weltweit Kohle, Öl und Atomkraft. Das ist politischer Alltag. Statt die Subventionen zu senken, steigen diese an. Praktiziert werden damit andere Wege, als in der Abschlusserklärung des G-20-Gipfels von Pittsburgh im Jahr 2009 niedergeschrieben wurden. Laut der Online-Ausgabe der „Zeit“, wollte man demnach „Ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe …  abschaffen. Schließlich würden sie den verschwenderischen Umgang mit Öl und Gas fördern, die Versorgungssicherheit mindern und den Kampf gegen Klimawandeln untergraben.“

523 Milliarden Dollar fossile Subventionen laut IEA

Die „Zeit“ belegt die Diskrepanz zwischen politisch bekundetem Willen und realer Energie-Politik mit diesen Zahlen: „Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) sind die Subventionen für fossile Brennstoffe, also für Öl, Gas und Kohle, auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Sie betrugen 2011 laut World Energy Outlook rund 523 Milliarden Dollar. Die erneuerbaren und damit klimafreundlichen Energien erhielten nur etwa ein Sechstel des Betrags (88 Milliarden Euro). Zum Vergleich: Im Jahr 2007 lagen die Subventionen für die Fossilen bei 342 Milliarden Dollar und für die Erneuerbaren bei 39 Milliarden Dollar.“

Oettinger lässt Zahlen streichen

Spannend an dieser Stelle die aktuelle Meldung des „Handelsblatts“, dass EU-Kommissar Günther Oettinger laut der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) Zahlen zur europaweiten Förderung von Atom- und Kohleenergie aus einem Subventionsbericht zur Energiepolitik habe streichen lassen. Oettinger halte demnach diese Zahlen über die Milliardensubventionen für herkömmliche Energien offenbar für zu brisant. Denn in einem der SZ ebenfalls vorliegenden geänderten Entwurf des Subventionsberichts, über den jetzt in der Kommission abgestimmt werden solle, seien die Zahlen ersatzlos gestrichen, schreibt das „Handelsblatt“ weiter.  Oettingers Sprecherin habe demnach auf Anfrage der „Süddeutschen Zeitung“ erklärt, es habe „nie gesicherte Zahlen“ gegeben.

Subventionen sind zählbar

Man gestatte mir an dieser Stelle die kurze Randbemerkung: Ich bekomme langsam Kopfweh! Wohin bitte soll eine derartige Augenwäscherei, äh, „Zahlenwäscherei“ oder “Bürgertäuschung”, wie das Umweltinstitut es in seinem aktuellen Newsletter nennt, uns führen? Subventionen sind zählbar. Und es hilft keinem, die Zahlen über Gezahltes zu verschweigen, Herr EU-Kommissar! Im Gegenteil: In meinen Augen hat damit Ihre Politik versagt, Sie haben Ihre auch persönliche Glaubwürdigkeit glaubhaft demontiert.

Doch zurück zur Subventionsdebatte:  Auffällig ist, dass immer dann, wenn Subventionen diskutiert werden, dies große Wogen schlägt. Ganz gleich, wo man dieser Tage die reichlichen Kommentare zu Medienberichten zum Thema Subventionen fossiler Brennstoffe im Vergleich zu erneuerbarer Energie liest, sind die Auseinandersetzungen auch recht emotional – was der Sachlichkeit nicht immer dient. Ein Grund dafür ist offensichtlich, dass es unterschiedliche „Definitionen“ von Subventionen gibt.

Keine verbindliche Definition von Subvention – das erschwert den Umgang mit dem politischen / ökonomischen Instrument

Eigentlich bedeutet der Begriff „Subvention“, der vom lateinischen „subvenire“ abgeleitet wird, ein „zu Hilfe kommen“. So weit, so gut. Allerdings verstehen Juristen darunter wohl etwas anderes als beispielsweise Ökonomen. Mangels einer verbindlichen Definition ist es schwer, Entscheidungen in Politik und Wirtschaft zu fällen, die von allen Beteiligten (auch dem Steuerzahler) als gerechtfertigte „staatliche Beihilfe“ verstanden werden und nicht etwa als unerwünschte Wettbewerbsverfälschung, Handelsbeeinträchtigung oder Begünstigung. Ganz zu schweigen von einem somit kaum entwickelbaren Verständnis für umweltschädliche Subventionen.

Was sind umweltschädliche Subventionen?

„Die Welt“ schreibt, dass für das UBA Subventionen dann umweltschädlich seien, „wenn sie sich negativ auf Klima, Boden, Wasser, menschliche Gesundheit, biologische Vielfalt und natürliche Ressourcen auswirken“.

Für die IEA sei laut der „Zeit“ jede Politik eine Subvention, „die dazu führt, dass der nationale Energiepreis niedriger liegt als der Weltmarktpreis“.

Cornelia hat sich übrigens auch schon vor Jahren mit dem Thema beschäftigt und einige Informationen, was Subventionen für fossile Energieträger alles sein können.

Warum werden fossile Energien nun aber tatsächlich höher subventioniert als erneuerbare?

Es ist kein Geheimnis, dass es genügend mächtige Verbindungen zwischen Industrie und Politik gibt, die an Subventionen für fossile Brennstoffe festhalten – und somit nicht zuletzt die Energiewende bremsen. Deutschland ist dafür ein gutes Beispiel. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung erklärt in der DW-Online-Ausgabe (DW = Deutsche Welle), dass das historische Gründe habe. Es hätte beim Atomstrom demnach immer schon Steuervergünstigungen gegeben. Die Kosten für die Endlagerung würden weitestgehend von der Gesellschaft getragen. Bei der Kohle habe man auch seit Jahrzehnten subventioniert – hierzulande zum Beispiel die Steinkohle, weil man Arbeitsplätze erhalten wollte. Aber: „Weder Kohlestrom noch Atomstrom passen in eine nachhaltige Energiewende, auch weil Kohlekraftwerke zu viele Treibhausgase produzieren“, findet die Expertin.

Trotzdem gäbe es neben Deutschland auch andere Länder in Europa, die Atomstrom subventionieren – Großbritannien wolle, so zitiert DW Claudia Kemfert weiter, sogar eine Atom-Umlage in Anlehnung an die deutsche EEG-Umlage einführen. Zwar sei dies Ländersache, für Kemfert sei aber klar: „Es macht wenig Sinn, dass man in Europa weiterhin für Techniken der Vergangenheit Subventionen zahlt“. Stattdessen fordere Kemfert: “Die Techniken der Zukunft, die erneuerbaren Energien, müssen zur Marktreife gebracht werden, und diesen Weg muss man klug begleiten.”

Bleibt zu hoffen, dass wir Verbraucher zumindest weiterhin erfahren, wohin Subventionen fließen. Dann können wir darüber diskutieren. Und unseren politischen Willen dafür oder dagegen bekunden.

Foto: koli / photocase.com