CO2 Treibhausgas CO2-Entnahme CDR

Treibhausgase: 1. Bericht zum Stand der weltweiten Kohlendioxid-Entnahme (CDR) erschienen

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Dieser Tage wurde der Bericht “State of Carbon Dioxide Removal”, auf Deutsch: “Stand der Kohlendioxid-Entnahme” veröffentlicht. Er gilt als die erste, unabhängige wissenschaftliche Bewertung, wie sich die weltweite Kohlendioxid-Entnahme entwickelt. Ein wichtiges Ergebnis des Berichts ist die sogenannte CDR-Lücke. Was es damit auf sich hat, lest ihr hier.

Wir haben aktuell zwei Möglichkeiten, um den Gehalt an Treibhausgasen in der Atmosphäre zu begrenzen:

  1. Mit Verfahren zur Vermeidung von Treibhausgasen können wir die Menge ausgestoßener Treibhausgase reduzieren. Dabei ersetzt man emissionsintensive Technologien mit klimafreundlicheren. Ein Beispiel ist der Wechsel von fossilen Heizungen auf erneuerbare wie Solarthermie-Heizungen. Bislang liegt der Fokus beim Klimaschutz in diesem Bereich: Vermeidung von Treibhausgasen.
  2. Dabei sind auch Verfahren zur CO2-Entnahme aus der Luft möglich, sogenannte CDR-Technologien, um die dort enthaltene CO2-Menge verringern.

Was ist CDR?

Die Kohlendioxid-Entnahme (Carbon Dioxide Removal, CDR) ist der Oberbegriff für Ansätze und Methoden, mit denen sich Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre entnehmen und anschließend dauerhaft speichern lässt, zum Beispiel in  unterirdischen geologischen Formationen, in Biomasse, in ozeanischen Speichern oder in langlebigen Produkten. Ziel der CDR ist es, sogenannte negative Emissionen zu erzielen.

Was sind negative Emissionen?

Diese CO2-Entnahme wird häufig mit dem Begriff „negative Emissionen“ gleichgesetzt, wobei Ersteres die Maßnahme zur Erreichung von Letzteren ist. Fürs Bilanzieren der Emissionen ist es wichtig, brutto und netto genau zu unterscheiden:

  • Mit sogenannten brutto positiven Emissionen sind die Treibhausgase gemeint, die in Atmosphäre gelangenden.
  • Entsprechend gelten die Treibhausgase, die der Atmosphäre entnommen werden, als sogenannte brutto negative Emissionen.

Die Netto-Emissionen ergeben sich aus der Differenz der beiden Mengen: Gelangen mehr Treibhausgase in die Atmosphäre, als entfernt werden, sind die Netto-Emissionen positiv, das heißt es reichern sich dort weiterhin Treibhausgase an. Entfernt man dagegen mehr als man ausstößt, sind die Netto-Emissionen negativ – der Treibhausgasgehalt in der Atmosphäre sinkt.

Die Aufforstung hat sich als CDR-Maßnahme bewährt, wobei der dabei gebundene Kohlenstoff bei Waldbränden oder Schädlingsbefall wieder freigesetzt werden kann –  das Risiko dafür erhöht sich mit dem fortschreitenden Klimawandel. Außerdem wird der Aufforstung als Nachteil angekreidet, dass dafür viel Landfläche benötigt wird.

Während einige CO2-Entnahmeverfahren teils noch sehr teuer sind, brauchen andere noch weitere Forschung. Zur direkten Entnahme von CO2 aus der Luft gibt es jedoch schon erste kommerzielle Anlagen. Laut der Leopoldina, der Nationalen Akademie der Wissenschaften, würden diese nur wenig Platz benötigen, dafür aber viel Energie.

Warum brauchen wir CDR?

Klimaneutralität ist der Schlüssel, um die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels zu begrenzen. So steht beispielsweise im deutschen Klimaschutzgesetz, dass ab Mitte des Jahrhunderts „negative Emissionen“ erreicht werden sollen, also dass mehr CO2 gebunden als emittiert wird. Die Wissenschaftler der Welt sind sich weitgehend einig darin, dass sich die angestrebte Klimaneutralität allein mit dem Vermeiden von Treibhausgasausstoß nicht erreichen lässt. Wir müssen demnach ergänzend auch der Atmosphäre CO2 entnehmen.

Denn Restemissionen von Treibhausgasen lassen sich aus physikalischen, chemischen oder auch wirtschaftlichen Gründen kaum vermeiden – in der  Landwirtschaft, Industrie und Abfallwirtschaft werden sie immer anfallen. Der Sechste Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC zur „Minderung des Klimawandels“ bestätigt, dass wir Negativemissionen brauchen, um die Erderwärmung auf 1,5 °C beziehungsweise 2 °C zu begrenzen: Alle Klimaszenarien zur Begrenzung des Temperaturanstiegs zur Vermeidung katastrophaler Auswirkungen des Klimawandels gehen vom Einsatz von CDR aus. CDR könnte laut dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) zudem als Notanker dienen, sollte der Temperaturanstieg über die gesteckten Ziele hinaus gehen.

Aktuell ist die Lage laut der DLR so, dass selbst dann, wenn sämtliche Zusagen der Staatengemeinschaft zur Emissionsminderung eingehalten würden, die Zielmarke von 1,5 °C deutlich überschritten wird. Wird dieses Szenario Wirklichkeit, bräuchten wir große Mengen an Negativemissionen um theoretisch die globale Mitteltemperatur im Nachgang wieder zu senken, schreibt das DLR.

Wie viel CO2 muss mit CDR entnommen werden?

Den Klimaszenarien zufolge geht es um bis zu mehrere hundert Milliarden Tonnen CO2 bis zum Jahr 2100. Das entspreche dem DLR zufolge einem Vielfachen der heutigen weltweiten Jahresemissionen (etwa 40 Milliarden Tonnen CO2).

Laut dem Bericht “State of Carbon Dioxide Removal”, den ihr euch von dieser Internetseite kostenlos downloaden könnt, habe das Ausweiten  der Kohlendioxid-Entnahme (CDR) eine ebenso dringende Priorität wie die Bemühungen um eine rasche Emissionsminderung, wenn wir das Temperaturziel des Pariser Abkommens erreichen wollen. Die Szenarien zur Begrenzung der Erwärmung auf deutlich unter 2 °C würden demnach die Entnahme von Hunderten von Milliarden Tonnen CO2 im Laufe des Jahrhunderts bedeuten.

Was ist die CDR-Lücke?

Die Verfasser des Berichts “State of Carbon Dioxide Removal” stellen eine CDR-Lücke fest. Damit ist die Diskrepanz gemeint, die zwischen den CDR-Planungen der Länder und dem herrscht, was laut den Szenarien nötig wäre, um das Pariser Temperaturziel zu erreichen.

Die Größe der “CDR-Lücke” variiere demnach je nach Szenario und damit je nachdem, wie wir die Weltwirtschaft in Richtung Netto-Null-Emissionen bringen wollen. Derzeit gebe es laut dem Bericht nur wenige Pläne der Länder, die CDR über das derzeitige Niveau zu erhöhen, so dass sich eine erhebliche Lücke ergebe.

Auch das ehrgeizigste Land der Welt werde Mitte des Jahrhunderts nicht ganz auf Treibhausgasemissionen verzichten können. Doch noch hätten die Staaten überhaupt keine Pläne zur CDR-Entnahme, sagt Oliver Geden vom Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit, unter dessen Federführung der Bericht verfasst wurde. Gegegnüber der Presse forderte Geden, dass Regierungen, insbesondere diejenigen, die Netto-Null-Ziele beschlossen hätten, klären und öffentlich sagen müssten, wie viel CO2-Entnahme sie machen wollten. Doch genau diese Fragen würden bislang nicht beantwortet, bedauert der Wissenschaftler.

Wie viel CO2 wird aktuell mit CDR-Maßnahmen entnommen?

Der Bericht liefere zum ersten Mal eine Schätzung der Gesamtmenge an CDR, die derzeit weltweit eingesetzt werde. Fast die gesamte derzeitige CDR (2 Gigatonnen (Gt) CO2 pro Jahr) stamme demnach aus der “konventionellen” CDR an Land, hauptsächlich erzielt mit CDR-Maßnahmen wie Aufforstung, Wiederaufforstung und Bewirtschaftung bestehender Wälder sowie dem Wiederverwässern von Mooren.

Szenarien, die die Erwärmung auf 1,5°C oder 2°C begrenzen, würden demnach eine weitere Vergrößerung der derzeitigen Waldsenken sowie eine Minimierung der Emissionen aus der Entwaldung erfordern.

Bis 2050 verdoppele sich der landbasierte Abbau bei 1,5-°C-Pfaden in etwa und bei 2-°C-Pfaden würde er um etwa 50 Prozent gegenüber dem Stand von 2020 ansteigen. Auf kurze Sicht planten mehrere Länder, die konventionelle CDR an Land bis 2030 beizubehalten oder leicht zu erhöhen, heißt es in der Zusammenfassung des Berichts, was an sich schon eine enorme Herausforderung darstelle, die eine entsprechende Politik und Verwaltung erfordere.

Foto: Eliza / Photocase