Krankenakte der deutschen Wälder Waldzustandserhebung 2020

Waldzustandsbericht 2020: Krankenakte des Patienten Wald belegt – es ist ernst!

Veröffentlicht von

Der Deutsche Naturschutzbund NABU beziffert die Menge an Kohlendioxid (CO2), die die deutschen Wälder jährlich speichern, auf etwa 127 Millionen Tonnen (t). Dank dieser und anderer Fähigkeiten spielen Wälder im Klimasystem eine lokale wie globale Rolle: Sie produzieren Sauerstoff und sind zentraler Teil des Wasserkreislaufs. Sie beeinflussen die Umgebungstemperatur und die Reinheit der Luft. All dies können die Wälder aber nur, solange sie gesund sind. Dem jüngsten Waldzustandsbericht 2020 zufolge, ist das nicht der Fall: Die deustchen Wälder sind krank. Kränker denn je. Und darüber müssen wir sprechen! Jetzt!

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat die Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2020 vorgelegt. Verfasst wurde der Waldzustandsbericht 2020, den ihr hier kostenlos downloaden könnt, vom Thünen Institut im Auftrag des BMEL. Jedes Jahr werde der Waldzustand in Deutschland anhand von Stichproben (Begehungen in bestimmten Tesgebieten deutschlandweit) bestimmt. Das Alter der Bäume im Auge prüfen Experten, wie stark die Baumkronen gelichtet und ob sie überhaupt noch Grün oder schon abgestorben sind.

Im Vorwort vom Waldzustandsbericht 2020 schreibt die zugehörige Bundesministerin Julia Klöckner: “Unserem Wald geht es weiterhin sehr schlecht. Das vergangene Trockenjahr, das zudem von Sturmereignissen und Schädlingen geprägt war, hat dem Wald erneut zugesetzt. Die Auswirkungen des Klimawandels spüren wir mit aller Härte. Vor allem unsere alten Wälder leiden. Noch nie seit Beginn der Erhebungen sind so viele Bäume abgestorben wie im Jahr 2020. Die Folgeschäden werden auch in den kommenden Jahren zu spüren sein. Einen kleinen Lichtblick stellt der Kronenzustand unserer Eichen dar. Sie konnten sich 2020 geringfügig regenerieren. Nichtsdestotrotz sind die Schäden weiterhin auf sehr hohem Niveau.”

Krankenakte des Patienten Wald – alles Wichtige auf einen Blick

Die Zusammenfassung vom Waldzustandsbericht 2020 liest sich so: Der Kronenzustand habe sich bei vielen Baumarten weiter verschlechtert. Auch 2020 seien der Anteil der deutlichen Kronenverlichtung und die mittlere Kronenverlichtung gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Die mittlere Kronenverlichtung sei im Durchschnitt aller Baumarten mit 26,5 Prozent so hoch wie noch nie. Nur noch 21 Prozent aller Bäume würden demnach keine Kronenverlichtungen aufweisen. Außerdem zeige sich eine stark zunehmende Absterberate. Vor allem unsere älteren Wälder über 60 Jahre, seien von Absterbeerscheinungen betroffen. Doch auch die jüngeren Bäume zeigten einen negativen Trend.

Waldzustandsbericht 2020: So geht’s Fichten, Kiefern, Buchen und Eichen in deutschen Wäldern

Seit Beginn der Erhebungen zum Waldzustand im Jahr 1984 seien die Anteile der Schadstufen 2 bis 4 und die mittlere Kronenverlichtung bei den Laubbäumen, vor allem bei der Buche, stark angestiegen. Der Kronenzustand der Kiefer und anderer Nadelbäume zeige im Gegensatz zur Fichte keinen deutlichen Trend.

  • Bei der Fichte sei seit diesem Jahr eine deutliche Zunahme der Kronenverlichtung festzustellen. Insgesamt würden die Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2020 zu den  schlechtesten seit Beginn der Erhebungen gehören, schreibt das BMEL. Der Anteil von Bäumen ohne Kronenverlichtung sei mit 21 Prozent noch nie so gering gewesen wie 2020. Bei der Fichte sei der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen von 36 Prozent auf 44 Prozent gestiegen. Auf die Warnstufe entfielen 35 Prozent (zum Vergleich die Zahl von 2019: 36 Prozent). Ohne Verlichtungen wären 21 Prozent (2019: 28 Prozent). Die mittlere Kronenverlichtung sei von 24 auf 29 Prozent deutlich gestiegen. Im Vergleich zu den anderen Baumarten weise die Fichte die höchste Mortalitätsrate (Sterberate) auf. Im Gegensatz zum Vorjahr zeige die Fichte eine stärkere Fruchtbildung und erreiche damit ein ähnliches Niveau wie im Jahr 2018.
  • Im Vergleich zum Vorjahr sei bei der Kiefer der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen konstant bei 26 Prozent geblieben. Im Vergleich zu 2018 habe sich der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen jedoch um 11 Prozent deutlich erhöht. Auf die Warnstufe würden 54 Prozent (2019: 56 Prozent) entfallen. Die Warnstufe falle damit auf das Niveau von 2018 zurück. Ohne Verlichtungen waren 20 Prozent (2019: 18 Prozent). Die mittlere Kronenverlichtung sei von 22 auf 23 Prozent nur leicht gestiegen. Insgesamt bleibe die Schadentwicklung der Kiefer auf
    gleichem Niveau. Die Fruchtbildung der Kiefer sei im Vergleich zu 2019 niedriger ausgefallen.
  • Bei der Buche sei der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen von 47 auf 55 Prozent gestiegen. Dies betreffe vor allem die Altersgruppe der über 60-jährigen
    Buchen. Auf die Warnstufe entfielen 34 Prozent (2019: 37 Prozent). Ohne Verlichtungen waren nur noch 11 Prozent (2019: 16 Prozent). Die mittlere Kronenverlichtung sei von 29 Prozent auf 31 Prozent gestiegen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Buche in immer kürzeren Abständen und häufiger intensiv fruktifiziere. Bei der Buche sei 2020 demnach ein Jahr mit mittlerer bis hoher Fruktifikation gewesen.
  • Bei der Eiche sei der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen von 50 auf 38 Prozent deutlich gesunken. Jedoch sei der Anteil der Warnstufe auf ein Niveau von 42 Prozent (2019: 33 Prozent) deutlich angestiegen. Ohne Verlichtungen wären 20 Prozent (2019: 17 Prozent) gewesen. Die mittlere Kronenverlichtung sei von 28 auf 25 Prozent gesunken. Die Eiche zeige somit erste Anzeichen der Regeneration,
    bleibe jedoch weiterhin auf einem hohen Schadniveau. Auch sie weise im Vergleich zu 2019 ein stärkeres Mastjahr auf.
YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Was die deutschen Wälder krank macht

Der NABU erklärt, dass es nicht nur die Klimakrise infolge des menschengemachten Klimawandels sei, die das neue Walsterben verursache. Auch waldbauliche Fehler würden massiv schaden. Die deutschen Wälder litten demnach unter

  • Artenarmut bis hin zu Monokulturen,
  • einem durchschnittlich viel zu geringen Lebensalter der Bäume,
  • maschineller Bodenverdichtung,
  • Entwässerung und mehr.

So zu tun, als hätten die letzten zwei Dürrejahre die Katastrophe allein verursacht, sei zu billig. Sie sei vielmehr auch Folge einer seit Jahrzehnten auf Nadelholz fixierten Forstwirtschaft – in einem Land, das einst von Natur aus flächendeckend von Laubmischwäldern dominiert worden sei. Man gebe nicht gerne zu, dass man über 200 Jahre lang auf die falsche Nutzbaumart (Fichte) gesetzt und zudem künstliche, ökologisch hoch instabile und damit hoch risikoreiche Forst-Ökosysteme geschaffen habe. Ein ganzer Erwerbszweig habe sich vom Nadelholz abhängig gemacht.

Was jeder im Alltag für die Genesung der kranken Wälder in Deutschland tun kann

Auch wenn Holz nachwachse, so schreibt der NABU, handele es sich dabei um eine endliche Ressource. Ein sparsamer Umgang mit Holz und Produkten daraus, insbesondere Papier, sei daher geboten.

Papier sparen ist ein erster Schritt. Der zweite wäre dann, nur noch Recyclingpapier zu nutzen, wo Papier unabkömmlich ist. Anfangen könnt ihr damit an stillen Örtchen, wo ihr es zum Reinigen des Allerwertesten nach dem großen Geschäft benutzt und anschließend in die Toilette entsorgt. Toilettenpapier in 100-Prozent-Recyclingqualität würde die Klimabilanz jeder eurer geschäftlichen Sitzungen deutlich verbessern.

Achtet auch darauf, ob ihr Holzprodukte kauft, die aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen. Das könnt ihr an Siegeln wie “FSC” erkennen.

Spannende Artikel zum Weiterlesen

Wir empfehlen euch ergöänzend zum Thema Waldsterben und zum Waldzustandsbericht 2020 die folgenden Artikel:

Foto: BMEL