Thermische Behaglichkeit

Was ist thermische Behaglichkeit?

Veröffentlicht von

Diese Frage beantwortet die Fachabteilung Wärmeübergabe des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) mit ihrem neuen technischen Informationsblatt Nr. 78 „Thermische Behaglichkeit“. Das Papier entstand in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Dresden und richtet sich laut BDH an Fachhandwerker, Planer und Architekten. Im neuen Infoblatt stehen die neuesten Erkenntnisse zur thermischen Behaglichkeit, die auf Untersuchungen der TU Dresden (TUD) durchgeführten Untersuchungen. Wir fassen euch hier das Wichtigste zusammen.

Das neue Informationsblatt reflektiere die thermische Behaglichkeit und gebe Hinweise zum Sicherstellen des gewünschten Komforts im Sommer wie im Winter. Das sagt der Leiter der BDH-Fachabteilung Wärmeübergabe, Ralf Kiryk. Das Informationsblatt Nr. 78 “Thermische Behaglichkeit” erleichterte demnach eine fachgerechte Planung und Bemessung.

Und Prof. Joachim Seifert, Leiter des Bereiches Gebäudeenergietechnik am Institut für Energietechnik der TU Dresden, erklärt, dass die Messungen mit Probanden ergänzend zu den bereits seit langem existierenden normativen Grundlagen zur thermischen Behaglichkeit neue Einblicke zum Behaglichkeitsempfinden des Menschen im Sommer und im Winter ergeben hätten. Das sei insofern von Bedeutung, als dass die thermische und hygienische Behaglichkeit im Raum die Grundlagen für die Auslegung und den Betrieb von heizungs- und raumlufttechnischen Anlagen sei. Die Erfüllung dieser sollte zentrales Anliegen von allen beteiligten Akteuren in der Gebäudeenergietechnik sein. Seifert fügt hinzu, dass die Forschung an der TU Dresden  sich aktuell besonders mit zonalen Aspekten und transienten Fragestellungen befasse und damit neue Erkenntnisse zur Auslegung und zum energieeffizienten Betrieb der genannten Systeme liefere.

Die wichtigsten technischen Informationen zur thermischen Behaglichkeit

Das Informationsblatt Nr. 78 “Thermische Behaglichkeit” könnt ihr euch von der Internetseite des BDH kostenlos herunterladen. Die PDF-Datei umfasst vier Seiten.

Wann fühlen wir uns in einem Raum behaglich wohl?

Die thermische Behaglichkeit hänge laut dem gleichnamigen Informationsblatt Nr. 78 von einer Vielzahl von Einflussfaktoren ab. Unter anderem spielten

  • die Kleidung,
  • die Tätigkeit
  • die körperliche Verfassung
  • sowie die Luftfeuchtigkeit der Räume

eine entscheidende Rolle.

Unterschiedliche Temperaturen, die den Körper stark belasten würden, empfänden wir als unangenehm.

Thermische Behaglichkeit und ein Wohlfühlklima im Raum würden demnach dann erzielt, wenn unser Körper im Sommer weder ins Schwitzen noch im Winter ins Frieren gerate. Man spreche laut BDH in der Fachwelt dann davon, dass unser Körper die  „geringsten thermoregulatorischen Aufwendungen“ betreiben müsse.

Bei welcher Raumtemperatur fühlen wir uns wohl?

Das Infoblatt informiert darüber, dass die meisten Menschen sich

im Winter bei einer operativen Raumtemperatur von 21 bis 22 Grad Celsius (° C)

und im Sommer bei einer operativen Raumtemperatur von 23 bis 27 °C

wohlfühlen würden. Wobei die operative Raumtemperatur vereinfacht als der Mittelwert zwischen der Strahlungstemperatur der Raumumschließungsflächen (Wände, Decke, Boden) und der Lufttemperatur im Raum verstanden werde. Die operative Raumtemperatur sei demnach eine Indikationsgröße für die Thermische Behaglichkeit.

Ein Raum werde dann vom Menschen als behaglich empfunden,
wenn

  • die Differenz zwischen Wandoberflächentemperatur und Raumluft weniger als
    4 Kelvin (K),
  • die Differenz zwischen Fuß- und Kopfhöhe weniger als 3 K
  • und die Temperaturen verschiedener Raumflächen (in Anlehnung an die Grenzwerte zur zulässigen Strahlungsasymmetrie) weniger als 5 K betrage.

Welche Rolle spielt die Heizung für die thermische Behaglichkeit?

Eine optimal platzierte und dimensionierte Einrichtung zur Wärmeübergabe bezeihungsweise zur Kühlung sei dem Infoblatt zufolge entscheidend für ein hohes Maß an thermischer Behaglichkeit und Komfort. Heizkörper sowie eine Flächenheizung/-kühlung könnten diese Anforderungen erfüllen.

Aber: Träge und alte Heizkörper mit großen Wassermengen könnten nicht so schnell reagieren wie moderne Heizkörper oder eine Flächenheizung/-kühlung mit geringer Überdeckung.

Außerdem würden moderne Wärmeübergabesysteme sowohl bei der Modernisierung von Bestandsbauten als auch im Neubau die Effizienz der Heizung ebenso unterstützen wie den Einsatz erneuerbarer Energien, wie sie eine Solarthermie-Heizung oder eine Biomasse-Heizung liefere. Gleichzeitig würden wichtige Ressourcen geschont und der CO2-Ausstoß minimiert. Ein weiterer Faktor für thermische Behaglichkeit und Komfort seien möglichst großflächige Wärmeübergabesysteme. Würden alternativ oder in Kombination Lüftungssysteme eingesetzt, so sollte aus Gründen des Komforts und der thermischen Behaglichkeit die Luftbewegung im Raum minimiert werden. Als Grenzwert nennt das Infoblatt eine Luftgeschwindigkeit w ? 0,2 Meter/pro Sekunde (m/s), um Zugerscheinungen sicher vermeiden zu helfen.

Wie erzielt man thermische Behaglichkeit im Winter?

Zum Minimieren der Temperaturunterschiede zwischen den raumumschließenden Flächen sollten freie Heizflächen an den kältesten Raumumschließungsflächen installiert werden, empfiehlt der BDH in seinem Infoblatt Nr. 78 “Thermische Behaglichkeit”. Die integrierten Systeme der Flächenheizung seien demnach  üblicherweise vollflächig in Boden, Wand oder Decke installiert.

Mit Konvektion und Wärmestrahlung könne der notwendige Temperaturausgleich dann bei beiden Lösungen stattfinden. Zum Aufrechterhalten der thermischen Behaglichkeit sei zudem eine geeignete Raumtemperaturregelung erforderlich. Dabei gelte: Je genauer die Regelungstechnik die gewünschte Temperatur regeln
und je schneller das Wärmeübergabesystem auf die Laständerungen reagieren könne, desto effizienter und komfortabler könnten die Komfortwünsche des Nutzers erfüllt werden.

Wichtig: Bei der Wärmewende gehe es in der Heizungsmodernisierung laut BDH nicht nur um die Wärmeerzeugung und -bereitstellung, sondern auch um die Modernisierung der Wärmeübergabe selbst. Denn sie stelle ein CO2-Einsparpotenzial dar, auf das nicht mehr verzichtet werden könne.

Allgemein würden dem Infoblatt zufolge als operative Temperatur-Erfahrungswerte

  • den Wohnraum 20 bis 22 ° C,
  • für den Schlafraum 16 bis 18 °C
  • und für das Bad 24 bis 26 °C gelten.

Bei den im Rahmen des Forschungsprojekts „Instationäre, gekoppelte, energetische und wärmephysiologische Bewertung von Regelungsstrategien für HLK-Systeme” an der Technischen Universität Dresden (TUD) durchgeführten Untersuchungen unter definierten Randbedingungen für das Raumklima im Klimaraum, welcher Teil des Combined Energy Labs 2.0 sei, wurde festgestellt, dass die optimale operative Raumtemperatur für Aufenthaltsräume

zwischen 21,5 und 22 ° C liege.

höhere oder niedrigere Wohlfühltemperaturen seien von den Probanden bei der Untersuchung nur sehr vereinzelt gewählt worden.

Zusätzlich müsse auf Basis der Analysen an der TUD festgestellt werden, dass Nutzer höhere operative Temperaturen (abweichend von der genannten optimalen Temperatur) noch als behaglich akzeptierten, während niedrigere operative Temperaturen als unbehaglich empfunden empfunden und daher von den Nutzern abgelehnt worden seien. Dies habe man schon bei Temperaturdifferenzen von 0,2 K festgestellen können.

Außerdem hätten die Untersuchungen neue Erkenntnisse zur instationären thermischen Behaglichkeit gebracht: So werde die Zunahme der Raumtemperatur weniger negativ als ein schnelles Absenken derselben empfunden.

Wie erzielt man thermische Behaglichkeit im Sommer?

Für thermische Behaglichkeit im Raum im Sommer genügt es dem Infoblatt Nr. 78 “Thermische Behaglichkeit” des BDH zufolge oft nicht, die Wärmedämmung zu verbessern und Verschattungsen einzuplanen. Denn die thermische Behaglichkeit stelle sich unter sommerlichen Verhältnissen meist nicht von selbst ein. Vielmehr brauche es dafür bau- und anlagentechnische Lösungen in sinnvoller Kombi.

Dabei stünden für die thermische Behaglichkeit im Sommer folgende Fragen im Vordergrund:

  • Welchen Einfluss hat der Wärmeschutz?
  • Wie wirkt sich eine unterschiedliche Bauschwere aus?
  • Wie problematisch sind Außenwände mit großen Fensterflächen?
  • Was kann mit verschiedenen Verschattungskonzepten erreicht werden?
  • Wie wirken sich unterschiedliche Kühlsysteme aus?
  • Welchen Einfluss hat die Anordnung der Kühlflächen bei der Flächenkühlung?
  • Welche Auswirkungen hat Luftkühlung im Vergleich zur Flächenkühlung?
  • Wie lassen sich Kühlflächen und Lüftungskonzepte sinnvoll kombinieren?

Zur groben Beantwortung der aufgeführten Fragen unterscheide man zunächst zwischen Voll- und Ankühlung.

Ankühlung werde laut BDH als ein System definiert, das primär gemäß der Heizlast ausgelegt worden sei und im Sommer auch als Kühlung genutzt werden könne. Für diese Systeme würde in der Regel keine gesonderte Kühllastberechnung durchgeführt. Hierbei handele es sich demnach also um eine Kühlung ohne garantierte Sicherstellung von gewünschten operativen Raumtemperaturen.

Als Sonderlösung der Ankühlung könne dem BDH zufolge die Teilkühlung angesehen werden. Bei der Teilkühlung erfolge die Ankühlung nur von einzelnen Räumen/Wohnbereichen. Im Wohnbereich und bei einfachen Bürogebäuden spielten demnach Lösungsansätze zur Ankühlung und auch zur Teilkühlung eine wesentliche Rolle.

Mit Ankühlungssystemen verfolge man das Ziel, die Raumtemperaturen im Sommer zu senken, ohne garantierte Verhältnisse wie eine Behaglichkeitsklasse nach DIN
EN ISO 7730 unabhängig von den Lastverhältnissen anzustreben. Eine Ankühlung könne beispielsweise in Kombination mit einer begrenzten Kühlleistung zweckmäßig sein, beispielsweise mit der Kälteerzeugung mit freier Kühlung oder der Kälteübergabe über Heizkörper sowie der Flächenkühlung an Boden, Wand oder Decke. Gegenüber dem Vergleichsfall ohne Kühlung könne die Raumlufttemperatur (und somit auch die operative Raumtemperatur) unter gewissen Randbedingungen spürbar reduziert werden. Eine generelle Klassifizierung der globalen thermischen Behaglichkeit nach DIN EN ISO 7730 könne laut BDH-Infoblatt Nr. 78 aber nicht oder nur mit Einschränkungen erreicht werden.

Eine Vollkühlung erfolge hingegen mit dem Ziel, auch bei höheren Kühllasten defnierte Behaglichkeitsverhältnisse, zum Beispiel die Einhaltung einer bestimmten Behaglichkeitsklasse nach DIN EN ISO 7730, zu erreichen, und müsse dazu aus anlagentechnischer Sicht über entsprechende Leistungsreserven verfügen. Dafür seien in Abhängigkeit von den Kühllasten grundsätzlich Flächenkühlverfahren wie Kühldecke und Luftkühlverfahren wie Quelllüftung und Mischlüftung geeignet. Analog zur thermischen Behaglichkeit im Winter lägen die operativen Temperatur-Erfahrungswerte

im Sommer unabhängig von der Raumnutzung zwischen 23 und 27 ° C.

Die bereits oben genannten Untersuchungen der TUD seien auch für den Kühlfall durchgeführt worden und hätten gezeigt, dass der Raumnutzer Überkompensationen von operativen Raumtemperaturen im Sinne von zu starken Absenkungen sehr kritisch wahrnehme.

Insofern sei es umso wichtiger, die Sollwerte sehr genau einzuhalten. Festzustellen sei bei Kühlsystemen an der Decke, dass sich ein sehr gleichmäßiges Temperaturprofil über der Raumhöhe einstelle, was sich vorteilhaft auf die thermische Behaglichkeitsbewertung seitens des Nutzers auswirke. Zusätzlich merkt der BDH in seinem Infoblatt Nr. 78 “Thermische Behaglichkeit” an, dass es Begrenzungen hinsichtlich der Oberflächentemperaturen auch aus Sicht der thermischen Behaglichkeit im Raum gebe, damit auch für den Kühlfall die Strahlungsasymmetrien nicht zu groß würden.

Foto: Doreen Brumme