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Windwärme – der neue heiße Trend?

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Als Hersteller von Solarthermie-Anlagen ist unser erklärtes Ziel die Wärmewende. Auf unserem Solarthermie-Blog schauen wir immer wieder, was die Forschung in Sachen erneuerbare Wärme zu bieten hat: Laut dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mache Wärme fürs Heizen oder für industrielle Prozesse rund die Hälfte des weltweiten Energieverbrauchs aus. Damit wird schnell klar, wie bedeutend für die Energiewende es ist, dass Wärme künftig erneuerbar erzeugt wird. Deshalb erforsche das (DLR) in einem Projekt die technologischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Windthermie. Wir erklären euch hier, was es mit Windwärme auf sich hat. 

Was ist das Windwärme-Projekt der DLR?

Die meisten denken bei Windwärme an die Möglichkeit, Windkraft, also Windstrom (Power), in nutzbare Wärme (Heat) umzuwandeln: Power to Heat. Doch darum geht es hier nicht. Das DLR verfolgt vielmehr einen direkten Weg zum Erzeugen von Windwärme zur Dekarbonisierung des Wärmesektors: In der zugehörigen Pressemeldung schreibt das DLR, dass das

dazu einen ersten Prototyp entwickelt, aufgebaut und in Betrieb genommen habe. Die kleine Testanlage bestehe demnach aus einer kleinen Windenergieanlage und allen Komponenten zur Wärmeerzeugung in einem Container.

Mit Hilfe der Testanlage soll in den nächsten Jahren gezeigt werden, dass die Technologie in der Praxis funktioniere und für bestimmte Anwendungen auch im industriellen Maßstab geeignet sei – insbesondere dann, wenn Erzeugung und Nutzung der Wärme eng beieinander lägen.

Der entscheidende Vorteil der Windthermie sei, dass man direkt Wärme erzeuge. Das erhöhe den Wirkungsgrad, weil man sich einen Umwandlungsschritt spare. Bisher nutze man zum Beispiel gerade nicht benötigten Strom aus Windkraft, um daraus Wärme zu erzeugen und diese zu speichern. Dabei habe man einen Schritt mehr und entsprechend hohe Verluste bei der Umwandlung von Bewegungsenergie in Strom und dann erst Wärme. Das erklärte der Projektleiter Windthermie Malte Neumeier vom Institut für Flugsystemtechnik gegenüber der Presse.

Wo macht der Einsatz von Windwärme Sinn?

Einsatzmöglichkeiten für Windthermie sähen die Forscher des DLR überall dort, wo Wärme auf niedrigem und mittlerem Temperaturniveau (bis rund 300 Grad Celsius) benötigt werde. Dazu würden demnach

  • die Nah- und Fernwärmeversorgung von Gebäuden
  • sowie viele Prozesse in der Papier-, Karton- oder Lebensmittelindustrie gehören.
  • Auch Anlagen für das Entsalzen von Meerwasser
  • oder das Heizen von Gewächshäusern könnten von Windthermie profitieren.

Als eine weitere Anwendung nennt das DLR Hochtemperatur-Wärmespeicher: Sie würden die Wärme auf einem Temperaturniveau bis 600 Grad Celsius über mehrere Tage und Wochen speichern. Wehe kein Wind, käme die gespeicherte Wärme zum Einsatz, um Strom zu produzieren. Dazu merkt das DLR an, dass Wärmespeicher im Vergleich zu elektrischen Speichern wie Batterien wesentlich kostengünstiger seien.

Realisieren ließen sich Windthermie-Anlagen

  • entweder als dezentrale Kleinwindenergieanlagen, die Wärme bis zu 100 Grad Celsius bereitstellten,
  • oder als große Windparks, die Hochtemperaturwärme bis zu 600 Grad Celsius erzeugen könnten.
Funktionsschema der Pilotanlage
Funktionsschema der Pilotanlage: Die zentralen Komponenten und Prozesse einer windthermischen Anlage. Grafik: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

Erster Praxistest: Windwärme erzeugen, speichern und Messdaten sammeln

Die DLR-Pilotanlage stehe in Celle auf dem Gelände des Herstellers der Windenergieanlage PWS-Energiesysteme und setze sich aus zwei Teilen zusammen:

  1. einer kommerziell verfügbaren kleinen Windenergieanlage
  2. und einem Container.

Im Container würden demnach sämtliche Komponenten stecken, die nötig seien, um die Bewegungsenergie des Winds in Wärme umzuwandeln. Die Windenergieanlage sei 22 Meter hoch und habe eine Dauerleistung von 15 Kilowatt (kW) – das entspreche dem DLR zufolge in etwa dem jährlichen Energiebedarf eines Einfamilienhauses.

Das Wissenschaftlerteam um Malte Neumeier habe den elektrischen Generator ausgebaut und die Anlage für den neuen Einsatzzweck modifiziert. Hauptteil der „thermischen Plattform“ im Container sei eine spezielle Bremse, in der Fachsprache hydrodynamischer Retarder genannt. Sie erzeuge und regele die Wärme abhängig von der jeweiligen Anwendung. Ein Warmwasserbecken diene als Wärmespeicher. Die Forscher gehen davon aus, dass sich windthermische Anlagen mit weniger Komponenten realisieren ließen als stromerzeugende Anlagen. Das könnte auch mit einem geringeren Gewicht, weniger Kosten für Investition, Wartung und Betrieb und einer geringeren Anfälligkeit für Störungen einhergehen, sagt Malte Neumeier.

Schnell in die Umsetzung – mit bereits erhältlichen Komponenten

Für eine schnelle Entwicklung hin zur industriellen Anwendung würden die DLR-Forscher soweit wie möglich mit bereits am Markt erhältlichen Komponenten arbeiten, heißt es in der DLR-Pressemitteilung weiter.

Sie seien optimistisch, dass sich so diese Technologie vergleichsweise einfach nach oben skalieren – also in eine Größe übertragen lasse, die in der Praxis benötigt werde, erklärt Projektleiter Malte Neumeier mit Blick in die Zukunft. Im Fokus der Arbeiten mit dem Prototyp stünden ihm zufolge das Optimieren und Weiterentwickeln der Technologie, Analysen zur Wirtschaftlichkeit und das Erstellen von Anwendungsszenarien. Dazu gehöre unter anderem, die Komponenten zur Wärmeerzeugung aus dem Container in die Gondel der Windenergieanlage zu verlagern. So sollen die mechanischen Verluste verringert und der Wärmetransport optimiert werden.

Foto und Grafik: DLR