Uwe Trenkner zum Energielabel der EU für Heizungen

Insiderinterview zum Energielabel der EU für Heizungen – nur mit Solarthermie?

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Am 26. September 2013 sind neue Verordnungen für die Kennzeichnung  von Heizungen und Warmwassergeräten nach dem bekannten Ampelsystem (” Energielabel ” ) von Haushaltsgeräten in Kraft getreten.  Da wir bereits im April über die Grabenkämpfe in diesem Bereich berichtet haben, sprechen wir nun mit einem der hautnah dabei war und eine Zeit lang die Solarthermie bei den Verhandlungen vertreten hat. Uwe Trenkner von Trenkner Consulting.

Inhaltsverzeichnis

Effizienzlabel für Heizungen, Heizungslabel
So sieht es aus, das neue Heizungslabel der EU. Quelle: Europäische Komission

Ecoquent Positions: Acht Jahre Verhandlungen für dieses Label! Warum hat es so lange gedauert, bis man sich in der Kennzeichnung der Geräte im Wärme- und Heizungsbereich einigen konnte?

Uwe Trenkner: Die Energiekennzeichen wurden ja zunächst für Haushaltgeräte wie Kühlschränke und ähnliches angewandt. Und da ist es vergleichsweise leicht, einen „Normverbrauch“ zu ermitteln und zu bewerten: Dieser Kühlschrank verbraucht im Jahr im Durchschnitt X kWh, daher erreicht er die Kategorie A+. Das ist bei Heizungsanlagen aber gar nicht so leicht. Dasselbe Heizungssystem in verschiedenen Gebäuden und Ländern kann eine ganz unterschiedliche Performance haben. Das heißt, der eigentliche Energieverbrauch ist nur zum Teil auf das konkrete System zurückzuführen, zum anderen hängt er ganz stark vom Einsatzort und der Nutzung ab. Ein Beispiel: Wenn ich ein größeres Heizungssystem, das mit A gelabelt wurde in einem kleineren Gebäude einsetze, wird es sich dort vielleicht eher wie ein B-System verhalten und entsprechend Energie „schlucken“. Deshalb gab es eine längere Diskussionen darum, wie die „richtige“ Größe bestimmt wird.Die Kommission hatte zeitweilig vorgeschlagen, mehrere Label-Werte auf dem System der Energielabel anzugeben – jeweils für unterschiedlich großen Wärmebedarf. Letztlich hat man sich hier aber auf einen Wert geeinigt, um die Verbraucher nicht zu verwirren (Bin ich nun in einem L-Haus oder einem XL-Haus? Welcher Label-Wert gilt hier für mich?).

Die Annahme ist nun: Es wird die passende Größe eingesetzt. Also kann ich mich an der Nennleistung orientieren. Ein ähnliches Problem ergab sich aus dem Einsatz in verschiedenen Klimata. Gerade Wärmepumpen oder Solarthermie-Systeme verhalten sich nun einmal anders, wenn sie im kalten Finnland oder auf dem warmen Zypern eingesetzt werden. Immer wieder ging es darum, einen praktikablen Mittelweg zu finden, zwischen Genauigkeit bzw. Korrektheit der Angaben und leichter Verständlichkeit. Wenn ich dem Endkunden erst ein Handbuch geben muss, damit er das Energielabel entziffern kann, habe ich nichts gewonnen. Schließlich soll dem Kunden ja ein einfaches Signal gegeben werden, welche Systeme besser oder schlechter sind, was den Energiebedarf betrifft. Zu guter letzt darf man wohl auch ohne Einschränkung sagen, dass es Marktteilnehmer gab, die versucht haben, den ganzen Prozess zu torpedieren, weil sie das Label an sich ablehnten. Von denen kamen dann immer wieder ganz neue Vorschläge, wie die Berechnungen aussehen sollten, wie die Labelwerte ermittelt werden sollten usw. von Seiten der Solarthermie-Industrie hatte man z.B. gehofft, dass ein A von einem rein fossilen Heizsystem gar nicht erreicht werden könnte. Ein „A“ sollte signalisieren „Hier hast Du ein prima System“ und unserer Ansicht nach ist ein rein fossil befeuertes System einfach nicht prima. Das sahen andere Industrie-Vertreter natürlich ganz anders.

Ecoquent-Positions: Wenn ich es richtig verstanden habe, gibt es drei unterschiedliche Labels, eines für Heizgeräte, eines für Warmwasserbereiter und eines für Kombisysteme. Warum muss man hier eine Unterscheidung machen? Könnte das den Verbraucher nicht zusätzlich verwirren?

Im Prinzip stimmt das mit den dreien. In Wirklichkeit sind es noch einige mehr, weil z.B. selbst für die reinen Raumheizungssysteme leicht voneinander abweichende Labels existieren, je nachdem welche Technologie verwendet wird. Da stehen dann jeweils noch entsprechende Zusatzinformationen drauf, die zur jeweiligen Technologie und Anwendung gehören. Bei KWK-Systemen gibt es z.B. ein Icon, dass anzeigt, dass hier auch Strom generiert wird; bei Wärmepumpen werden Werte für verschiedene Temperaturniveaus angezeigt usw…Nunja, das macht schon Sinn, weil es sich möglicherweise um sehr unterschiedliche Systeme handelt. Es gibt reine Warmwasserssyteme, reine (Raum-) Heizungsysteme und eine ganze Menge, die beides machen. Da sind die Anforderungen und somit auch die technischen Lösungen andere. Das fängt bei der Hygiene an und reicht bis zum unterschiedlichen Temperaturniveau. Insofern macht es schlichtweg Sinn, diese Produkte einzeln zu betrachten und einzeln zu bewerten. Bei den Combi-Boilern, die sowohl Raumheizung als auch Warmwasserbereitung machen, habe ich zwei separate Label für die beiden Funktionen. Allerdings gebe ich Ihnen vollkommen recht: Das trägt zur Verwirrung bei: Wie gut ist denn nun ein System, dass in Sachen Raumheizung ein B und in Warmwasserbereitung ein A+ hat (falls es sowas gibt)?

Ecoquent-Positions: Das dritte Label ist das Installer Label bzw. Package Label. Was hat es damit auf sich?

Dieses Label ist eine Idee von ESTIF gewesen und wird in den Vorschriften nun „Package Label“ genannt. Es ermöglicht, dass auch Systeme ein Label erhalten, die z.B. erst vom Installateur aus einzelnen Komponenten zusammengesetzt werden. Die Energiekennzeichnung erfasste zunächst nämlich nur Produkte, die in dieser Form „in Verkehr gebracht“ werden. Das trifft aber auf viele Heizungssysteme und insbesondere solche mit Solarthermie gar nicht zu. Da wird z.B. ein bereits in Verkehr gebrachter Gas-Brennwertkessel mit einer Solarthermieanlage zusammengesetzt und bildet so ein komplettes Heizungssystem. Diese sehr üblichen Kombinationen hätten kein Energielabel erhalten können, weil sie nicht von einem Hersteller/Importeur als System auf dem EU-Binnenmarkt in Verkehr gebracht wurden. Lediglich der Heizkessel hätte ein Label gehabt. Aber natürlich hätten die großen Systemhersteller (Bosch Thermotechnik, Viessmann etc.) ihre eigenen Kombinationen aus Kessel und Solarthermie labeln können, sofern sie diese als ein komplettes System auf den Markt bringen. Die meisten Produkte der Solarthermie-Spezialisten wären dagegen draußen vorgeblieben: Dem Kunden hätte man nicht zeigen können „schau, mit der Solarthermie-Anlage zusammen, kommt Dein System auf ein A++“. Das hätten nur die Systemanbieter gekonnt. Das hätte zu einer massiven Marktverzerrung geführt und daher hat ESTIF sich hier für ein zusätzliches „Package Label“ eingesetzt. Es kommt aber auch anderen Komponenten-Herstellern zugute, z.B. den Herstellern von Heizungsreglern. Auch hier wäre es nämlich so gewesen, dass nur, wenn der Heizungsregler bereits als Teil des Systems auf den Markt kommt, hätte er das Label positiv beeinflussen können. Die ganzen unabhängigen Regler-Hersteller hätten dem Kunden also nicht anhand des Labels zeigen können, dass ihr Produkt das Label-Ergebnis verbessert. Die Herausforderung besteht nun darin, ein einfach handhabbares System aufzubauen, dass es den zig tausenden Installateuren in Europa ermöglicht, leicht und möglichst fehlerfrei das Package Label zu ermitteln und dem Kunden mitzugeben.

Ecoquent-Positions: Welches Heizsystem wird die Kategorie A+++ erreichen, Stimmt es, dass nur solarthermische Systeme diesen Wert erreichen können?

Insgesamt sehe ich kaum eine Möglichkeit, ohne Solarthermie zu einem dreifach-Plus zu gelangen. Bei den Raumheizungssystemen dürfte dies sogar nur in der Kombination einer guten Wärmepumpe mit Solar möglich sein. Und bei den Warmwasser-Systemen kommt man auch erst mit einem sehr guten System (Effizienz von 95%) und ca. 70% Solaranteil auf ein A+++.

Ecoquent Positions: Was halten Sie persönlich von dieser ++ Masche? Für mich klingt das eher nach Konsumententäuschung weil viele ja bei A schon meinen ein effizientes Gerät zu kaufen. Zumindest ist das bei Haushaltsgeräten so. Wäre es nicht klüger gewesen jetzt mit A als höchster Kategorie zu beginnen und erst in den nächsten Jahren mit den + zu beginnen?

Das Europäische Parlament hat bei anderen Produktgruppen ganz klar den Wunsch geäußert, immer bei A bis G zu bleiben, also gänzlich ohne die ++ auszukommen. Alle paar Jahre müssten die Kategorien für den aktuellen Stand der Technik angepasst werden. Für den Konsumenten wäre das sicherlich das beste Lösung. Allerdings hat es einige entscheidende Nachteile: Erstens müsste man sich alle paar Jahre wieder damit auseinandersetzen und versuchen, den Stand der Technik zu definieren. Und nach den ca. 8 Jahren Beratungen für die erste Version der Energielabel für Heizungssysteme hat darauf sicherlich keiner Lust. Zweitens müssten dann im Prinzip Produkte umgelabelt werden: Zum Stichtag X würden Systeme, die vorher A waren nur noch B oder C sein. Das mag ab Fabrik noch gut gehen, aber in den Läden wäre das möglicherweise etwas chaotisch – ist das Label auf dem Kühlschrank das aktuelle oder bezieht es sich noch auf das alte System. Noch wichtiger scheint mir aber der dritte Nachteil: Bis zur Neufestlegung der Klassen gibt es für Firmen kaum noch einen Anreiz, ihre Produkte noch  effizienter zu machen. Warum Geld in Verbesserung investieren, wenn aus dem A kein A+ oder A++ werden kann. Dieser negative Mechanismus ließ sich offenbar für einige Produktgruppen sehr gut nachweisen. Insofern bietet die Erweiterung nach oben, die vorab schon festgelegt und bekannt, Anreize zur laufenden Verbesserung.

Schlechter als die Plusse finde ich, dass es konventionelle Heizungssysteme gibt, die keine Erneuerbaren Energien nutzen und die trotzdem ein A erreichen. Das hätte es meines Erachtens nicht geben dürfen. Ein A hätte in meinen Augen zumindest die teilweise Nutzung von erneuerbaren Energien vorsehen müssen.

Ecoquent Positions: In welche Kategorie fallen Gas- und Ölheizungen? Werden diese direkt mit erneuerbaren Systemen verglichen, oder haben sie es geschafft sich dem Direktvergleich zu entziehen wie ursprünglich einmal angedacht?

Hier hat sich zum Glück die Kommission durchgesetzt gegen die Lobby der großen Heizungshersteller: Das Label ist energieübergreifend – egal ob ich Öl, Gas oder Solarenergie nutze. In der Praxis sieht es so aus, dass immer mit der Effizienz des primären Wärmeerzeugers begonnen wird und diese dann durch weitere Komponenten verändert werden kann (Regler, Solarthermie, zweiter Wärmeerzeuger, Wärmespeicher). Wenn der primäre Wärmeerzeuger z.B. eine Effizienz von 90% hat, verhilft ihm ein Regler der „Klasse II“ zu zwei weiteren Prozentpunkten, also 92%. Eine zusätzliche Solarthermieanlagen kann je nach Leistung und Speichergrößere weitere Prozentpunkte hinzubringen. So komme ich auf ein Gesamtwert für das System.  Insofern können wir nun dem Kunden deutlich machen: Dein Brennwertkessel hat nur ein B, aber mit der Solarthermieanlagen zusammen kommt Deine Heizung auf ein A+. Und das ist ja genau das, was wir wollten und worauf wir uns freuen.

Wo sind Ihrer Meinung nach die Schwächen des Systems und worauf sollte der Verbraucher zusätzlich achten?

Ich denke, das Label, so wie es jetzt beschlossen wurde, ist eine solide Grundlage. Erstmals wird dem Kunden schon vor dem Kauf signalisiert, wie effizient sein Heizungssystem sein wird. Er kann dann Preis und Effizienz direkt vergleichen und ich hoffe, dass viele dies auch machen werden. Bei Kühlschränken hat es ja geradezu zu einer Ausrottung von Produkten unterhalb von A geführt, zumindest in Deutschland. Zudem wird das Label ja in Zusammenhang mit Ökodesign-Vorschriften dazu genutzt werden, ineffiziente System sukzessive vom Markt zu nehmen, ähnlich wie es derzeit mit Lampen geschieht, wo die schlechtesten Glühbirnen mittlerweile nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen und nach und nach die Mindesteffizienz angehoben wird. Ich denke aber auch, dass wir nicht zu schnell zu viel von dem neuen Label erwarten sollten. Alle Marktteilnehmer müssen sich erst damit vertraut machen und es wird erst nach und nach seine Signalwirkung voll entfalten. Ich bin mir sicher, dass das Label z.B. auch von Bauherren zunehmend als Anforderung eingesetzt werden wird. Da wird dann zum Beispiel mindestens ein A+ System verlangt. Da steckt also viel Musik drin.

Was die Verbraucher betrifft, sollten wir aber auch sagen: Das beste System taugt nichts, wenn der Installateur nichts taugt. Er muss das System vernünftig dimensionieren, installieren und in Zukunft vielleicht auch (fern-)überwachen. Sonst ist die ganze tolle Effizienz auf dem Papier nichts wert.

Ecoquent-Positions: Das Labelling ist erst in zwei Jahren verpflichtend. Ist schon absehbar welche Unternehmen die freiwillige Kennzeichnung bereits jetzt durchführen lassen.

Die Vorschriften sind noch ganz frisch und daher ist es noch zu früh, um diese Frage zu beantworten. Ich gehe aber davon aus, dass gerade die Solarthermie-Spezialisten zu den ersten zählen werden, die das Label nutzen, um damit dem Kunden die Vorteile ihrer Produkte zu zeigen.

Ecoquent-Positions: Wird diese Kennzeichnung der Solarthermie in der Weiterentwicklung helfen? Was bräuchte es in dem Bereich?

Das Label wird zumindest dazu beitragen, dass die Solarthermie und ihr Nutzen leichter sichtbar werden. Das ist gut, um den Markt zu beleben, der ja in den letzten Jahren eher schleppend läuft. Und es hilft, die Kosten-Nutzen-Relation verschiedener Heizungssysteme transparenter zu machen. Die Intransparenz ist sicherlich eines der großen Hindernisse im gesamten Heizungsmarkt: Ich gehe zu drei verschiedenen Installateuren und erhalte drei oder mehr grundlegend verschiedene Angebote. Und als normaler Verbraucher habe ich kaum eine Möglichkeit, diese zu vergleichen. Wir hören immer wieder, dass diese Verunsicherung dazu beiträgt, dass potenzielle Käufer ihre Kaufentscheidung hinausschieben, solange ihr Heizungssystem noch irgendwie funktioniert. Insofern kann das Energielabel ein Stück die Energiewende im Heizungskeller vorantreiben.

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Vielen Dank jedenfalls an Uwe Trenkner für dieses überaus interessante Interview. Ich hab jedenfalls einiges gelernt und blicke ein klein wenig mehr durch. Was interessiert euch sonst noch zu diesem Thema? Wo sollen wir nachbohren? Wir werden auf jeden Fall das Bild oben versuchen zu entschlüsseln und freuen uns über Kommentare dazu!