Kesseltausch spart weniger als gedacht

Kesseltausch spart weniger als gedacht

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Werde ein alter Heizkessel mit einem modernen Brennwertkessel ersetzt, so spare die Maßnahme zur Heizungsmodernisierung deutlich weniger Energie als bisher angenommen. In Abhängigkeit vom ausgetauschten Kessel lägen die damit erzielten Einsparungen zwischen 2 und 15 Prozent. Das ergab ein Gutachten, das der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) in Auftrag gegeben hatte.  Als Energiesparmaßnahme verliere der Kesseltausch damit  deutlich an Wirkung – technisch wie argumentativ. Es sei höchste Zeit, so der BEE, anstatt auf fossile Heizsysteme zu setzen, auf CO2-freie und CO2-neutrale Heiztechnologien mit erneuerbaren Energien wie Solarthermie umzusteigen.

Bei Beibehaltung fossiler Heizsysteme spart Kesseltausch weniger als bislang gedacht

Carsten Pfeiffer, Leiter Strategie und Politik beim Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), bringt das Ergebnis des Gutachtens in der zugehörigen Pressemitteilung so auf den Punkt: Es sei keine wirksame Klimaschutzmaßnahme, lediglich einen älteren fossil befeuerten Kessel mit einem neueren auszutauschen. Die öffentliche Diskussion suggeriere zwar häufig Einsparungen an Energie und entsprechenden CO2-Emissionen von bis zu 30 Prozent, wenn man alte Heizkessel mit neuen Brennwert-Geräten ersetze. Diese Behauptungen würden demnach jedoch von dem Gutachten sowie von Realbetrieb-Untersuchungen widerlegt.

Das Gutachten, das das Beratungsunternehmen Econsult  anfertigte, zeige, dass die Energie- und CO2-Ersparnis stark vom alten, auszutauschenden Kessel abhänge: Sie bewege sich je nach Effizienz des alten Kessels zwischen 2 und 15 Prozent. Umgerechnet heiße das laut BEE: Der neue Kessel stoße die gleiche Menge CO2 innerhalb von sieben Tagen aus, für die alte Kessel sechs Tage gebraucht hätten. „Für das Klima macht dies am Ende keinen wirklichen Unterschied“, sagt Carsten Pfeiffer gegenüber der Presse. 

Festhalten an fossilen Heizungen besitzt hohes Lock-In-Risiko

Der BEE sehe das Festhalten an fossil befeuerten Kesseln demnach als ein hohes Lock-In-Risiko an, das dem Erreichen mittel- und langfristiger Klimaschutzziele im Wege stehe. „Heizkessel sind in Deutschland in der Regel mehrere Jahrzehnte in Betrieb. Der Ausstieg aus fossil befeuerten Heizungen muss jetzt starten, wenn der Wärmesektor seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten soll“, erklärt Carsten Pfeiffer. Ihm zufolge sei es höchste Zeit, auf CO2-freie und CO2-neutrale Heiztechnologien wie Solarthermie, Erdwärme, Holz, Biogas und weitere Grüne Gase umzusteigen. Beispielsweise würde ein Heizsystem, das Holzpellets und Solarthermie oder das Wärmepumpe und Solarthermie kombiniere (sogenannte Kombi-Systeme) eine umfassende Dekarbonisierung möglich machen. Dabei handele es sich um bewährte Systeme, die mit moderner Technik maßgeblich zum Klimaschutz beitrügen. Carsten Pfeiffer sagt weiter, dass es keinen Grund gebe, den Einsatz erneuerbarer Wärmetechnologie um weitere Jahrzehnte zu verzögern.

Förderung rein fossiler Heizsysteme und Klimaschutz passen nicht zusammen

Der Gebäudesektor trage Pfeifers Aussage nach bislang zu wenig zur Dekarbonisierung bei. Der BEE sei der Ansicht, dass die nun vorliegenden wissenschaftlichen Ergebnisse große Relevanz für die Förderstrategie der Bundesregierung hätten: „Die Arbeit der vorgesehenen Kommission im Gebäudesektor sollte ebenso wie die Umsetzung des Klimaschutzplans in ein Klimaschutzgesetz auf der Basis fundierter wissenschaftlicher Daten anstelle von Werbeversprechen basieren“, fordert Pfeiffer. Der BEE hätte in der Vergangenheit bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass die Förderung rein fossil betriebener Heizungen und Klimaschutz nicht zusammenpassen würden.

Hintergrundwissen: Lock-in-Effekt / Lock-in-Risiko

Der englische Ausdruck “lock in” lässt sich mit “einschließen” oder “einsperren” übersetzen. Als Lock-in-Effekt bezeichnen Wirtschaftswissenschaftler und Marketiere die enge Anbindung von Kunden 

  • an Produkte und/oder Dienstleistungen 
  • oder an Anbieter,

die es dem Kunden wegen entstehender Wechselkosten und sonstiger Wechselbarrieren erschwert, das Produkt oder den Anbieter zu wechseln. Im Zusammenhang mit dem Thema Heizen und Kesseltausch kann die Förderung desselben mit Staatsgeldern als Barriere für den Wechsel vom fossilen Heizsystem auf ein erneuerbares angesehen werden.

Foto:  nownature/photocase, Bearbeitung: Doreen Brumme