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Was ist eine Solardachpflicht?

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Was ist eine Solardachpflicht? Wozu verpflichtet sie und wer wird von wem verpflichtet? Warum ist die Solardachpflicht in Deutschland meist nur eine Solarstrompflicht und keine Solarstrom- und -wärmepflicht? Wo gibt es hierzulande schon die Solardachpflicht? Wie steht’s um eine bundesweite Solardachpflicht? Was ist eine Solastrom-Duldungspflicht? Diese und andere Fragen beantworten wir euch in diesem Beitrag.

Was ist die Solardachpflicht?

Mit dem Begriff Solardachpflicht, auch Solarpflicht oder solare Baupflicht genannt, ist die Pflicht gemeint, Gebäude mit technischen Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarer Solarenergie auszustatten, um die Energiewende weg von fossilen Energiequellen für Strom und Wärme hin zu erneuerbaren zu vollziehen. Demnach können Dachbesitzer dazu verpflichtet werden, auf ihren Dächern Solaranlagen,

  • sowohl Solarstromanlagen (Photovoltaik-Anlagen)
  • als auch Solarwärmeanlagen (Solarthermie-Anlagen),

zu installieren. Das Potential für Solardächer in Deutschland ist groß und noch längst nicht ausgeschöpft.

Solarpflicht ist meist nur eine Solarstrompflicht, keine Solarstrom- & Solarwärmepflicht

Leider wird noch immer das Potential von Solarthermie als Solarenergie verkannt. Meist wird unter einer Solardachpflicht nur die Pflicht zur Errichtung von Photovoltaikanlagen verstanden. Bestenfalls wird Solarthermie als “Ersatztechnologie” berücksichtigt. Dabei gibt es für Solarthermie eine satte staatliche Förderung – die Fördersummen waren noch nie so hoch wie derzeit.

Warum wir der Meinung sind, dass eine Solardachpflicht unbedingt beide Technologien umfassen sollte, begründen wir in unserem Beitrag “Wir reden Klartext: Her mit der Solarwärmepflicht!” hier auf dem Solarthermieblog ausführlich. Noch mehr zum Thema Solar(thermie)pflicht lest ihr hier.

Wo in Deutschland gilt bereits eine Solardachpflicht?

  • Nachdem die baden-württembergische Kommune Waiblingen nahe Stuttgart schon im Jahr 2006 eine Solardachpflicht für Neubauten einführte, der zufolge mindestens 50 Prozent der geeigneten Dachfläche solar genutzt werden müssen, war es lange Zeit ruhig in Solardeutschland.
  • Erst 2018 folgte Tübingen (gleichfalls Baden-Württemberg) mit der Einführung einer solchen Solardachpflicht.
  • Konstanz (Baden-Württemberg) führte 2019 eine partielle Solardachpflicht ein.
  • Auch Amberg in Bayern schrieb 2019 die Solardachpflicht fest.
  • Die Freie und Hansestadt Hamburg hatte als erstes deutsches Bundesland im Dezember 2019 mit ihrem damals novellierten Klimaplan und dem neuen Klimaschutzgesetz für Hamburg eine Solarpflicht für Neubauten beschlossen – sie soll ab 2023 in Kraft treten.
  • Die Hansestadt Bremen beschloss 2020 eine Solardachpflicht für Neubauten.
  • In Baden-Württemberg ist eine Solardachpflicht für Nichtwohngebäude und Parkplatzflächen mit mehr als 75 Stellplätzen für Kraftfahrzeuge ab dem 2022 grundsätzlich verpflichtend.
  • Für Nordrhein-Westfalen kündigte die Bauministerin des Landes, Ina Scharrenbach (CDU) im Dezember 2020 an, dass über neu gebauten offenen Parkflächen mit mehr als 25 Plätzen künftig Photovoltaik-Anlagen Pflicht werden sollen. Christian Mildenberger vom Landesverband Erneuerbare Energien NRW habe laut der Süddeutschen Zeitung (SZ) im Januar 2021 die Einführung einer Solardachpflicht für neu gebaute Häuser in Nordrhein-Westfalen gefordert.
  • Würzburg (Bayern) hat im Frühjahr 2021 eine Solardachpflicht beschlossen, die 2022 in Kraft treten soll.
  • Berlin beschloss 2021 eine Photovoltaik-Pflicht für neue Wohn- und Nicht-Wohngebäude ab 2023. Diese Verpflichtung gelte für Neubauten sowie für wesentliche Umbauten von Dächern im Gebäudebestand mit einer Nutzfläche von mehr als 50 Quadratmetern, wobei die Photovoltaik-Anlagen mindestens 30 Prozent der Nettodachfläche bedecken müssen.
  • Im Freistaat Bayern wird die Einführung einer Solardachpflicht noch diskutiert, dort soll es voraussichtlich ab 2022 eine solche solare Baupflicht – anfangs für gewerbliche Neubauten und später für private Neubauten – geben.
  • In Niedersachsen soll die Pflicht zur Installation von Solaranlagen für Neubauten mit überwiegend gewerblicher Nutzung ab 75 Quadratmetern Dachfläche ab 2022 kommen.
  • Der Entwurf für ein neues Energiewende- und Klimaschutzgesetz für das Land Schleswig-Holstein umfasst auch eine Pflicht zur Installation von Solaranlagen auf errichteten Parkplätzen mit mehr als 100 Stellplätzen. Zudem sollen bei Neubauten und bei Dach-Renovierungen von Nichtwohngebäuden Photovoltaik-Anlagen grundsätzlich standardmäßig auf den Dächern installiert werden. Auch den Ausbau von Freiflächen-Photovoltaik wollen die Norddeutschen im Rahmen des Landesentwicklungsplanes vorantreiben. Das neue Gesetz soll bis zum Herbst 2021 beschlossen werden und noch in dieser Legislatur in Kraft treten.

Wie steht’s aktuell um eine bundesweite Solardachpflicht?

Im Frühsommer scheiterte die Bundesregierung mit ihrem Vorschlag für eine deutschlandweite Solardachpflicht an der dafür fehlenden Mehrheit. Im Juli forderte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder eine bundesweite Solardachpflicht für Neubauten. Ende August legten Abgeordnete der Partei Bündnis 90/Die Grünen, darunter auch Bundeskanzlerkandidatin Annalena Baerbock, einen Gesetzentwurf für ein bundesweit geltendes Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus von Solaranlagen zur Stromerzeugung auf Gebäuden (Solaranlagenausbaubeschleunigungsgesetz – SolarBeschlG) vor.

Gleichfalls Ende August sprach sich der amtierende Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier (CDU) ausdrücklich für mehr Solardächer in Deutschland aus. Laut Medienberichten überlege er sogar, eine „Duldungspflicht“ für unwillige Hausbesitzer einzuführen. Es seien demnach viel mehr Solardächer als bisher nötig, obwohl es schon hohe Ausbauziele gebe. Demnach habe Altmeier von einer Solardachpflicht für beide Solarenergieerzeugungstechnologien, Solarthermie und Photovoltaik gesprochen: Er wolle mit Bund, Ländern und Gemeinden klären, dass auf allen neuen öffentlichen Gebäuden Solaranlagen, also entweder Photovoltaik oder Solarthermie, oder ein Mix aus beidem installiert würden. Bestehende Gebäude sollten außerdem so schnell wie möglich, aber spätestens bis 2028, nachgerüstet werden. Ähnliches solle auch für Gewerbebauten und große Mietwohnungsanlagen gelten, schreibt der Merkur online.

Eine Solarpflicht auf Privathäusern halte Altmaier demnach nicht für richtig, da sich nicht jeder die Installation von Photovoltaik- oder Solarthermie-Anlagen leisten könne. Allerdings könne er sich eine „Duldungspflicht“ oder Investitionsvorschüsse für Solarstromanlagen vorstellen. Bei einem Investitionsvorschuss würde die Anlage dem Hausbesitzer gehören, aber dafür müsste der Vorschuss mit den Einnahmen aus der Photovoltaik-Anlage wieder zu einem bestimmten Teil zurückgezahlt werden.

Bei der Duldungspflicht hätten Dritte, beispielsweise die Kommune, die Möglichkeit, gegen eine angemessene Beteiligung des Eigentümers am Erlös, auf eigene Kosten Solarstromanlagen zu installieren, erklärt Altmeier weiter. Hausbesitzer zwinge man mit der Duldungspflicht, ihre Dächer für Solaranlagen zur Verfügung zu stellen. Damit könne man die Ziele der Energiewende erreichen, ohne „unangemessen in die private Investitionsfreiheit einzugreifen“, schreibt der Merkur online weiter

Ist eine Solardachpflicht in Deutschland machbar?

Der Berliner Rechtsanwalt Uwe Bottermann erklärte in der Tageszeitung Welt, dass eine derartige Duldungspflicht hierzulande möglich sei. Den Vorschlag von Minister Altmeier könne man demnach juristisch zunächst klassisch als Inhalts- oder Schrankenbestimmung des Eigentums nach Artikel 14 des Grundgesetzes einordnen. Für eine Duldungspflicht müsse die Regierung dem Anwalt zufolge nur ein entsprechendes Gesetz in Kraft setzen, ähnliche wie bei der Infrastruktur, wo Grundstückseigentümer die Stromversorgung gewährleisten müssten.

In einem zweiten Schritt müsse man dann die Verhältnismäßigkeit der Duldungspflicht bewerten, indem man die Frage stelle, ob das Gesetz einem legitimen Zweck diene. Klimaschutz sei ein solcher.  Außerdem müsse sich das Gesetz eignen, um den Klimaschutz Zweck zu fördern. Das könne man bei der Erzeugung erneuerbaren Solarstroms voraussetzen.

Demnach, so schlussfolgere der Anwalt, stünde einer Duldungspflicht für Solaranlagen in Deutschland kaum etwas im Wege. Ihm zufolge müsste die Bundesregierung vorab lediglich prüfen, ob es „alternative Maßnahmen mit weniger Eingriffstiefe” gebe, beispielsweise eine stärkere Förderung von Solaranlagen , die von Hausbesitzern selbst betrieben würden. Auch haftungsrechtliche Fragen seien demnach noch zu klären.

Ihr seht, es bewegt sich derzeit viel in Sachen Solardachpflicht in Deutschland – die weitere Entwicklung bleibt daher spannend. Wir bleiben dran!

Foto eines Solardachs mit Solarthermie und Photovoltaik vom Handwerker des Monats Joachim Knetzger Heizsysteme GmbH / Paradigma