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Experten-Interview: Wann sollte keine Wärmepumpe eingebaut werden?

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Diese Frage stellten wir Ulf Heidrich (Titelfoto). Er ist Teamleiter für das gesamte Produktmanagement in unserem Unternehmen Ritter Energie und unter anderem ein Experte für Wärmepumpen. Lest hier, wann keine Wärmepumpe eingebaut werden sollte. 

Ulf Heidrich, bitte stelle dich und deine Funktion bei Ritter Energie kurz vor!

Nach meinem Ingenieursabschluss in Versorgungstechnik an der Fachhochschule Köln startete ich meine Karriere als Planer in einem Ingenieurbüro für haustechnische Anlagen, bis ich in die Industrie und damit zur Firma Waterkotte wechselte. Ich baute dort eine Planungsabteilung für Großwärmepumpen auf, insbesondere Sole-Wasser-Wärmepumpen mit großen Sondenfeldern. Paradigma lernte ich während einer Weiterbildung kennen und schätzen, weshalb ich über die Jahre immer wieder nachschaute, ob Paradigma den Kurs in Richtung Wärmepumpe einschlägt.

…und dann war es soweit!

Seit Oktober des Jahres 2022 bin ich bei Ritter Energie/Paradigma für Wärmepumpen und kurz darauf auch für Photovoltaik zuständig. Seit April 2023 arbeite ich als Teamleiter für das gesamte Produktmanagement.

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Unsere Paradigma Luft-Wasser-Wärmepumpe WP Aero Marin überzeugt mit ihrer enormen Energieeffizienz und ist in drei Heizleistungen erhältlich. Foto: Paradigma

Welches Potential haben Wärmepumpen als Erzeuger von erneuerbarer Wärme?

Wärmepumpen haben ein sehr großes Potential, um einen Beitrag zur Wärmewende hin zur erneuerbaren Energie zu leisten.

An dieser Stelle der ganz klare Hinweis, dass es nicht nur Luft-Wasser-Wärmepumpen gibt, sondern auch noch die Sole-Wasser Wärmepumpen (Mehr zu den verschiedenen Gerätetypen lest ihr in unserem Grundlagenartikel zu Wärmepumpen hier auf unserem Solarthermie-Blog!).

Mit Wärmepumpen können sehr unterschiedliche Wärmequellen genutzt werden.

Zudem gibt es auch die Möglichkeit, in Wohngebieten sogenannte Kaltwärmenetze zu installieren und dann darüber dezentrale Sole-Wasser-Wärmepumpen zu versorgen. Somit müsste nicht mehr für jedes einzelne Haus eine eigene Wärmequelle errichtet werden, sondern man könnte zentral eine entsprechende Wärmequelle installieren und hier auch weitere regenerative Komponenten zur Sicherstellung der Wärmequelle auf einem hohen Niveau zur Verfügung stellen. Diese regenerative Kopplung könnte zum Beispiel Solarthermie sein.

WP-Aero-Calima_Paradigma_außen
Auch unsere Luft-Wasser-Wärmepumpe WP Aero Calima kommt mit einer überzeugenden Energieeffizienz daher. Foto: Paradigma

Wie lässt sich das Potential der Wärmepumpe bestmöglich ausschöpfen?

Wärmepumpen können monovalent, also ohne einen weiteren Wärmeerzeuger (schließt auch E-Heizstäbe ein) betrieben werden, wenn die Rahmenbedingungen es zulassen. Allerdings gibt es sehr sinnvolle Kopplungsmöglichkeiten: Zum Beispiel kann eine Wärmepumpe – und hier ist es egal, ob Luft-Wasser-Wärmepumpe oder Sole-Wasser-Wärmepumpe – mit Solarthermie kombiniert werden.

Mit einer effizienten Solarthermie-Anlage mit beispielsweise Vakuum-Röhrenkollektoren im sogenannten bivalenten Betrieb lassen sich

    • die Laufzeiten,
    • die Kompressor-Starts
    • und letztendlich auch der Strombezug

einer Wärmepumpe deutlich reduzieren, wie die folgende Grafik ganz anschaulich zeigt: 

Waermepumpe_Stromeinsparung dank Solarthermie

Dort wurde eine Kombination aus Wärmepumpe und Solarthermie in zwei Einfamilienhäusern (EFH) mit unterschiedlichen Heizwärmebedarfen untersucht. Die Unterschiede beim Heizwärmebedarf resultieren aus den verschiedenen Dämmstandards der beiden Gebäude.

Die Ergebnisse: Je nach Dämmung ergaben sich

  1. beim Strombezug Einsparungen von 33 Prozent und 37 Prozent pro Jahr.
  2. Die Kompressor-Starts sanken um 57 Prozent.
  3. Die Jahreslaufzeit (auch Jahresbetriebsstundenzahl genannt) der Wärmepumpen minderte sich um 36 Prozent und 42 Prozent.

Der erste Punkt, weniger Strombezug, schlägt sich auf der Stromrechnung nieder: Wer ein gutes Drittel weniger Strom für die Wärmepumpe verbraucht, zahlt entsprechend niedrigere Stromkosten. Die Stromersparnis geht mit einem niedrigeren CO2-Ausstoß einher, der bei der Stromerzeugung in unserem aktuellen Mix aus fossilen und regenerativen Trägern anfällt.

Paradigma PV-Dach plus Waermepumpe
Auf dem Dach des Einfamilienhauses ist eine Photovoltaik-Anlage von Paradigma installiert. Vor dem Haus steht eine Paradigma Wärmepumpe. Foto: Paradigma

Eine Wärmepumpe lässt sich zudem mit einer Photovoltaik-Anlage kombinieren. Das senkt, zumindest im Jahresbilanzverfahren und beim Einsatz eines Batteriespeichers, gleichfalls den Strom, der aus dem Netz des Energieversorgers bezogen werden muss.

Selbstverständlich kann man das Dach auch für beide Solaranlagentypen nutzen: Für den sinnvollen Einsatz einer Solarthermie-Anlage reichen bei effizienten Kollektoren schon Kollektorflächen von 6,7 bis 13,4 Quadratmetern (m²) aus, wie die Grafik oben zeigt. Der Rest des Solardaches lässt sich dann mit PV-Modulen bestücken. Dank dieser 3er-Kombi aus Wärmepumpe, PV und Solarthermie nutzt man die Sonnenenergie sowohl thermisch als auch elektrisch – und die Wärmepumpe profitiert davon. 

Ist die Wärmepumpe eine Lösung für jedes Haus – oder gibt es auch Fälle, wo keine Wärmepumpe eingebaut werden sollte?

Eine Wärmepumpe ist nicht automatisch für jedes Haus eine Lösung. Ob ihr Einsatz sinnvoll ist oder nicht – das hängt hauptsächlich von folgendem Faktor ab:

Mit welcher maximalen Vorlauftemperatur muss das Heizungssystem bei der tiefsten Außentemperatur (Auslegungstemperatur) betrieben werden?

Dabei gilt: Ist diese Temperatur zu hoch – ich bin ein Freund davon, hier als Grenzwert 55 Grad Celsius (°C) zu nennen – lässt sich die Wärmepumpe nicht effizient betreiben.

Man kann bei sehr hohen Vorlauftemperaturen natürlich auch prüfen, ob am Gebäude nicht sowieso eine energetische Sanierung der Gebäudehülle geplant oder durchgeführt werden könnte. Als Ergebnis einer solchen Sanierung ergäbe sich beim gleichen Heizsystem dann auch automatisch eine niedrigere Vorlauftemperatur.

Eine Alternative wäre es, die bestehenden Heizflächen (in dem Fall die Heizkörper) gegen größere zu tauschen. Mit der Vergrößerung könnte dann auch die Vorlauftemperatur abgesenkt werden – und die Wärmepumpe wieder passen. Wobei in diesem Fall – hohe Systemtemperaturen – auch ein Pelletkessel sinnvoll wäre. Der könnte die erforderlichen höheren Temperaturen problemlos liefern und heizt auch erneuerbar.

Und wie sieht das bei größeren Gebäuden aus?

Bei größeren Gebäuden muss man sich zusätzlich zur Vorlauftemperatur auch die benötigte Heizleistung anschauen und dann prüfen, mit welcher Wärmepumpe sich diese erzeugen lässt. Bei Luft-Wasser-Wärmepumpen zum Beispiel könnte man dann eine Kaskade von zwei oder drei Wärmepumpen installieren und betreiben.

Bei einer Sole-Wasser-Wärmepumpe müsste man checken,

  • welche Wärmequellen am jeweiligen Standort des Projekts zugelassen sind beziehungsweise genehmigungsfähig sind.
  • wie man die favorisierte Wärmequelle anzapfen kann.

Was sind die Pros und Contras beim Einsatz einer Wärmepumpe?

Pro, also für den Einsatz einer Wärmepumpe sprechen diese 6 Fakten:

6 Fakten pro Wärmepumpe: Wann bringt eine Wärmepumpe was?

  • Eine Wärmepumpe erzeugt erneuerbare Wärme.
  • Es stehen mehrere Wärmequellen und entsprechend unterschiedliche Wärmepumpen-Typen zur Verfügung.
  • Zentrale Lösungen für Wärmequellen zur dezentralen Versorgung sind machbar.
  • Die jährlich aufzuwendenden Energiekosten sind gering.
  • Mit dem Ausbau der regenerativen Stromerzeugung (Solarstrom, Windstrom) partizipiert die Wärmepumpe direkt daran und verbessert die Ökobilanz insgesamt.
  • Eine Wärmepumpe lässt sich sinnvoll mit Solarthermie und PV kombinieren.

Contra, also gegen den Einsatz einer Wärmepumpe sprechen diese 2 Fakten:

2 Fakten contra Wärmepumpe: Wann sollte keine Wärmepumpe eingebaut werden?

  • Der Einsatz einer Wärmepumpe ist ohne die gegebenenfalls nötigen Anpassungen in Form energetischer Gebäudesanierungsmaßnahmen oder ohne Anpassungen am Heizungssystem beziehungsweise an den Heizflächen nicht in jedem Haus sinnvoll.
  • Eine Wärmepumpe verbraucht Strom für den Betrieb des Kompressors/Verdichters. das heißt, dass eine steigende Zahl an Wärmepumpen direkt gekoppelt mit dem Ausbau der regenerativen Stromversorgung ist, sowohl zentral als auch dezentral.

Mit einer Wärmepumpe heizen: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Wer mit einer Wärmepumpe heizen möchte, der braucht einen Stromanschluss vom Energieversorger. Zudem wird ein passender Aufstellort für eine Luft-Wasser-Wärmepumpe im Außenbereich benötigt. Für eine Sole-Wasser-Wärmepumpe ist ausreichend Platz zum Erschließen der Wärmequelle Voraussetzung.

Macht das Alter des Gebäudes einen Unterschied: Sind Wärmepumpen für ältere Häuser geeignet?

Das Alter des Gebäudes spielt beim Einsatz einer Wärmepumpe nur eine untergeordnete Rolle, vorausgesetzt, man beachtet, was ich zuvor erklärt habe.

Besten Dank, lieber Ulf Heidrich, dass du dir Zeit für unser Interview genommen hast!

Fotos und Grafik: Ulf Heidrich (Ritter Energie/Paradigma), Paradigma