Jürgen Korff

Jürgen Korff: Es sollten alle Erneuerbare an einem Strang ziehen

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Heute haben wir einen ganz besonderen Interviewgast bei uns bei Ecoquent-Positions. Jürgen Korff himself. Für alle, die ihn vielleicht nicht kennen. Jürgen Korff ist der Geschäftsführer der Ritter Energie- und Umwelttechnik GmbH, die hinter diesem Blog stehen. Damit aber nicht genug. Jürgen Korff ist quasi der Erfinder des Begriffes „Ecoquenz“ (Ökologische Konsequenz) und damit Namenspatron dieses Blogs. Es freut mich jedenfalls sehr, dass der vielbeschäftige Geschäftsmann uns nun zur Feier des Tages/Monats (ertragsbezogene Förderung) für ein Interview zur Verfügung steht.

Inhaltsverzeichnis

Herr Korff, Sie sind als Geschäftsführer seit 2008 für die Ritter Energie- und Umwelttechnik tätig. Was waren die größten Meilen- und Stolpersteine auf diesem Weg? 

Jürgen Korff: Das Jahr 2008 war das beste Geschäftsjahr seit Bestehen der Ritter Energie. Alle Zeichen waren auf Wachstum ausgerichtet. Die größte Herausforderung war die Internationalisierung und das extreme Wachstum in den Bereichen Solarthermie und Pellets. Den Gesellschaftern und der Geschäftsführung wurde jedoch sehr schnell klar, dass die damalige Unternehmensstruktur dafür nicht ausgerichtet war.

Diese Situation hatten wir nicht nur in Europa, sondern auch in unserem Joint Venture in China. Einer der größten Herausforderungen war es, eine Organisationsstruktur zu finden, die weltweit agiert, um der Nachfrage gerecht zu werden. Ich war bis zu diesem Zeitpunkt für die Marke PARADIGMA in Italien zuständig und so haben mich die Gesellschafter gefragt, ob ich die Internationalisierung übernehmen könnte.

Es war eine sehr aufregende Zeit. Wir sind alle davon ausgegangen, dass nach vielen Jahren des ständigen Auf und Ab nun der Durchbruch der erneuerbaren Energien gekommen ist. Daraus folgte der Entschluss, eine Holdingstruktur zu bilden, um die einzelnen Geschäftsbereiche (Paradigma, Ritter XL Solar, OEM) besser koordinieren zu können. Innerhalb kurzer Zeit haben wir unsere Aktivitäten in Europa ausgebaut. In unserem Joint Venture gab es Anfragen aus den verschiedensten Ländern: Indien, Korea, Japan, usw. Man hatte wirklich den Eindruck, dass die Welt verstanden hatte, dass ein energetisches Umdenken unumgänglich ist.

Dies war eine sehr anstrengende Zeit, aber begleitet von einer positiven Entwicklung. Es hat einfach nur Spaß gemacht. Leider hat sich dann aber alles in den Folgejahren komplett gedreht. Die weltweite Finanzkrise, der fallende Rohölpreis und die ständigen Diskussionen/Änderungen um den Förderstopp im MAP haben uns in den Folgejahren schwer zugesetzt. Gleichzeitig kamen noch Themen wie der Förderwahnsinn im PV Bereich hinzu.

So schnell kann es gehen, dass der Meilenstein zum Stolperstein wird.

Es fällt einem sehr schwer, etwas das man mit sehr viel Mühe aufgebaut hat, wieder „abwickeln“ zu müssen. Wenn tolle Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren; Mitarbeiter, die eine extreme Sinnkopplung zum Unternehmen haben. Ich bin mit mir jedoch im Reinen und würde heute wieder die gleichen Entscheidungen treffen wie damals. Das einzig unlogische an der ganzen Geschichte ist der energetische Wahnsinn, der weiterhin seinen Lauf nimmt Fukushima, Fracking, Atomenergie kommen mir hier in den Sinn. Wir sprechen uns für Klimaziele aus (20-20-20) und tun aber herzlich wenig, um diese Ziele zu erreichen.

Sie haben sich mit diesem Blog entschlossen, der Solarthermie wieder eine Stimme zu verleihen. Was waren die Beweggründe damals 2012?

Eigentlich wollten wir nicht nur der Solarthermie eine Stimme geben, sondern eine Plattform bilden, auf der man über die ökologische Konsequenz diskutieren kann.

Ich denke, die erneuerbaren Energien haben sich in den letzten Jahren das Leben selbst schwer gemacht. Alle Hersteller haben „zu technisch“ kommuniziert und sich leider auch zu negativ über andere Technologien ausgelassen. Das macht keinen Sinn. Wir wollen diese Plattform zur Verfügung stellen, um zu informieren und natürlich auch Informationen zu bekommen. Die Realität zeigt es immer wieder, dass viele Endkunden Schwierigkeiten haben, sich im Energie Technologie Dschungel zurechtzufinden.

Es gibt mittlerweile eine große Anzahl an Technologien im Wärmebereich. Zusätzlich eine große Anzahl an Fördermöglichkeiten und Finanzierungen. Die Endkunden sind dadurch verunsichert und leider bekommen sie häufig konträre Aussagen von Energieberatern, Schornsteinfeger, Herstellern oder Handwerkern. Was macht dann der Endkunde? Genau, er kauft sich ein neues Bad.

Wir müssen uns gemeinsam klar werden, dass der durchschnittliche Endkunde keine emotionale Bindung zu seiner Heizungsanlage hat. Eigentlich will er nur warmes Wasser zum Duschen und Heizen und einen vernünftigen Preis/kWh.

Der Blog soll dabei helfen und auch vermitteln, dass dies auch ökologisch möglich ist. Ich hoffe, dass sich dieses Medium in Zukunft noch mehr etabliert und wir dadurch zu mehr Transparenz kommen.

Stichwort Transparenz: Kürzlich ist ein kleiner Durchbruch in der Solarthermiebranche passiert. Die Transparenz, die von der Ritter Energie schon lange in diesem Bereich gefordert wird, ist einen kleinen Schritt weiter, da nun eine ertragsbezogene Förderung möglich wird. Können Sie uns kurz nochmal erklären, warum Sie eine ertragsbezogene Förderung in diesem Bereich für so wichtig halten, und warum sich Ihr Unternehmen so sehr dafür einsetzt?

Ganz einfach. Unser Geschäftsmodell war schon immer auf dieses Thema ausgerichtet. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass die solarthermische Anwendung die Basis für eine Wärmewende darstellt.

Sonnenenergie steht in fast unendlicher Menge zur Verfügung und im Gegensatz dazu haben wir nicht unendlich viel Platz zur Verfügung, um die Solarenergie zu nutzen. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, diesen Platz optimal zu nutzen. Es kann nicht zielführend sein, dass die Kollektorfläche in m² als Berechnungsgrundlage für Förderungen dient.

Nehmen wir das Beispiel in der PV. Hier wird ja auch der Ertrag in kWh gefördert und nicht die m². Unsere Produkte sind genau nach diesem Prinzip konzipiert, aber natürlich auch viele Produkte von unseren europäischen Marktbegleitern. Ich denke, dass sich der Großteil der europäischen solarthermischen Industrie im Bereich Ertrag nicht verstecken muss.

Wir haben mittlerweile genug Berechnungsgrundlagen zur Verfügung, wie zum Beispiel über das Datenblatt 2 des Solar Keymark, mit dem man sehr einfach die ertragsbezogene Förderung steuern kann.

Ich bin sehr froh, dass nun endlich das Thema ertragsbezogene Förderung im MAP Platz gefunden hat. Leider ist für mich nicht ganz nachvollziehbar, dass diese nur in einem sehr begrenzten Anwendungsgebiet gilt, also nur für Anwendungen über 20m² als Innovationsförderung.

Wie zufrieden sind Sie mit dem derzeitigen Ergebnis über das wir hier schon berichtet haben.

Wir sehen die derzeitige Situation als kleinen Erfolg, der sicherlich auch teilweise unseren Mitarbeitern und Mitstreitern zugeschrieben werden kann. Dennoch werden wir weiter an diesem Thema arbeiten und in Kürze beweisen, dass ertragsbezogene Förderung auch bei kleineren Anlagen Sinn macht.

Ich will nicht zu viel verraten, aber wir haben hier noch einige Überraschungen in der Schublade.

Einer unserer Leser bekritelt zu Recht, dass das Ausnehmen der Kleinanlagen von der ertragsbezogenen Förderung leider die falschen Signale setzt. Wieso wurden diese wirklich ausgenommen? Gibt es da mehr Hintergrundinformationen?

Wie oben schon erwähnt, ist das für mich nicht wirklich nachvollziehbar.

Was müsste Ihrer Meinung nach passieren, dass die ertragsbezogene Förderung auf die Kleinanlagen ausgeweitet wird?

Wir, die solarthermische Industrie und unsere Verbände, sollten endlich Alle an einem Strang ziehen. Die ertragsbezogene Förderung tut allen gut. Innovation und technologischer Wettbewerb sollten in Zukunft den Unterschied ausmachen.

Die Politik ist auch teilweise verunsichert. Es gab in den letzten Jahren nicht sehr viele Förderprogramme, die nachhaltig erfolgreich waren. Wir haben einen klaren Vorsatz in unserem Unternehmen. Wir wollen durch Fakten Entscheidungen erzwingen. Jetzt liegt es an uns zu beweisen, dass ertragsbezogene Förderung Sinn macht. Nur lamentieren wird uns nicht weiterhelfen.

Da Sie selbst früher den elterlichen Installationsbetrieb geführt haben, kennen Sie Ihre Kunden sehr gut und können sie auch sehr gut verstehen. Was brauchen die Handwerker um sich noch mehr mit der Zukunftstechnologie Solarthermie zu beschäftigen?

Handwerksbetriebe in Deutschland sind größtenteils gut strukturierte Unternehmen, die sehr gut ausgebildete Mitarbeiter haben. Ich kann das gut einschätzen, dass es im Ausland ganz anders ist. Das bedeutet, dass diese Unternehmen wirtschaftlich denken und die Nachfrage den Preis reguliert. Im Moment ist es sehr einfach, im Badsektor Geld zu verdienen. Die Marktzahlen bestätigen diesen Trend.

Ich denke, dass ein guter Handwerkunternehmer, der für sein Unternehmen die Verantwortung hat, diese Situation mitnehmen muss.

Da -wie vorher schon erwähnt – die Endverbraucher sich im Energie Dschungel nicht mehr zurechtfinden, entscheiden sie sich lieber für eine Investition in anderen Bereichen. Die Heizungsbranche muss also um die Gunst der Handwerker werben. Wir müssen wieder interessant werden. Jeder Handwerker hat Spaß an einer Technologie, wenn man dabei Geld verdient.

Wenn also von der politischen Seite klare Signale gesetzt werden, wird sich auch die Nachfrage wieder erhöhen. Der Großteil schwimmt halt mit dem „Strom“…

Aus diesen oben genannten Gründen haben wir im letzten Jahr unser Partnersystem bei Paradigma komplett überarbeitet. Ich muss auch sagen, dass Paradigma tolle Handwerkspartner hat, die mit voller Überzeugung hinter der Solarthermie stehen.

Und wo sehen Sie die größten Gefahren oder Probleme für die Installationsbetriebe?

Da gibt es mehrere Faktoren:

  • Gute Mitarbeiter zu finden und zu halten ist nicht einfach.
  • Erhöhung des bürokratischen Aufwands, wie z.B. ErP, Förderungen usw.
  • Reduzierung der Qualifikationsanforderung im Bereich der Meisterausbildung.
  • Degradierung der selbständigen Handwerksbetriebe zu Handlangern der Industrie.

Aber im Großen und Ganzen mache ich mir keine Sorgen um gute Handwerksbetriebe in Deutschland.

Abschließend stelle ich immer gerne die Frage nach dem Wunsch an die gute Fee. Was müsste in Deutschland noch passieren, dass der schlafende Riese Solarthermie sein volles Potenzial entfalten kann?

Die Einführung der Emissionssteuer. Wer emittiert bezahlt…

Abschaffung von Förderungen/Subventionen im Energiebereich. Natürlich auch bei Atomkraft, Kohle und bei Heizöl.

Somit wären alle vorher genannten Themen mit einem Schlag erledigt.

Foto: Ritter Energie- und Umwelttechnik