Klimaschutz-Sofortprogramm Titel

Klimaschutz-Sofortprogramm für die ersten 100 Tage der neuen Regierung

Veröffentlicht von

Am 26. September 2021 wählt Deutschland einen neuen, den mittlerweile 20. Deutschen Bundestag. Wer anschließend regiert, darf keine Zeit verlieren, um sich der größten Herausforderung zu stellen, vor der wir Menschen jemals standen: dem Klimawandel. Mit dem nachgeschärften Klimaschutzgesetz ist der Kurs klar, jeder Tag nach der Wahl bietet der neuen Bundesregierung Gelegenheit zum Handeln. Wissenschaftler der Thinktanks Agora Energiewende, Agora Verkehrswende und Stiftung Klimaneutralität haben jetzt einen 22-Punkte-Programm vorgelegt, das die neue Bundesregierung in den ersten Hundert Tagen verwirklichen könnte, um die deutschen Klimaziele doch noch zu erreichen. Wir stellen euch das Klimaschutz-Sofortprogramm näher vor. Damit es sich herumspricht und keiner nach der Klimawahl behaupten kann, er hätte nix davon gewusst.

“Das Klimaschutz-Sofortprogramm. 22 Eckpunkte für die ersten 100
Tage der neuen Bundesregierung” könnt ihr euch hier als PDF-Datei kostenlos aus dem Internet downloaden.

Warum braucht die neue Bundesregierung ein Klimaschutz-Sofortprogramm?

Im Vorwort schreiben Dr. Patrick Graichen, Direktor Agora Energiewende, Christian Hochfeld, Direktor Agora Verkehrswende, und Rainer Baake, Direktor Stiftung Klimaneutralität, dass im Sommer 2021 die Menschen in West- und
Süddeutschland unter verheerenden Flutkatastrophen und weltweit unter alarmierenden neuen Hitzerekorden litten. Auch Deutschland sei demnach mittendrin in der Klimakrise. Der Weltklimarat IPCC habe in seinem aktuellen Bericht (wir berichteten auch hier auf dem Blog) unmissverständlich klargemacht, dass wir
ohne schnelles Handeln das 1,5 Grad-Ziel schon ab 2030 überschreiten würden. Die Bundestagswahl sei deswegen auch eine Klimawahl. Wegen der fortschreitenden Klimakrise dränge auch das Bundesverfassungsgericht zum Handeln. Daraufhin hätte der Bundestag im Juni 2021 eine Novelle des Klimaschutzgesetzes beschlossen: Deutschland soll nun bis 2045 klimaneutral sein, bis 2030 müssten die Emissionen um mindestens 65 Prozent unter das Niveau von 1990 sinken. Ab 2021 würden für jeden
Sektor ambitionierte Obergrenzen gelten, die Jahr für Jahr ehrgeiziger würden. Das Problem: Aktuell stiegen die CO2-Emissionen wieder an, so dass sie 2021 höher als 2020 liegen würden.

Und weil wir keine Zeit mehr verlieren dürften, schlügen die Wissenschaftler mit ihrem Impulspapier ein Klimaschutz-Sofortprogramm vor. Darin würden sie 22 Maßnahmen benennen, die so vorbereitet seien, dass die neue Regierung sie in den ersten 100
Tagen auf den Weg bringen könne, damit sie schnell ihre Wirkung entfalteten. Dies sei zwingend, andernfalls drohe jedes Jahr aufs Neue ein Verfehlen der Klimaziele.

4 Ergebnisse stellen die Wissenschaftler ihrem Klimaschutz-Sofortprogramm voran

Ergebnis 1: Deutschland brauche ein umfassendes Klimaschutz-Sofortprogramm, weil wir andernfalls die jährlichen Klimaziele regelmäßig verfehlen würden und Klimaneutralität 2045 außer Reichweite käme. Das neue Klimaschutzgesetz, das aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts verabschiedet
worden sei, verlange ab 2021 in

  • Verkehr,
  • Gebäude
  • und Industrie

Emissionsminderungen von etwa 5 Millionen Tonnen pro Jahr, bei der Energiewirtschaft seien es sogar 17 Millionen Tonnen. Bis 2045 solle Klimaneutralität erreicht sein. Eine neue Regierung, die nicht schnell handele, werde jährlich im März von Klimarat und Umweltbundesamt ihre Versäumnisse bei den Vorjahreszielen attestiert bekommen.

Ergebnis 2: Das Klimaschutz-Sofortprogramm umfasse 22 Eckpunkte und beschreibe schnell umsetzbare Änderungen von Gesetzen und Verordnungen in allen Sektoren. Die Vorschläge seien so konzipiert, dass sie in den ersten 100 Tagen vom Kabinett beschlossen werden und noch im Sommer 2022 in Kraft treten könnten. So würden die Weichen gestellt, dass bereits im Laufe der Legislaturperiode die Emissionen sänken und alle beteiligten Akteure Planungs- und Investitionssicherheit erhielten.

Ergebnis 3: Teil der ersten 100 Tage müsse die Aufstellung eines Klima-Haushalts werden, der jährlich zusätzlich 30 Milliarden Euro für Klimaschutzinvestitionen bereitstelle. Das kommende Jahrzehnt bis 2030 müsse ein Jahrzehnt des Investierens werden: in klimaneutrale Energieversorgung, Industrieanlagen, Verkehre, Gebäudesanierung und eine Wasserstoffinfrastruktur. Dafür seien neben privaten auch
umfassende öffentliche Mittel nötig, die über neue Investitionsfonds bereitgestellt werden könnten.

Ergebnis 4: Grün werde günstig werden, prognostizieren die Wissenschaftler: Der Schlüssel für die Transformationen liege ihnen zufolge darin, die klimafreundliche Option wirtschaftlich attraktiver als die fossile Alternative zu machen. Dazu gehörten

  • ein sinkender Strompreis bei steigenden CO2-Preisen,
  • umfassende Förderprogramme für Gebäudesanierung,
  • Preisanreize für klimafreundliche Verkehre, Landwirtschaft und Industrie,
  • ein Abbau klimaschädlicher Subventionen und steuerliche Anreize.

Eine Beschleunigung von Investitionen – besonders bei den
Erneuerbaren – und ordnungsrechtliche Standards ergänzten den klimapolitischen Instrumentenmix.

22 Klimaschutz-Punkte für die ersten 100 Tage der neuen Bundesregierung

Und das sind die 22 Punkte, die die neue Bundesregierung in den ersten 100 Tagen der Amtszeit in Angriff nehmen sollte und könnte.
Klimaschutz-Sofortprogramm

Wir haben uns die Gebäude-Punkte 17 bis 20 einmal näher angeschaut. Ihr findet die Infos dazu im Klimaschutz-Sofortprogramm ab Seite 29. Schon der einleitende Satz zur Klimabilanz des Gebäudesektors sagt alles: “Der Gebäudesektor hat als einziger Sektor sein Klimaziel im Jahr 2020 verfehlt – statt 118 wurden 120 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen.”

Damit die Wärmewende wie dringend benötigt vorangetrieben werde, so fordern die Wissenschaftler, sei es nötig, in den ersten 100 Tagen der neuen Legislaturperiode die gesamte Instrumentenpalette anzupassen:

  • eine Erhöhung und Fokussierung der Fördermittel auf das Ziel der
    Klimaneutralität,
  • eine Anhebung der Standards für Gebäude und Heizungen,
  • die Senkung des Strompreises bei Erhöhung des CO2-Preises,
  • das Schaffen eines sozial ausgewogenen Ausgleichs der Kosten zwischen
    Mietenden und Vermietenden
  • sowie die rechtliche Verankerung des Prinzips „Fordern und Fördern“, das
    heiße, dass die Einhaltung gesetzlicher Anforderungen ab sofort ausdrücklich Teil der Förderkulisse werde.

Nicht zuletzt gelte es, die planerischen und finanziellen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass grüne Wärmenetze vorausschauend und
ambitioniert ausgebaut würden.

Grüne Wärmenetze = zentrale Säule der Wärmewende

Das Thema grüne Wärmewende ist eins unserer Lieblingsthemen. Schließlich sind die Solarthermie-Anlagen, die die Großanlagen-Sparte Ritter XL Solar in unserem Unternehmen Ritter Energie landauf landab errichtet, Lieferanten erneuerbarer Solarwärme, die in Wärmenetze eingespeist wird. Das sind die konkreten Maßnahmen für Punkt 20:

Klimaschutz-Sofortprogramm Wärmenetze

Grafiken: Klimaschutz-Sofortprogramm