Heizungsersatz Schweiz Wärmenetz

Wärmewende in der Schweiz: Neue Plattform für Netzwärme ist online

Veröffentlicht von

Die Schweiz geht die Wärmewende an: Das neue Programm “erneuerbar heizen” haben wir euch kürzlich hier auf dem Blog vorgestellt. Es soll Schweizer Hausbesitzern den Heizungsersatz von fossil auf erneuerbar erleichtern. Neben Solarwärme, Geothermie und Holz als Wärmequellen vor Ort kann erneuerbare Netzwärme auch übers Wärmenetz angeliefert werden. Deshalb lernt ihr heute die neue Wissens-Plattform für thermische Netze kennen, die die Hochschule Luzern (HSLU) und das Schweizer Bundesamt für Energie (BFE) gerade ins Netz gestellt haben. 

Das Schweizer Baublatt schreibt in seiner Online-Ausgabe, dass sich etwa ein Drittel der CO2-Emissionen des Landes auf den Gebäudepark zurückführen ließen, wobei sich das Fachblatt auf Zahlen beruft der Hochschule Luzern. In rund 60 Prozent der Wohnbauten werde demnach immer noch mit fossilen Energieträgern wie Heizöl oder Heizgas geheizt. Beim Ersatz einer Heizung würden zudem oft erneut Öl- oder Gasheizungen eingebaut – und mögliche Alternativen, insbesondere erneuerbare Heizungen, kaum geprüft.

Das neu gestartete Programm «erneuerbar heizen» von Energie Schweiz und anderen Trägern soll mit seinen gezielten Informationen, seinem Heizkostenrechner und seiner Online-Suche nach sogenannten Impulsberatern dazu beitragen, dass Haubesitzern erneuerbare Heizungen als Alternative zu fossilen schmackhaft gemacht werden. Schließlich hätten viele Orte Potential für erneuerbare Energien wie Solarthermie, Erdwärme und Holz. Daneben, so schreibt das Baublatt weiter, bestünde aber auch oft die Möglichkeit, einen Fernwärmeanschluss zu installieren und erneuerbare Fernwärme zu nutzen, um die eigenen vier Wände warm zu kriegen. Dabei werde Abwärme zum Beheizen genutzt, die von Kehrichtverbrennungsanlagen, Abwasser, industriellen Prozessen, Solarthermie oder Geothermie stamme.

Neben der Netzwärme gewinne laut dem Baublatt auch der Aspekt der Fernkälte durch die Klimaerwärmung an Bedeutung. Denn auch kaltes Wasser könne über thermische Netze geleitet werden. Als Kältequellen dienten demnach unter anderem See-, Fluss- und Grundwasser sowie sogenanntes Geocooling.

Den Vorteil von Netzwärme beschreibt das Baublatt mit den Worten von Professor Joachim Ködel, der seit 2016 und noch bis 2021 das Programm “Thermische Netze” am Institut für Gebäudetechnik und Energie der HSLU leite, so: Sie würden dort Wärme oder Kälte beziehen, wo diese ohnehin anfalle. Der Transport von zum Beispiel solar erwärmtem oder kaltem Wasser zum Bestimmungsort erfolge über ein Leitungsnetz. Dadurch ließen sich Unterdeckungen an einem Ort mit Überschüssen an einem anderen Ort kompensieren.

Wissenportal zur Technologie von Netzwärme ist online

Die Schweiz arbeite bereits seit längerem an verschiedenen Standorten mit Netzwärme, ist in dem Bericht des Baublatts weiter zu lesen, seit einigen Jahren auch mit Niedertemperaturnetzen für Heizung und Kühlung. Das Erforschen dieser Bereiche geschehe zum Teil dezentral und auf kantonaler Basis – was dazu führe, dass Wissen, das man sich in einem Kanton angeeignet hätte, nicht bis zu anderen vordringe. Das soll sich jetzt ändern: Im Auftrag des Bundesamtes für Energie würden Professor Ködel und sein Team Wissen über die Technik von Wärmenetzen sammeln, systematisieren und in einem Handbuch sowie weiteren Grundlagedokumenten allen Entscheidungsträgern im Bereich der Kälte- und Wärmeversorgung zur Verfügung stellen. Alle Informationen hierzu fänden sich außerdem gesammelt auf der Projektwebseite unter.

Damit der Einsatz von Fernwärme und -kälte sich lohne, müsse in einem Gebiet eine genügend hohe Wärmedichte vorhanden sein. Diese Voraussetzungen treffe man vor allem in Stadtzentren, Mehrfamilienhausquartieren oder Gewerbezonen an, schreibt das Baublatt.

Für Gebiete, die diese Voraussetzung erfüllen, empfiehlt Professor Ködel, die Möglichkeiten der Wärmenetz-Technologie vorzugsweise in Betracht zu ziehen. Gegenwärtig sei demnach aber vor allem in urbanen Gebieten das Verlegen von Wärmenetzleitungen teuer. Deshalb suche man im Rahmen des Projekts fokussiert nach wirtschaftlichen Lösungen.

Energiebedarf von Schweizer Gebäuden senken = Vorraussetzung für 40 Prozent Wärmedeckung aus Wärmenetzen bis 2050

Das Programm “Thermische Netze” soll Raumplanern, Investoren, Industrie- sowie Energieplanern und Energielieferanten helfen, sich an fundierten Methoden zu orientieren und so von einer höheren Planungssicherheit zu profitieren. Deshalb biete man dazu konkret Aus- und Weiterbildungen an und stelle bereits erfolgreich realisierte Projekte live vor.

Der Bedarf an Netzwärme werde in Zukunft groß sein, schließt das Baublatt seinen Bericht:  Es werde demnach damit gerechnet, dass sich 2050 etwa 40 Prozent des Raumwärme- und Brauchwarmwasserbedarfs mit Wärme aus Wärmenetzen decken ließen, vorausgesetzt, der Energiebedarf des Gebäudeparks sei mit Hilfe geeigneter Sanierungsmaßnahmen um gut die Hälfte gesenkt worden.

Foto: caribic princess/photocase