Heizkosten sparen Schwedisches Modell

Das Schwedische Modell zum Heizkosten sparen: vorgeschriebene Raumtemperatur

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Wer die Krise infolge des Klimawandels so ernst nimmt, wie sie ist, weiß längst, dass wir die Energiewende vollziehen müssen. Die seit vergangenem Jahr stark gestiegenen Preise für Energie, insbesondere fossiles Erdöl und Erdgas, haben so manchem, der den Ernst der Klimalage bis dahin verkannte, die Augen geöffnet. Und den Letzten hat die Entwicklung auf dem Energiemarkt seit Februar geweckt: Mit seinem völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine instrumentalisierte Russland fossile Energien als Waffe – und das von russischen Energieimporten abhängige Europa, in der Abhängigkeit allen voran: Deutschland, bekamen diese politisch zu spüren. Plötzlich kann die Abkehr von den Fossilen uns nicht schnell genug gehen. Und Energiesparen wird von unserer Regierung zum Nationalprojekt erklärt. Wir schauen heute einmal zu unseren schwedischen Nachbarn. Denn die Schweden gehen einen interessanten Weg, um mehr Energie in privaten Wohnungen zu sparen. Und das tun sie bereits seit Jahrtausendbeginn. So zumindest berichtet es das Onlineportal Business Insider über das Schwedische Modell. Doch eins nach dem anderen:

Der günstigste und effizienteste Beitrag zu mehr Unabhängigkeit sei weniger Energieverbrauch. So steht es im „Arbeitsplan Energieeffizienz“ den der Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klima Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/ Die Grünen) vor Kurzem vorstellte (wir berichteten). Das Energiesparen wird im Plan sogar als „gemeinsames, nationales Projekt“ bezeichnet.

Energiesparen müssten demzufolge alle gesellschaftlichen Bereiche, darunter auch die Privathaushalte, deren Anteil am gesamten deutschen Endenergieverbrauch im Jahr 2020 bei 28,6 Prozent, also knapp einem Drittel) gelegen habe, schreibt der Business Insider. Wir wissen, dass das Gros dieser Energie in privaten Haushalten fürs heizen draufgeht – bis zu 70 Prozent. Zu Recht müssen wir also nach Lösungen suchen, mit denen sich künftig Heizenergie sparen lässt. 

Das Schwedische Modell zum Heizkosten sparen kurz vorgestellt

Schweden hat eine innovative Antwort darauf gefunden: Dort gibt es das Schwedische Modell, das auch in Deutschland Anwendung finden könnte, schreibt der Business Insider weiter. Mit dem Modell würden Mietern demnach feste Raumtemperaturen vorgeschrieben.

Bevor ihr jetzt gleich aufschreit, weil Heizen nach Vorschrift einen Einschnitt in eure Freiheit sei, lasst uns mal etwas genauer hinschauen: Vom schwedischen Modell sollen

  • Mieter,
  • Vermieter
  • und das Klima

profitieren. Es werde dem Business Insider zufolge zum Beispiel von öffentlichen Wohnungsunternehmen angewendet.

Mietverträge würden bei unseren skandinavischen Nachbarn demnach so abgeschlossen, dass Heizkosten teilweise bereits inklusive sind. Vertraglich werde eine konkrete Raumtemperatur, zum Beispiel 21 Grad Celsius (° C) festgelegt.

  • Behalte der Mieter diese Gradzahl im Mietzeitraum bei, habe er nicht mit extra Kosten zu rechnen.
  • Heize er dagegen über die 21 ° C hinaus, weil er es gern wärmer hat, zahle er drauf.
  • Spart er Energie, bekommt er entsprechend seiner Ersparnis Miete zurück.

Für den Business Insider besteht der Clou des Schwedischen Modells darin, dass Vermieter damit angereizt würden, ihr Gebäude besser zu dämmen und eine modernere Heizung einzubauen. Denn wenn der Mieter bei gleichbleibender Temperatur weniger Energie verbrauche, könne der Vermieter die Kostendifferenz einbehalten.

Das ist bei Kostenmodellen ohne derartigen Anreiz anders: Dort kann es dem Vermieter schnurzpiepegal sein, ob die Fenster seines Gebäudes undicht oder die Wände nicht isoliert sind. Die Heizkosten  dafür übernimmt ja der Mieter.

Dem Business Insider zufolge lobe der Thinktank „Agora Energiewende“ das Schwedische Modell, das dort seit Beginn der Jahrtausendwende Praxis sei. Übrigens zusammen mit einem ständig steigenden CO2-Preis. Auch das haben die Schweden uns Deutschen also voraus – zur Erinnerung: Bei uns steigt er erst seit Kurzem. Und das Schwedische Modell wirkt: Der Business Insider beruft sich auf Agora, wenn er schreibt, dass die Emissionen der schwedischen Haushalte seither um 95 Prozent gesunken seien.

Das Schwedische Modell – Kritikpunkte

Aber: Das Schwedische Modell habe demnach (noch) Mängel. Denn oft werde dort nicht der tatsächliche Energieverbrauch der Mieter, sondern die mittlere Raumtemperatur zur Verbrauchsmessung herangezogen. Was insofern problematisch sei, als dass ein offener Backofen, Sonneneinstrahlung oder häufiges Lüften zwar die im beheizten Raum herrschende Temperatur beeinflusse, aber eben nicht den dortigen Energieverbrauch verändere. Wozu der Business Insider noch anmerkt, dass die Temperatur (noch) genutzt werde, weil es (noch) keine anderen Messmethoden gebe. Andere Verfahren seien demnach aber in Arbeit.

Ein weiteres Problem des Schwedischen Modells sei es, dass Menschen Temperaturen sehr unterschiedlich wahrnähmen. Während der eine bei 21 ° C friere, seien diese dem anderen längst zu warm. Auch eine unterschiedliche Luftfeuchtigkeit könne ein Grund dafür sein, dass ein und dieselbe Person 21 ° C heute als angenehm empfinde und morgen darin schwitze oder friere. Infolgedessen, das hätten Experten in Schweden beobachtet, hätten sich die Wohnungsmieter einen extra elektrischen Heizlüfter angeschafft – der die Wohnung jedoch sehr ineffizient beheize.

Der Business Insider schreibt abschließend, dass die Entwicklung in Deutschland – trotz der oben geschilderten Kritikpunkte am Schwedischen Modell – auch in diese Richtung zu gehen scheine, wenn vorerst auch nur beim CO2-Preis. So stünde im „Arbeitsplan Energieeffizienz“, dass man mit einer Neuaufteilung der CO2-Kosten „Vermieter zusätzlich motivieren [wolle], die energetische Sanierung ihrer Gebäude voranzutreiben. Das Ministerium habe die Frage des Business Insiders danach so beantwortet, dass bislang Mieter diese Kosten alleine trügen. Künftig solle jedoch gelten: Je schlechter die Energiebilanz eines Gebäudes ist, desto mehr zahlen die Vermieter.

Dem Business Insider zufolge sei es durchaus denkbar, dass die Bundesregierung in einem nächsten Schritt auch das Schwedische Modell bei den Mietverträgen umsetze, im Koalitionsvertrag sei dazu auf jeden Fall ein sogenannter Prüfauftrag fixiert. Mit einer schnellen Umstellung müsse demnach aber nicht gerechnet werden: Eine Neuregelung würde zunächst nur Mieter in modernisierten oder neugebauten Wohnungen betreffen.

Welche genauen Maßnahmen die Bundesregierung zur Entlastung der Mieter bei den Heizkosten beschlossen hat, das erklären wir in Kürze hier auf dem Solarthermie-Blog.

Grafik: Doreen Brumme