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Arbeitsplan Energieeffizienz liegt vor: Unabhängigkeit dank Energiesparen

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Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat Mitte Mai einen „Arbeitsplan Energieeffizienz“ vorgelegt. Dieser definiert wichtige Schritte und Maßnahmen der Bundesregierung, wie sich mehr Energie einsparen lasse und die Energieeffizienz erhöht werden könne. Laut der zugehörigen Pressemitteilung des Ministeriums seien Energieeinsparungen angesichts des völkerrechtswidrigen Krieges, den Russland gegen die Ukraine führe, dringlicher denn je. Der Arbeitsplan Energieeffizienz enthalte daher einen klaren Maßnahmenkatalog, darunter finanzielle Anreize, gezielte Förderung und Anpassungen des regulatorischen Rahmens. Die einzelnen Maßnahmen und Instrumente seien demnach mit Zeitplänen unterlegt.

Der Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Dr. Robert Habeck sagte zum Arbeitsplan Energieeffizienz, dass derzeit alle Hebel in Bewegung gesetzt würden, um unabhängiger von russischer Energie zu werden. So wichtig es dabei sei, kurzfristig alternative Lieferquellen für Gas aufzutun und die Infrastruktur dafür zu bauen: Der günstigste und effizienteste Beitrag zu mehr Unabhängigkeit sei ihm zufolge weniger Energieverbrauch.

Das sei demnach sowohl für den Klimaschutz dringend nötig als es auch helfe, angesichts der horrenden Preise für die fossilen Energien den Kostendruck zu senken – und der sei ja gerade für Familien, die wenig verdienten, enorm. Und auch für Betriebe seien die Preise eine Belastung. Deshalb werde intensiv daran gearbeitet, die Energieeffizienz zu stärken – mit Förderung und Anreizen, mit dem richtigen Rahmen und Informationen.

Energiesparen wird Aufgabe der Nation

Energie sparen und auf Erneuerbare zu wechseln, das ist laut Habeck die Aufgabe. Nicht erst seit heute, aber heute erst recht.

Habeck betonte gegenüber der Presse, dass man wisse, wie dick das Brett sei. Ziel sei bislang, den Endenergieverbrauch bis 2030 um 24 Prozent zu senken – geschafft habe Deutschland in zehn Jahren jedoch gerade mal zwei Prozent. Wir bräuchten Habeck zufolge also mehr Tempo und Konsequenz. Es sei eine gemeinsame nationale Aufgabe, bei der Politik, Industrie, Unternehmen und Verbraucher alle mithelfen könnten, damit sie gelinge. Wer Energie spare, schütze das Klima, stärke das Land und schone den Geldbeutel.

Was steht im Arbeitsplan Energieeffizienz?

Der Arbeitsplan Energieeffizienz, den ihr hier kostenlos aus dem Internet laden könnt, umfasst 5 Seiten (PDF-Dokument). Er gebe laut dem BWWK einen Überblick über die wichtigsten Maßnahmen, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
aufs Gleis setze, und benenne die zeitlichen Etappen, zu denen die Umsetzung erfolgen müsse. 

Die Maßnahmen sind in drei Gruppen geordnet:

  1. Richtige Förderung, richtige Anreize
  2. Richtige Standards, richtiger Rahmen
  3. Die richtige Beratung

Maßnahmen, die das Energiesparen fördern und anreizen sollen

1. Förderung und Anreize seien ein wesentlicher Schlüssel für mehr Energieeffizienz. Dazu müsse jedoch das Richtige gefördert werden, das Falsche dagegen nicht mehr. In den
vergangenen Jahren sei dem Arbeitsplan Energieeffizienz zufolge zum Beispiel noch der Einbau von Gasheizungen gefördert worden. Dieser Anachronismus werde mit der BEG-Reform jetzt beendet, teils sei dies schon umgesetzt worden (bei der Förderung Effizienzhausstandard EH 40).

Ähnliche Fehlanreize habe es insgesamt bei der Neubauförderung gegeben: Hier sei zu lange mit hohen Summen ein Gebäudestandard gefördert worden, der sich längst am Markt durchgesetzt habe: KfW-Effizienzhausstandard 55 (EH 55). Dafür seien 2021 etwa 6 Milliarden Euro Steuergelder geflossen, was rund einem Drittel der 2021 insgesamt für die Gebäudeeffizienzförderung verfügbaren Mittel entspreche. Auch diese Fehlanreize
würden beendet. Es gelte, die Steuergelder gezielter dort einzusetzen, wo der Klimaschutzeffekt am höchsten sei.

2. Wichtig sei es daher jetzt, die Förderangebote für Haushalte und Unternehmen, insbesondere die BEG, neu auszurichten.
So werde der Hauptschwerpunkt der Gebäudeförderung über die KfW-Bank und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) auf der Sanierung bestehender
Häuser und Wohnungen liegen. Die Sanierungsförderung habe einen besonders hohen Klimaschutzeffekt und helfe, Geld zu sparen. Gerade alte Fenster, alte Außentüren oder
alte Heizungsanlagen sind Energiefresser – und damit Kostenfaktoren. Von der Sanierungsförderung könnten zudem die allermeisten Wohngebäude profitieren. Das Interesse an ihr habe in diesem Jahr angesichts der hohen fossilen Energiepreise deutlich zugenommen. So hat sich die Nachfrage im ersten Quartal dieses Jahres beim BAFA im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahezu verdoppelt (auf etwa 121.000 – wir berichteten/Anmerkung der Redaktion). Diese Dynamik gelte es zu nutzen und zu unterstützen. Die Neubauförderung im Rahmen des BEG werde zudem an klaren Klimaschutzkriterien ausgerichtet. Erste Zwischenschritte seien bereits gegangen. So greife aktuell die zweite Stufe der Neubauförderung – die sogenannte Förderung Effizienzhausstandard 40 Nachhaltigkeit (EH40-NH), die eine Förderung an das Qualitätssiegel für nachhaltiges
Bauen (QNG) knüpfe. Ab Januar 2023 folge dann ein für Neubauten neues Programm „Klimafreundliches Bauen“, das zusammen mit dem Ministerium für Wohnen,
Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) erarbeitet werde.
Künftig soll es über eine Reform des BEG zudem verstärkte Anreize für den Wechsel von fossilen Energieträgern auf Erneuerbare geben sowie niedrigschwellige Angebote (etwa für die Optimierung bestehender Heizungsanlagen). Um die Energieeffizienz im Gebäudebestand weiter zu erhöhen, sollen besonders die energetisch schlechtesten Gebäude adressiert werden, da dort das Einsparpotenzial für Energie und Treibhausgasemissionen am größten sei. Die entsprechenden Anpassungen würden mit der BEG-Reform bis zum Sommer
umgesetzt.

3. Um Vermieter zusätzlich zu motivieren, die energetische
Sanierung ihrer Gebäude voranzutreiben, soll der CO2-Preis für Erdgas und Heizöl nach einem Stufenmodell neu zwischen Vermietern einerseits und Mietern andererseits aufgeteilt werden. Je schlechter die Energiebilanz des jeweiligen Gebäudes, desto mehr vom CO2-Preis zahlten demnach die Vermieter. Das Stufenmodell sei mit dem BMWSB und dem Ministerium für Justiz erarbeitet worden; der
Gesetzentwurf werde derzeit in der Regierung abgestimmt.

4. Mehr Energieeffizienz und einen schnellen Wechsel auf Erneuerbare brauche es auch in Industrie, Gewerbe und Handel. Daher soll das bestehende Bundesförderprogramm
Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW) noch in diesem Jahr novelliert werden, um den Energieträgerwechsel in der Industrie zu unterstützen.
Dabei gehe es insbesondere um die Erzeugung industrieller Prozesswärme. Im Rahmen der Initiative Energieeffizienz- und
Klimaschutznetzwerke (IEEKN) sei die Ausarbeitung und Kommunikation von schnell realisierbaren und klein-investiven Maßnahmen für Energieeffizienz und Energiesubstitution in Industrie und Gewerbe geplant.

5. Der Austausch von Öl-/Gasheizungen soll laut Beschluss des Koalitionsausschusses gefördert werden. Um den Wärmepumpenhochlauf zu unterstützen, soll das „Aufbauprogramm Wärmepumpe“ Anreize für Handwerksbetriebe und Planungsbüros geben, um an Weiterbildungen zu Planung und Einbau von Wärmepumpen teilzunehmen. Ein Umsetzungsanreiz Handwerk soll die knappen Ressourcen im Handwerk zielgerichtet in die Heizungssanierung und dort zum Einbau von Wärmepumpen lenken. Ziel sei es, die Zahl neu installierter Wärmepumpen bis 2024 auf über 500.000 Stück pro Jahr zu steigern.

6. Wichtig sei, Netze zur Wärmeversorgung rasch auf Erneuerbare umzustellen. Viele Kommunen und Stadtwerke stünden hier in den Startlöchern und hätten bereits Ideen erarbeitet, wie sie ihre Wärmenetze dekarbonisieren könnten. Für den richtigen Schub soll die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) sorgen. Sobald das von Deutschland mit Nachdruck betriebene Genehmigungsverfahren mit der EU erfolgreich beendet sei, soll das Förderprogramm noch in diesem Jahr den Ausbau und die Transformation von Wärmenetzen und damit einen direkten Wechsel auf Erneuerbare Energien ohne fossile Brücken anreizen (fuel switch). Außerdem werde der Neubau von Wärmenetzen mit hohen Anteilen Erneuerbarer Energien und Abwärme gefördert. Das BEW soll durch eine erleichterte Förderung von Fernwärmeanschlüssen in der
novellierten BEG komplementiert werden. Ergänzend zum systemischen Neu- und Umbau würden mit der BEW-Förderung Einzelmaßnahmen unterstützt, die frühe
Beiträge zur Reduktion von CO2-Emissionen und Gasabhängigkeit leisten könnten.

7. In der Industrie sei ein regelrechter Nachfrageboom nach grünem Wasserstoff zu beobachten. Die Bundesregierung fördere den Hochlauf von Wasserstoff mit einem großen europäischen Wasserstoffprojekt (IPCEI Wasserstoff – Important Projects of Common European Interest) mit über 8 Milliarden Euro für 62 Projekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette, mit 900 Millionen Euro für das Doppelauktionsmodell H2Global, mit politischen Rahmenverträgen für Energiepartnerschaften und mit dem
Ausbau von Erneuerbaren in Deutschland. Deutschland werde die Nutzung von Erneuerbarem Strom nochmals verbessern, indem die Mengen an grünem Industriestrom erhöht und
eine Regelung „Nutzen statt Abschalten“ geschaffen werde, mit der Strom, der nicht im Netz aufgenommen werden könne, ohne Abgaben und Gebühren in Speichermedien oder
„Power-to-X“ verwandt werden könne. Um den Betrieb klimafreundlicher Verfahren in der energieintensiven Industrie zeitnah zu ermöglichen, habe das BMWK Anfang Mai das Interessenbekundungsverfahren für Programme für Klimaschutzverträge (sog. Carbon Contracts for Difference) gestartet. Klimaschutzverträge sollen die Markteinführung klimafreundlicher Prozesse v. a. in den Grundstoffindustrien ermöglichen, indem Risiken vermindert und Betriebskostendifferenzen zwischen herkömmlichen und klimafreundlichen Verfahren ausgeglichen würden. Bis zum Sommer erarbeite das BMWK eine Förderrichtlinie, die
der Europäischen Kommission anschließend zur Genehmigung vorgelegt werde. Die Klimaschutzverträge sollten dann noch in diesem Jahr als Förderinstrument eingeführt werden.

Maßnahmen, um Standards und Rahmen zu berichtigen

1. Ab nächstem Jahr werde der gesetzliche Mindesteffizienzstandard im Neubau angehoben, und zwar auf die Effizienzklasse EH 55. Ab dem 1. Januar 2025 werde der
Standard noch mal auf EH 40 erhöht. Hierdurch werde der Wärme- und damit der Gasbedarf im Neubau erheblich reduziert. Eine entsprechende Formulierungshilfe für die Novelle des Gebäudeenergiegesetztes sei in gemeinsamer Federführung vom Bundeswirtschafts- und Bundesbauministerium erarbeitet und am 11. Mai 2022 im
Kabinett verabschiedet worden.

2. Ziel sei, dass Heizungen sehr rasch noch stärker auf Basis erneuerbarer Energien laufen. Deshalb gelte ab 2024, dass bei jeder neu eingebauten oder ausgetauschten Heizung, mindestens 65 Prozent Erneuerbare Energien zu nutzen sind. Das sei in den allermeisten Fällen mit dem Einbau einer Wärmepumpe, Solarthermie-Anlage oder Holzpellets-Heizung  möglich. Damit werde der Abschied von der Gasheizung vorangetrieben. Die hierfür notwendige Novelle des Gebäudeenergiegesetzes soll im zweiten Halbjahr
vorgelegt werden.

3. Solardächer sollen zum Standard werden, um die Stromerzeugung aus Sonne schnell zu erhöhen. Dies mache Deutschland unabhängiger von Energieimporten und senke
angesichts der aktuell sehr hohen Börsenstrompreise die Stromkosten für alle. Die große Novelle des EEG führe bereits zu einer deutlichen Verbesserung der Einspeisevergütungen bei Dachanlagen. Auch hier müsse eine gesetzliche Verankerung im Gebäudeenergiegesetz erfolgen; das sei für das zweite Halbjahr geplant.

4. Die ambitionierten Effizienz-Ziele Deutschlands sollen entsprechend der EU-Effizienzrichtlinie umgesetzt werden. Dazu brauche es auch einen regulatorischen Rahmen für die Senkung des Energieverbrauchs. Dabei müssten sich auch Bund und Länder an die eigene Nase fassen: Die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand (Bund, Länder und Kommunen) soll umgesetzt werden – etwa mit der verpflichtenden Einführung von Energie-/Umweltmanagementsystemen und spezifischen jährlichen Energiesparzielen. Auch die energieintensive Industrie soll Energiemanagementsysteme (EMS) betreiben. Zugleich seien Maßnahmen zur Stärkung und Weiterentwicklung des Energiedienstleistungsmarkts geplant. Der Rahmen dafür werde derzeit erarbeitet.

5. Es soll eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung eingeführt werden, um den Ausbau der klimaneutralen Wärmeversorgung voranzutreiben. Die kommunale
Wärmeplanung sei zentrales Koordinierungsinstrument für lokale, effiziente Wärmenutzung und strategische Planungs- und Investitionsentscheidungen. Eckpunkte seien in Arbeit und würden bis zum Sommer 2022 vorgelegt.

Maßnahmen zur richtigen Beratung

Um fossile Energie zu sparen und auf Erneuerbare zu wechseln, seien gute Information und Beratung entscheidend. Im Juni werde eine Energiesparkampagne starten, die
Unternehmen, Gewerbetreibende und Verbraucher mit
praxisnahen Tipps und Beratung ermutige, selbst den Energieverbrauch zu reduzieren, und sei es nur mit ganz einfachen Mitteln. Genauso soll der Wechsel etwa auf
Erneuerbare Wärme oder die Solaranlage auf dem Dach unterstützt werden. Dabei würden auch Stakeholder (Handwerk, Branchen, Verbände) eingebunden und aktiviert.
Ziel sei es, Einsparpotenziale zu heben und den Wechsel auf Erneuerbare zu vollziehen. Das helfe, der russischen Aggression zu begegnen und gleichzeitig die
Energiekosten zu senken.

Foto: Paradigma