Handwerker des Monats Oktober 2023 Wolfgang Wurster Janssen Sanitär + Heizung Heidelberg

Die Wärmewende braucht dringend Verlässlichkeit!

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Foto oben (Titelbild): 3 Generationen-Foto zum 60-jährigen Firmenjubiläum der Firma Janssen Sanitär + Heizung in Heidelberg 2022. Unser Handwerker des Monats Oktober 2023, Wolfgang Wurster (hinten links), mit seiner Tante und Firmenmitgründerin Margot Janssen (vorne Mitte), seiner Frau Stefanie (vorne links), seiner Tochter Sophie (vorne rechts) und seinem Sohn Luca (hinten rechts).

Das fordert unser Handwerker des Monats Oktober 2023, Wolfgang Wurster, dessen Familienbetrieb, Janssen Sanitär + Heizung, in Heidelberg ansässig ist. Im Interview stellt der Sanitärmeister und Heizungsbaumeister uns seinen Betrieb vor. Er berichtet zudem aus dem Alltag als Handwerker und von der aktuellen Herausforderung, die Wärmewende voranzubringen, wenn die Politik mit dem neuen GEG für große Verunsicherung sorgt, so dass die Verbraucher:innen beim Heizungstausch auf die Bremse treten. 

Wolfgang Wurster, Sie heißen Wurster – Ihr Betrieb Janssen: Wie kommt’s?

Mein Onkel, Johannes Janssen, und meine Tante, Margot Janssen, gründeten das Unternehmen Janssen Sanitär + Heizung im Jahr 1962 in Heidelberg. Ich war als Kind sehr oft bei ihnen und somit von klein auf in der Firma. Mit fünf Jahren wußte ich schon, dass ich mal in dieser Firma arbeiten möchte, heute bin ich seit über 40 Jahren dort und seit über 20 Jahren der Inhaber

…und Sie sind der Chef!

Ja… Mein Onkel hat eine Tochter, die keine Ambitionen hatte, den Betrieb zu übernehmen. Ich dagegen hatte die schon… In Zeiten, wo Schülerpraktika noch rar waren, absolvierte ich mein erstes Praktikum in der Firma. Später folgte dann die Ausbildung zum Gas-Wasser-Installateur. Auf der Technikerschule machte ich meinen staatlich geprüften Sanitärtechniker und später parallel meinen Sanitärmeister und Heizungsbaumeister. Und weil ich noch eine Hrausforderung gesucht habe, ließ ich mich auch zum Energieberater weiterbilden. Auch wenn ich als solcher nicht offiziell agieren kann, weil ich einen eigenen Sanitär- und Heizungsbetrieb habe, hilft mir das Wissen tagtäglich.

Handwerker des Monats Oktober 2023 Wolfgang Wurster Janssen Sanitär + Heizung Heidelberg, TEAM
Das Team unseres Handwerkers des Monats Oktober 2023, Wolfgang Wurster, umfasst aktuell 31 Mitarbeiter:innen und eine Hündin: Banu Wurster.

Wie groß ist Ihr Team und wer ist Ihre Kundschaft?

Mit mir sind wir mittlerweile 31 Mitarbeiter:innen, davon 4 im Kundendienst, 9 im Büro und 9 in der Ausbildung. Besonders froh sind meine Frau Stefanie, die im Betrieb für die Badplanung und Büroleitung verantwortlich ist, und ich darüber, dass zwei unserer drei Kinder, Sophia und Luca, mit in den Betrieb eingestiegen sind und so für etwas sorgen, das uns allen sehr wichtig ist: Verlässlichkeit.

Unsere Kund:innen wohnen in Ein-, Zwei- und auch Mehrfamilienhäusern. Manche von ihnen betreuen wir seit Jahrzehnten. Und weil wir in einem Vorort von Heidelberg sitzen und vorwiegend im städtischen Raum und im Gebäudebestand arbeiten, sind auch mal Gewerbetreibende und kleinere Unternehmen dabei. Eine bunte Mischung, die unsere Arbeit besonders abwechslungsreich macht.

Handwerker des Monats Oktober 2023 Wolfgang Wurster Janssen Sanitär + Heizung Heidelberg, TEAM Klaus Griesheimer
Schon seit 1974 arbeitet Klaus Griesheimer im Betrieb unseres Handwerkers des Monats Oktober 2023 Wolfgang Wurster Janssen Sanitär + Heizung Heidelberg. Er kennt alle Heizungsanlagen der Kundschaft in- und auswendig, heißt es.

Die Bundesregierung hat nach ewigem Hin und Her endlich das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) beschlossen (wir berichteten): Wie erleben Sie die Wärmewende – kommt sie gut voran?

Hätten Sie mich das im Frühjahr und Frühsommer dieses Jahres gefragt, hätte ich gesagt: Die Wärmewende kommt mit ganz, ganz großen Schritten voran… Die Erneuerbaren sind auf dem Vormarsch.

Inzwischen hat sich das leider geändert: Unsere Kund:innen engagieren sich derzeit nur noch sehr verhalten für die Wärmewende. Wir merken das ganz deutlich an den Anmeldungen für unsere Infoveranstaltungen. Unsere regelmäßigen Energiefrühstücke und Energieabende waren immer gut besucht. Die Verbraucher:innen wollten wissen, wie sie künftig ökologisch heizen können. Ein Großteil der Besucher:innen unserer Veranstaltungen waren unsere Stammkund:innen beziehungsweise wurde daraufhin zu unseren Kund:innen. Das änderte sich mit dem politischen Gezerre ums GEG. Seit Juni führen wir dieser Tage erstmals wieder eine Infoveranstaltung durch. Und das ist wohl eher der neuen Heizsaison geschuldet… als dem Beschluss des GEG.

Handwerker des Monats Oktober 2023 Wolfgang Wurster Janssen Sanitär + Heizung Heidelberg
Mario Schmider ist im Betrieb unseres Handwerkers des Monats OKtober 2023, Wolfgang Wurster, der Spezialist für den Einbau von Pelletsheizungen.

Was ist der Grund für dieses fehlende Interesse am Heizungstausch?

Die Verbraucher:innen sind verunsichert. Vor der Sommerpause kam ein Teil unserer Kund:innen zu uns, weil der Heizungstausch aus technischen Gründen nötig war: Die Heizung war zu alt und damit ineffizient oder kaputt. Andere Kund:innen forcierten den Heizungstausch aus ökonomischen und/oder ökologischen Gründen: Sie wollten künftig nicht nur effizient, sondern auch nachhaltig heizen.

Wir fanden – selbst überzeugt von nachhaltigen Heizungen – immer die individuell zum Menschen und zum Haus passende Lösung: Meist bauten wir Biomasseheizungen (Pellets-Brennwertkessel) plus Solarthermie-Anlagen ein. Wer eine alte Gasheizung wieder mit Gas als Wärmequelle ersetzen wollte oder gar ersetzen musste, bekam auch diese, ebenfalls häufig ergänzt mit Solarthermie. Während uns als Heizungsbauer der Ausstieg aus Öl gelungen ist – Ölheizungen verbauen wir gar nicht mehr, zum Jahresende 2024 wollen wir auch die Wartung solcher Heizungen beenden – ist uns der Ausstieg aus Gas noch nicht möglich: Dafür laufen im Stadtgebiet noch zu viele Gasheizungen.

Inzwischen hat sich die Lage geändert: Die Kundschaft ist völlig verunsichert, auf welche Heizung sie künftig setzen soll. Und ich muss zugeben, auch ich als Heizungsbauer, dessen Herz für Erneuerbare schlägt, bin angesichts der mit dem neuen GEG festgelegten Regelungen verunsichert. Zumal ja angekündigt wurde, dass man noch mal an den Gesetzestext ran wolle (wir berichteten).

Das neue Gesetz verkompliziert vieles und lässt viele Hintertüren offen. Auf die Wärmewende wirkt das wie Sand im Getriebe: Die Wärmewende wird gebremst. Das sehen wir auch daran, dass plötzlich alle Geräte und Ersatzteile wieder verfügbar sind. Vor dem Sommer gab’s ewig lange Wartezeiten, wir mussten so manche Kund:innen vertrösten…

Ich bin seit mehr als 40 Jahren im Geschäft, ich bin überzeugt, dass erneuerbares Heizen die Zukunft ist. Ich bin mit der Technik vertraut und weiß, wie erneuerbares  Heizen gehen kann. Doch ich bin ganz ehrlich: Die neue Gesetzeslage verunsichert nicht nur uns Fachhandwerker:innen und unsere Kundschaft. Sie bestärkt auch die ewig Gestrigen, die noch immer an fossilen Technologien festhalten. Und die gibt es in der Politik, in den Gewerken, in der Kundschaft. Der dringend nötigen Wärmewende ist damit nicht gedient.

Handwerker des Monats Oktober 2023 Wolfgang Wurster Janssen Sanitär + Heizung Heidelberg
Unser Handwerker des Monats Oktober 2023, Wolfgang Wurster, mit seiner Frau Stefanie, die im Betrieb für das Controlling, die Buchhaltung, das komplette Marketing sowie die Badplanung zuständig ist.

Wie äußert sich das in Ihrer alltäglichen Arbeit?

Das lässt sich auf den Punkt bringen: Der Preis schlägt die Vernunft. Da es immer noch so ist, dass die wenigsten Kund:innen beurteilen können, welche Heizung nachhaltig heizt und welche nicht, entscheiden sie über den Preis. Dafür habe ich sogar Verständnis: In Krisenzeiten wie diesen achtet jede:r mehr aufs Geld, ich selbst ja auch.

Dabei wird leider aber oft außer Acht gelassen, dass die Investitionskosten nur ein Teil der zu tragenden Kosten einer neuen Heizung sind: Eine heute vergleichsweise günstig erworbene fossile Heizung kostet in den kommenden 20, 30 Jahren Laufzeit deutlich mehr als eine erneuerbare Heizung. Die Energiepreise kennen seit Jahren nur einen Weg: den nach oben, insbesondere die fossilen Energien werden teurer. Und  der CO2-Preis verteuert fossile Energie künftig noch mehr.

Die Unzuverlässigkeit, die uns die Politik mit dem neuen GEG und seinen Unklarheiten und Hintertüren für fossiles Heizen beschert, macht es auch unserem Familienbetrieb schwerer, unseren Kund:innen Verlässlichkeit zu bieten. Hinzu kommt erschwerend noch Folgendes: In unserer Region ist derzeit ein wilder Generationenwechsel im Gange. Viele alteingesessene Handwerksleute finden keinen Nachwuchs – auch das ist zum Teil eine Folge der von der Politik verursachten Verunsicherung. Wir haben deshalb immer öfter Kund:innen am Telefon, die verzweifelt nach Fachkräften für ihre Sanitär- und Heizungsanlagen suchen, weil ihre Stammhandwerksbetriebe schließen mussten. Da sind auch etliche Notfälle dabei… Für uns heißt das: Wir müssen Fremdanlagen warten, reparieren und gegebenenfalls ersetzen, obwohl wir dafür eigentlich keine Kapazitäten haben.

Was empfehlen Sie in derart unsicheren Heizungszeiten: Welche Heizung ist fit4future?

Ganz klar. erneuerbare Heizungen. Die politisch verursachte und leider auch medial vielfach verstärkte Verunsicherung ändert ja nichts an der Sache. Sie macht die Aufklärung und Beratung nur komplizierter.

Für uns ist ausschlaggebend, wer der Mensch ist, der unsere Dienste als Heizungsbauer braucht. Was ist sein Grund für den Heizungstausch? Welchen Wärmeverbrauch hat er? Welches Budget steht ihm zur Verfügung? Wie steht sein Gebäude da?

Treffe ich auf eine moderne fossile Heizung, die noch sehr gute Heizdienste leistet, erkläre ich den Kund:innen ihre Optionen. Ich halte dabei auch nicht hinterm Berg, dass in mir zwei Herzen schlagen: Das eine für die Wärmewende, das andere für die Kundschaft. Eine moderne Gasheizung oder Ölheizung lässt sich mit einer Solarthermie-Anlage nachhaltiger machen: Jede erneuerbare Kilowattstunde Wärme, die eine fossile ersetzt, ist schließlich ein Schritt in Richtung Wärmewende.

Erneuerbares Heizen geht mit Wärme aus Biomasse (Pelletkessel), Umweltwärme (Wärmepumpe) und Solarwärme (Solarthermie-Anlage)Wer dann noch mit einer Photovoltaikanlage Solarstrom selbst erzeugt und diesen in einer Batterie speichert, macht vieles richtig und sich zum Teil auch unabhängig von schwankenden Energiepreisen oder gar Versorgungsproblemen (Stichwort: Autarkie). 

Die Entscheidung, welche Heizung die richtige ist, fällen wir heute mehr denn je individuell. Eine Heizung von der Stange passt selten. Vielmehr ist jede Anlage eine Maßanfertigung – individuell zugschnitten auf die Kundschaft. Hier kommt mir aktuell meine Expertise als Energieberater sehr zugute.

Lohnt es sich, noch im Jahr 2023 einen Heizungstausch zu veranlassen?

Unbedingt. Wer jetzt noch den Auftrag zum Heizungstausch erteilt, profitiert von den aktuell noch guten Förderungen. Die sollen sich gemäß GEG 2024 ändern. Wir führen derzeit viele Gespräche mit Kund:innen, in denen wir ihnen bis auf den Cent vorrechnen, was sie jetzt noch sparen können beziehungsweise mit der geplanten Förderung wieder mehr drauflegen müssen. So manche:r bereut angesichts der Rechnung schon, nicht früher gehandelt zu haben.

Was wünschen Sie sich aktuell für Ihre Arbeit?

Damit wir unserer Kundschaft wie seit über 60 Jahren gewohnt auch in Zukunft Verlässlichkeit bieten können, brauchen wir Verlässlichkeit seitens der Politik: Gesetze und Regelungen,

  • die klar formuliert sind, so dass sie jeder versteht.
  • die die erneuerbaren Wärmeerzeuger stärken und den fossilen nicht länger Vorschub leisten.
  • die deutlich länger als zwei, drei Monate gelten.

Haben Sie ein, zwei Lieblingsprojekte, die Sie uns als Projekte des Monats vorstellen würden?

Ja. Zum einen zählt dazu ein Reihenhaus, das typischerweise eine Dachheizzentrale hatte. Wir haben die alte Gasheizung ausgebaut und im Keller einen Pelletsbrennwertkessel installiert. Jetzt wünschen sich unsere Kund:innen noch eine Solarthermieanlage aufs Dach. Zum anderen zählt die alte runtergewohnte Zigarrenfabrik dazu, die meine Frau und ich mit viel Eigenleistung in ein modernes Mehrfamilienhaus verwandelt haben – mit Pelletkessel-Kaskade und 33 Quadratmeter großer Solarthermieanlage.

Das klingt spannend! Vielen Dank, Wolfgang Wurster, für die Einblicke in Ihre Arbeit und Ihre derzeitigen Herausforderungen!

Fotos: Janssen Sanitär + Heizung