Johannes Weller

Ein junger Wilder: "Sind unsere "Heizungs-Werte" noch in Ordnung?"

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Wir haben ja schon vor längerer Zeit versprochen die “jungen Wilden” vor den Vorhang zu holen, weil wir der Meinung sind, dass gerade die Übernehmergeneration der Heizungsbauer einiges in unserer Welt bewirken kann. Johannes ist genau so einer und viele Aussagen decken sich mit der kürzlich vorgestellen Naturinstallateurin aus Österreich. Johannes ist Wirtschaftsingenieur und SystemPartner von Paradigma. So kommt hier ein junger Heizungsbau-Unternehmer zu Wort, für den die Energiewende eine schlichte Notwendigkeit ist – und der im Heizungsbau seine Chance sieht, hohe ökologische und ethische Werte zu verwirklichen. Damit bekommt der Ausdruck “Heizungs-Werte” eine ganz neue Bedeutung…

Wie sind Sie zu dem Thema “Heizen mit Solar” gekommen und welche Dienstleistungen und Produkte bieten Sie an?

Auf der einen Seite liegt es jetzt in dritter Generation in der Familie, im Heizungsbau tätig zu sein. Andererseits ist es mein Wunsch, tatkräftig eine gute Zukunft unserer Erde mitzugestalten und mich mit voller Kraft dafür einzusetzen Wege aufzuzeigen wie wir alle daran teilhaben können. Unmittelbar nach meinem Studium habe ich für einige Monate für das Netzwerk Entwicklungspolitik des Saarlandes (NES) gearbeitet und Vorträge über Energieversorgung, Wasser, Ernährung und Menschenrechte an Schulen gehalten. In dieser Tätigkeit wurde mir immer stärker bewusst, dass das wichtigste globale Thema der Entwicklungspolitik das gleiche ist wie im Heizungsbau: Die Energieversorgung in der Zukunft. Somit wusste ich, dass ich meine ideologischen Antriebe im Heizungsbau voll einbringen kann. Mein Angebot richtet sich strikt danach. Ich biete all das an, was einen Teil dazu beiträgt, eine energetische Versorgungssicherheit der Zukunft herzustellen. Als Speerspitze das Paradigma Portfolio: Solarthermie, Pelletstechnik, Speicherinnovationen und Gasbrennwertanlagen. Alles als ganzheitliche Systeme.

Sie haben sich viel vorgenommen: Erster Standort Ihres Betriebes ist in Baden-Württemberg, brandaktuell am 5. April haben Sie einen weiteren Standort in eröffnet, und es sind noch weitere geplant. Darf ich schon fragen, wo diese Standorte sein werden? Wird es überall die gleichen Dienstleistungen geben, oder haben die einzelnen Niederlassungen bestimmte Schwerpunkte?

Das dürfen Sie gerne fragen. Die bisherige Planung sieht Saarlouis im Saarland als nächsten Standort vor. Wann es soweit sein wird, kann ich allerdings noch nicht genau sagen – vielleicht schon in diesem Jahr. Schwerpunkt ist natürlich regenerative Energie. Eine stärkere Verengung des Angebotes halte ich für wenig sinnstiftend. Die meisten Menschen möchten ganzheitliche Lösungen und kein Heizsystem, welches von mehreren Firmen „zusammengebastelt“ wird. Deswegen möchte ich für meine Kunden weiterhin Komplettanbieter bleiben und dadurch eine wichtige Vertrauensbasis schaffen. Der Fokus des gesamten Vorhabens liegt dabei natürlich auf größtmöglicher Einsparung von Energie.

Heizungsunternehmer
Heizungsunternehmer Johannes W., der Geburtsstadt Schillers, hat sich ein treffendes Zitat des Dichters als Motto gewählt.

Ihre Produktpalette deckt Solarthermie, Pellet-, Gasbrennwert- und Speichertechnik als Komplettsystem ab. Wie kompatibel ist das System mit anderen Heizungslösungen, zum Beispiel wenn ein Kunde sein bestehendes Heizsystem sanieren möchte?

Alle Lösungen von Paradigma sind integrierbar. Im Besonderen das AQUA System der Vakuumröhrenkollektoren. Da diese mit normalem Wasser betrieben werden, ist der Anschluss an ein beliebiges System in kürzester Zeit realisierbar. Unsere Nachrüstung mit dem Solarsystem ist in zwei Tagen fertiggestellt.

Heizsysteme werden ja immer komplexer; eine einzige Wärmequelle wie der “gute” alte Ölkessel reicht längst nicht mehr. Stattdessen werden verschiedene Wärmeerzeuger kombiniert, die möglichst im Zusammenspiel ihr Optimum entfalten sollen. Wie bewältigen Heizungshersteller und Handwerk die Herausforderung?

Es handelt sich dabei um eine kleine organisatorische Änderung in der Hierarchie:
Der alte Chef „Heizkessel“ wurde abgesetzt und sein früherer Assistent „Pufferspeicher“ wurde befördert. Das bedeutet im Grunde genommen, dass von beliebigen Mitarbeiter_innen dem neuen Chef „Pufferspeicher“ zugearbeitet wird und er selbst nur die Information weitergibt, ob genügend heißes Wasser bereitgestellt ist. In dieser neuen Hierarchie steht die Mitarbeiterin „Solaranlage“ an erster Stelle. Nur solange diese nicht arbeitet, wird der Heizkessel aktiv um nachzuarbeiten. Dadurch wird die kostenlose Energie der Solaranlage möglichst stark ausgereizt. Aus handwerklicher Sicht hat sich an der Komplexität eines Heizungssystems wenig geändert. Die Regelung des Systems kann individuell angepasst werden und alles Weitere geschieht automatisch.

Wir haben auf unserem Blog schon des öfteren über das Sonnenhaus berichtet, das besonders im Süden Deutschlands immer mehr Verbreitung findet. Sind Sonnenhäuser mit hohem solarem Deckungsgrad das Konzept für die Zukunft?

Kostenlose Energie für die Wärmeversorgung von Gebäuden zu nutzen ist unanfechtbar ein zukunftsfähiges Konzept. Komplette Unabhängigkeit von Versorgern ist der Traum fast jeden Eigenheimbesitzers. Gerade im Bereich Neubau bin ich davon überzeugt, dass mit den Sonnenhäusern schon in eine richtige Richtung gedacht wird. Ich hoffe aber natürlich auch, dass die Speichertechnik in den kommenden Jahren noch ausgefeilter wird, dass weniger Raum geschaffen werden muss, sodass auch in Altbauten viel mehr getan werden kann und der einfache Weg zu einer 100%igen solaren Versorgung geschaffen wird.

Zu guter Letzt: Der Absatz von Solarkollektoren ist im Vorjahr um über 10 Prozent gegenüber 2012 gesunken. Was muss passieren, damit die Wärmeenergiewende wieder vorangeht?

Das ist eine Frage, bei der ich mich sehr zurückhalten muss, da ich nicht polemisch klingen möchte. In meinen Augen ist es eine rein ethische Frage. Sie könnten mich auch fragen, wie viel mehr Menschen in Textilfabriken umkommen müssen, bis ein Umdenken einsetzt. Oder wie viel mehr Menschen verdursten müssen, bis wir aufhören afrikanische Billigblumen zu kaufen. Oder wie viel mehr Menschen enteignet werden müssen, bis wir begreifen, dass Anbaufläche für Lebensmittel nicht für „Bioethanol“, welches in unserem Benzin und unserem Heizöl landet, verschwendet werden muss. Hier bin ich der vollen Überzeugung am Nerv der Zeit zu sein, und dass die Energiewende kein politisches oder wirtschaftliches Thema ist, sondern ein moralisches Thema meiner Generation.
Ich möchte mit einem täglich gehörten Zitat schließen:

„Die Werte von der Heizung sind noch in Ordnung“

– ein Schornsteinfegermeister.

Welche Werte haben wir?
Ich danke Ihnen.

Fotos: Johannes W.