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Umsetzung der Energiewende hinkt Plänen hinterher

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Das ist das Ergebnis eines Berichts zum Stand der Energiewende in Deutschland, den der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) in Kooperation mit den Analysten des Unternehmens EY erstellte. Der neue „Fortschrittsmonitor Energiewende“ untersuche laut seinen Verfassern anhand von Kennzahlen wie Deutschland bei der Energiewende vorankomme und wo die größten Hemmnisse für dieses Jahrhundertprojekt lägen. Der Monitor soll künftig jährlich aktualisiert werden, um neben den Fortschritten frühzeitig auch Defizite und Nachholbedarfe aufzuzeigen, die für das Erreichen der Energie- und Klimaschutzziele 2030 zwingend angegangen werden müssten.

Der aktuelle Fortschrittsmonitor Energiewende, den ihr hier kostenlos aus dem Internet downloaden könnt (104-seitiges PDF-Dokument) mache deutlich, dass insbesondere der Ausbau der Erneuerbaren Energien aktuell noch viel zu langsam sei, um die von der Bundesregierung für das Jahr 2030 formulierten Ziele zu erreichen. In fast allen Sektoren hinke der Ausbaustatus deutlich hinter den Zielen hinterher. So weise beispielsweise der Bereich Solarstromerzeugung (Photovoltaik) für das Jahr 2021 zwar die höchste Zubaurate aller Technologien auf – dennoch sei auch hier die Erreichung der Zielvorgaben für 2030 fraglich, ist in der zugehörigen Pressemitteilung des BDEW zu lesen.

Großes Nachholpotenzial gebe es demnach zudem in den Bereichen

  • Netzaus- und -umbau,
  • Digitalisierung
  • und Elektrifizierung des Verkehrssektors.
  • Zur spürbaren Dekarbonisierung des Wärmesektors müsste außerdem der Anteil der Erneuerbaren an der Wärmeversorgung verdreifacht werden – und zugleich der Verbrauch deutlich sinken.

Fortschrittsmonitor Energiewende

Die Gründe für den schleppenden Fortschritt seien vielfältig – der Fortschrittsmonitor Energiewende nennt unter anderem diese:

  • der alarmierende Fachkräftemangel in allen relevanten Sektoren,
  • die mangelnde Verfügbarkeit von Flächen,
  • langwierige und aufwändige Genehmigungs- und Bauverfahren
  • sowie Engpässe bei verschiedenen wichtigen Rohstoffen wie Lithium, Seltenen Erden, Kupfer und Silizium.

Investitionen bleiben hinter Potenzial zurück

Damit die von der Bundesregierung für das Jahr 2030 gesteckten Klimaziele erreicht werden könnten, seien laut dem Fortschrittsmonitor Energiewende Investitionen von geschätzt insgesamt 600 Milliarden Euro im Zeitraum bis 2030 erforderlich – und damit 54 bis 57 Milliarden Euro jährlich.

Der mit 498 Milliarden Euro größte Anteil an diesen Investitionen verteile sich auf

  • den Ausbau der Stromerzeugungskapazitäten mit Erneuerbaren Energien (351 Milliarden Euro),
  • den Ausbau der Strom-Übertragungsnetze (126 Milliarden Euro),
  • den Aufbau der Erzeugungskapazitäten für klimaneutrale Gase (12 Milliarden Euro)
  • sowie die Förderung der E-Mobilität mit dem Ausbau der öffentlichen Elektro-Ladeinfrastruktur (9 Milliarden Euro).

Diese Ausgaben würden für eine erhebliche Wertschöpfung bei den Herstellern

  • der Investitionsgüter (Windturbinen, Solarmodule)
  • oder Prozessanlagen für Elektrolyse

sorgen, heißt es in der Pressemeldung weiter. Für Deutschland schätzen BDEW und EY die auf diese Weise ausgelösten Wertschöpfungseffekte auf durchschnittlich knapp 33 Milliarden Euro jährlich – das entspräche einem Prozent der gesamten hiesigen Bruttowertschöpfung.

Da die nötigen Fortschritte in fast allen relevanten Bereichen ausblieben, könnten auch die Investitionen, die mit der Energiewende verbunden seien, bislang nicht die erhoffte volkswirtschaftliche Wirkung entfalten. So seien im Jahr 2021 nur rund 14,5 Milliarden Euro investiert und damit nur rund ein Viertel der möglichen Wertschöpfung realisiert (8,6 Milliarden Euro) worden.

Die Energiewende sei ein Mammutprojekt – und vermutlich das größte Investitionsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik. Bislang aber käme Deutschland längst nicht so schnell voran, wie es möglich und nötig wäre. Das gefährde zum einen das Erreichen der für 2030 anvisierten Ziele, zum anderen würden damit aber auch große Teile der volkswirtschaftlichen Impulse wegfallen, die mit den nötigen Investitionen verbunden wären. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wären solche Impulse hoch willkommen, da sie zu nachhaltiger Wertschöpfung und nachhaltigem Wachstum führen könnten. Das sagte Metin Fidan, Partner bei EY und Leiter des Bereiches Green Transformation und Mining & Metals in der Region Europe West, gegenüber der Presse. Um die für 2030 anvisierten Ziele zu erreichen, müsste die installierte Leistung bei Photovoltaik mehr als verdoppelt, bei Onshore-Wind sogar mehr als verdreifacht werden. Dass dies mit der aktuellen Ausbaugeschwindigkeit gelinge, sei Fidan zufolge höchst unwahrscheinlich.

Die Ergebnisse vom Fortschrittsmonitor Energiewende zeigten, dass mit dem bisherigen Tempo die Klimaziele nicht erreicht würden, sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Demnach sei zwar verständlich, dass angesichts der aktuellen Krise der Fokus der Politik zuletzt an anderer Stelle gelegen habe. Doch mit einer erfolgreichen Energiewende würde Deutschland nicht nur das Klima schützen, sondern auch dazu beitragen, unabhängig vom Import fossiler Energieträger zu werden. Die Bundesregierung müsse daher nun alle bestehenden Hemmnisse für die Energie-, Wärme- und Verkehrswende beseitigen, fordert Andreae. Konkret forderte sie:

  • Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen,
  • mehr Flächen für erneuerbare Erzeugungsanlagen, Netze und Ladeinfrastruktur bereitzustellen,
  • einen Markt für Wasserstoff zu schaffen
  • und die Weichen für ein Marktdesign zu stellen, in dem sich auch Investitionen in steuerbare Stromerzeugungskapazitäten lohnten.

Die Bundesregierung habe demnach zwar wichtige Verbesserungen auf den Weg gebracht, um Planung und Genehmigung zu beschleunigen. Es müsse Andreae zufolge jedoch noch viel mehr passieren. Das gelte insbesondere für die schnellere Bereitstellung der benötigten Flächen für Erneuerbare Energien.

Über den Fortschritssmonitor Energiewende

Der Fortschrittsmonitor Energiewende unterteile sich laut BDEW und EY in die Themenfelder

  • volks- und energiewirtschaftliche Kennzahlen,
  • Ausbau Erneuerbarer Energien,
  • klimaneutrale Gase,
  • Netzintegration,
  • Wärmewende
  • und Elektromobilität.

Er betrachte für jedes dieser Themenfelder anhand von Kennzahlen den Status quo der Energiewende in Deutschland, führe die unterschiedlichen Dimensionen der Transformation und ihre Entwicklung in einem Kompendium zusammen und zeige Verbesserungspotenziale. Er soll einen Beitrag dazu leisten, die hiesigen Potenziale der Energiewende auszuschöpfen.

Foto: BDEW/EY