Wärmewende in Europa

So steht’s um die Wärmewende in Europa

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Die Wärmewende in Europa bewegt in diesen Tagen viele Gemüter. Der Umstieg von fossiler Wärmeerzeugung auf erneuerbare muss kommen, darin ist man sich weitgehend einig. Doch auf die Frage, welche Heizung künftig für umweltfreundliche Wärme sorgen soll, gibt es mehrere Antworten. Die Entscheidung für ein System fällt vielen schwer. Zudem sind mit dem Systemwechsel Investitionen verbunden, die das Budget so manchen Heizungbetreibers übersteigen. Doch Deutschland ist nicht allein bei der Wärmewende. Ganz Europa, insbesondere der Norden und die Mitte des Kontinents, hat als Heizregion damit zu tun. Schauen wir uns doch einmal um, wie weit unsere europäischen Nachbarn mit ihrer Wärmewende sind und welchen heiztechnologischen Kurs sie dabei einschlagen!

Der Focus berichtet zum Stand der Wärmewende in Europa, dass die Heizunterschiede von Land zu Land stark variieren würden. Demnach deckten die Niederlande knapp 90 Prozent ihres Wärmebedarfs (nich) mit fossilem Erdgas. Und auch in Italien, Malta, der Slowakei und Ungarn liege der Anteil von Erdgas als Wärmequelle demnach noch immer bei jeweils über 60 Prozent.

Hierzulande werde rund die Hälfte (50 Prozent) der Wärme aus Erdgas erzeugt, schreibt der Focus weiter. Damit liege Deutschland dicht am euopäischen Durchschnitt, den die Wochenzeitung mit 49,3 Prozent beziffert, wobei sie sich auf eine Studie beruft, an der das Fraunhofer Institut und die Technische Universität Wien mitgewirkt hätten.

Vor allem die skandinavischen Länder seien mit ihrer Wärmewende in Europa schon recht weit, wobei ihnen das auch nicht über Nacht gelungen sei, ist im Focus-Bericht weiter zu lesen. Die Nordeuropäer hätten vielmehr vorausschauende Politik betrieben. Dann gewährt der Focus tiefere Einblicke in einzelne Länder:

Wärmewende in Europa: Schweden – klimafreundliche Fernwärme plus Wärmpumpen

Schweden habe demnach seine Wärmewende im Gebäudebereich nahezu komplett vollzogen, vor allem für Mehrfamilienhäuser (MFH) und Nichtwohngebäude sei dort die Erzeugung von Fernwärme über 25 Jahre hinweg fast vollständig dekarbonisiert worden. Aktuell deckten die Schweden demnach zwei Drittel ihres Fernwärmebedarfs mit Biomasse, darunter Altholz, Baumbeschnitt, Gartenabfälle. Hinzu käme Wärme, die bei der Müllverbrennung anfalle, sonstige Abwärme sowie Wärme aus der Umwelt (Umweltwärme). Letztere werde vorrangig mit Wärmepumpen gewonnen.

Die Wärmeversorgung finde auch in Einfamilienhäusern (EFH) und Zweifamilienhäusern (ZFH) vorwiegend dezentral statt, heißt es in dem Bericht vom Focus weiter.

Den Fortschritt der Wärmewende in Schweden belegt die Zeitschrift damit, dass dort  bis zur Jahrtausendwende noch rund 40 Prozent der Heizungen fossil gewesen seien. Heute heize Schweden vor allem mit Wärmepumpen und stetig grüner werdenden Fernwärme.

Die Frage, wie Schweden der Systemwechsel geungen sei, beantwortet der Focus so: Man habe die Wärmewende dort hauptsächlich mit hohen Abgaben gesteuert. So gebe es eine CO2-Steuer auf fossile Brennstoffe. Günstige Strompreise hätten zudem dafür gesorgt, dass Wärmepumpen bezahlbar blieben. Und die Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplung (Biomasse-KWK) habe ein Zertifikatehandel begünstigt, heißt es in dem Bericht weiter.

Interessant sei, dass Schweden Biomasse – trotz seiner eigenen großen Ressourcen daran – in relevanter Menge importiere. Das könnte für die Fernwärmeversorgung problematisch werden. Und auch das sollte man zum schwedischen Wärmemarkt wissen: Laut dem Focus hätten die Schweden die Erzeugung von Wärme aus Umweltwärme und Biomasse recht zeitig schon strategisch gefördert – mit Forschung, Entwicklung, Ausbildung – und anfangs vor allem mit Subventionen. Förderlich sei zudem gewesen, dass in Schweden eine Warmmiete üblich sei, bei der die Vermieter die Heizkosten bezahlen müssten.

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Wärmewende in Europa: Dänemark – klimafreundliche Fernwärme plus Wärmepumpen

Auch die Dänen seien mit ihrer Wärmewende schon sehr weit. Dem Focus zufolge habe Dänemark auf innovative Technologien und erneuerbare Energien gesetzt. Basis der Wärmeversorgung seien demnach Fernwärmenetze. Diese seien in den 1970er-Jahren angesichts der Ölkrise massiv ausgebaut worden. Aktuell würden fast zwei Drittel (65 Prozent) der dänischen Haushalte daran hängen. Die Fernwärme stamme laut Focus bereits zu drei Vierteln aus erneuerbaren Wärmequellen (Biomasse, Geothermie, Abwärme) und nur noch zu einem knappen Viertel aus fossilen Brennstoffen.

Das Fernwärmesystem der dänischen Hauptstadt führt der Focus als Vorzeigebeispiel an: In Kopenhagen gewinne man Wärme aus Abwasser und verteile sie über ein riesiges Leitungsnetz. So habe die Stadt ihre CO2-Emissionen stark gesenkt und sei auf dem besten Weg zu CO2-Neutralität bis zum Jahr 2025. Neben der erneuerbaren Fernwärme spielten auch Wärmepumpen eine zunehmend wichtigere Rolle in Dänemark, schreibt der Focus weiter. Aufbauend auf seine kluge, langfristig angelegte politische Strategie habe Dänemark bereits im Jahr 2013 Öl- und Gasheizungen im Neubau verboten (wir berichteten). Seit 2016 sei es bei unseren Nachbarn außerdem verboten, alte fossile Heizkessel gegen neue fossile auszutauschen. Und Dänemark besteuere darüber hinaus fossile Energieträger deutlich höher als zum Beispiel Deutschland.

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Wärmewende in Europa: Niederlande – Biomasse und hybride Wärmepumpen

Die Niederlande stünden bei ihrer Wärmewende noch in den Startlöchern, fasst der Focus zusammen: Die Wärmeversorgung des Landes basiere demnach noch immer auf einem hohen Anteil an Erdgas (mehr als 80 Prozent im Jahr 2019 – Quelle: Eurostat). Mit rund zehn Prozent liege der Anteil erneuerbarer Energien weit unter dem EU-Durchschnitt. 2019 habe die niederländische Regierung eine ambitionierte Strategie zum Ausstieg aus dem Heizen mit Erdgas vorgelegt, berichtet der Focus. Dies sei auch vor dem Hintergrund des Ausstiegs aus der nationalen Erdgasförderung wegen der Erdbeben in der Region Groningen geschehen. Dabei habe sich die Regierung in Den Haag auf den Quartiersansatz fokussiert, demzufolge Quartiere schrittweise dekarbonisiert werden sollten. Die Strategie setze dabei auf Biomasse zum Beheizen von Gebäuden.

Mitte 2022 habe die Regierung der Niederlande den Beschluss gefasst, konventionelle Heizungen in Wohngebäuden ab dem Jahr 2026 zu verbieten. Der Focus merkt dazu an, dass das “immerhin dreieinhalb Jahre Vorlaufzeit statt weniger Monate wie in Deutschland” gewesen seien. Ab 2026 dürften Heizungsbauer in niederländischen Neu- und Bestandsbauten demnach nur noch hybride oder vollelektrische Wärmepumpen installieren. Die Alternative: ein Anschluss ans Fernwärmesystem. Auf diese Weise wollen die Niederlande ihren Erdgasverbrauch um bis zu 60 Prozent senken. Laut Focus sollen Immobilienbesitzer von einem staatlichen Hilfsprogramm profitieren: Bis zu 30 Prozent des Kaufpreises für hybride Wärmepumpen wolle der Staat demnach subventionieren.

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Wärmewende in Europa: Frankreich – Strom (Atomstrom) plus Biomasse

Frankreichs Wärmeversorgung von Wohngebäuden basiere vor allem auf Strom, berichtet der Focus: Über ein Drittel des dortigen Energiebedarfs werde mit Strom, gefolgt von Erdgas, gedeckt. Erneuerbare Energien kämen insbesondere in Wohngebäuden als Biomasse zum Einsatz. Bislang spielten Wärmenetze dem Focus zufolge nur eine marginale Rolle in Frankreich. Sie hätten sei dem Jahr 2009 allerdings vergleichsweise hohe Wachstumsraten erzielt und zugleich ihren Anteil an Erneuerbaren und Abwärme an der erzeugten Wärme spürbar erhöht. Gut zu wissen:  Die Stromerzeugung Frankreichs basiere zu zwei Dritteln auf Atomenergie. Im Neubau habe Frankreich dem Focus zufolge schrittweise den Ausstieg aus fossil befeuerten Heizungen eingeläutet. In Einfamilienhäusern sei der Einbau von Gasheizungen als alleiniges Wärmesystem demnach seit dem Jahr 2022 verboten. Auch habe man in Frankreich schon vier Millionen Wärmepumpen installiert.

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Wärmewende in Europa: Österreich – Erneuerbare

Österreichs Ministerrat habe laut Focus Ende 2022 ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) beschlossen. demnach dürften seit Jahresbeginn keine Gasheizungen mehr in Neubauten eingebaut werden. Öl- und Kohleheizungen seien demnach in Neubauten schon seit 2020 verboten. Seit Jahresbeginn dürften die Österreicher zudem kaputte fossile Heizungen nur noch mit erneuerbaren Heizungen ersetzen. Bis zum Jahr 2040 sollen alle Gasheizungen in Österreich mit erneuerbaren Heizsystemen ersetzt oder mit grünem Gas betrieben werden.

Es sei dem Focus zufolge außerdem geplant, den Umstieg auf erneuerbarer Heizen mit einem groß angelegten Förderprogramm zu unterstützen. Aber: Der Regierungsbeschluss sei noch immer nicht durchs österreichische Parlament.

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Foto: Kristina Rütten / Photocase